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Kohl, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Lokale Gesellschaften: Formen der Gemeinschaft in Bayern vom 8. bis zum 10. Jahrhundert — Mittelalter-Forschungen, Band 29: Ostfildern, 2010

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https://doi.org/10.11588/diglit.34742#0074

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2. Besitzübertragungen im
frühmittelalterlichen Bayern
2.1 Schenken, Tauschen, Kaufen und Verleihen

Da die Verfügung über Grundbesitz und seine Nutzung die entscheidenden
Determinanten der wirtschaftlichen und sozialen Position eines Menschen waren,
stellten Besitzübertragungen in der frühmittelalterlichen Gesellschaft sehr
bedeutende Momente dar. Es ist daher sicherlich kein Zufall, dass ausgerechnet
Traditionsbücher und Urkundensammlungen, die die Übertragung von Eigentum
dokumentieren, aufbewahrt wurden und heute die wesentliche Basis dieser und
anderer Untersuchungen sein können. Die Transaktion an sich, ihre Hintergründe,
ihr Ort und die Art der Übertragung erlauben einen besonderen Einblick in
gesellschaftliche Mechanismen und sind ein guter Ansatzpunkt für Unter-
suchungen der lokalen Gesellschaft.
Grundbesitz und mobile Güter wie Sklaven und Tiere wurden zu ver-
schiedenen Bedingungen verschenkt, verkauft, getauscht und als Prekarie oder
verliehen. All dies war üblich und häutig; die häutigsten Formen der
Besitzübertragung dürften aber einerseits die Vererbung und andererseits die
üblichen Übertragungen bei der Eheschließung, dos, in Bayern auch zMsüü%,
Morgen gäbe und Mitgift gewesen sein'. Diese sind jedoch in den Quellen lediglich
vereinzelt und am Rande belegt und deshalb nur schlecht zu untersuchen.
Die einzelnen Formen der Transaktion von Grundbesitz wurden
grundsätzlich rechtlich unterschieden - die Lex Baiuvariorum behandelt die
Schenkung an Kirchen in Titel 1, den Verkauf in Titel 16, den Tausch, der erst um
850 bedeutsam wurde, nur ganz am Rande^. Diese systematische Gliederung wird
in diesem Kapitel aufgenommen, obwohl sich in Einzelfällen nur schwer
unterscheiden lässt, welche Form der Transaktion vorliegt. Dies hegt einerseits
daran, dass es Mischformen gab, also ein Teil geschenkt und ein anderer Teil
verkauft wurde, und andererseits bei Tauschgeschäften die Differenz des
Tauschwerts manchmal in Geld oder in Mobilien ausgeglichen wurdet Da häufig
mit Unfreien bezahlt wurde, die auch ein wichtiges Tausch gut dar stellten",
ergeben sich hier weitere Abgrenzungsprobleme. Ein weiteres gewichtiges
Problem ist ergibt sich daraus, dass auch bei Schenkungen neben den immer

1 Zur BÜHRER-THIERRY, Femmes donatrices 330-37.
2 Tit. 16,8. Er wird den Bischöfen von Passau und Salzburg von Ludwig dem Deutschen
grundsätzlich erlaubt (D Ludwig der Deutsche 60 [851.11.15] und 62 [852.01.16]).
3 S.u. 2.8.
4 Ebd. und 2.7.
 
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