Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kohl, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Lokale Gesellschaften: Formen der Gemeinschaft in Bayern vom 8. bis zum 10. Jahrhundert — Mittelalter-Forschungen, Band 29: Ostfildern, 2010

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34742#0259

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
258

5. Kirchen und Klerus

an den Ohren gezogen^" und als UsUs bezeichnet wurden, sondern erscheinen als
abgesetzte Gruppe. Noch weitreichender war die Entwicklung, dass Kleriker, vom
Subdiakon bis zum Bischof, ähnlich wie Frauen nun nicht mehr ohne Vögte - die
bei den niedrigen Weihegraden zumeist aus der Familie stammten - auftraten,
wenn sie Traditionen ausführten oder vor Gericht ziehen mussten^'.
Die Nähe des Familienbesitzes zur Kirche eines Priesters, die oben mehrfach
festgestellt werden konnte und außerordentlich häufig gewesen sein dürfte, in
Verbindung mit der zentralen Rolle eines Dorfpriesters, boten hervorragende
Bedingungen für eine erhebliche Machtstellung vor Ort. Wenn etwa der Priester
Friduperht allein den von seiner Familie tradierten Besitz in Tegernbach und
Kirchötting mitsamt der dortigen Kirche als Prekarie kontrollierte, so dürfte sein
Einfluss in diesen Orten erheblich gewesen seirPN Auf Dauer blieb die Autorität
aber nicht in der Hand der Familie, da zumindest Tegernbach tatsächlich an
Freising zurückging. Ähnlich dürfte es im Fall des Klerikers Frumolt im TocMS
gewesen sein, der gemeinsam mit seinem Bruder versuchte, die dortige
Gemeinschaftskirche zu übernehmen, was zumindest als Prekarie getätigt. Dabei
agierten die Kleriker zumeist mit ihren Familien und waren damit ein Teil von
Familienstrategien, wie zum Beispiel bei den in Biberbach und ihrem
Kleriker Rihperht deutlich wurdet Anders als in der Lombardei scheint es nicht
üblich gewesen zu sein, dass sich ältere große Landbesitzer zum Priester weihen
ließen und so ihre dominante Stellung im Dorf wahrten oder ausbauterT'A es
scheinen eher bestimmte Söhne aus den Familien dieser Grundbesitzer für eine
solche Karriere ausgewählt worden zu sein.

5.2.3 D;'p EmspfzMHg &s Xfpnis sp/'np

Wie wurde man in dieser Zeit Priester an einer Kirche, oder wie erhielt man zu-
mindest eine Kirche als bcnc/zcHUK? Die Lex Baiuvariorum kannte zwei Wege
Priester oder Diakon zu werden: Entweder man wurde vom Bischof in eine
p%rodn% geweiht oder vom Volk ausgewählt und vom Bischof für geeignet befun-
den^'. Um 800 betonte Arn von Salzburg in seiner Instructio erwartungsgemäß die
bischöfliche Autorität und legte fest, dass der Bischof die Priester einsetzen sollet
In den Freisinger Urkunden scheint die Verleihung einer Kirche als hcnc/Unuti
durch den Bischof der entscheidende Akt der Einsetzung in das Priesteramt an
einer Kirche gewesen zu sein, dem wohl noch ein Treueeid des Klerikers an den

340 Zu diesem Ritual u. 6.1.
341 S.u. 6.3.4,6.5.2.
342 TF 160-62 (792/808.08.01), s.o. 3.2.3.
343 S.o. 5.1.2.
344 S.o. 5.1.4.
345 Fälle, in denen ein Mann spät Kleriker wurde, sind in Bayern nicht sicher nachzuweisen. Zur
Lombardei WOOD, Church 53f,. und WlCKHAM, Mountains 42-47.
346 Tit. 1,9: s; t?M;s presM/fencm ud chacoMMm episcopMS in pgrrodn'H orcihMuh ud p/eFs s;F;
redph ad SHceniofMm gecdesMsho! sechs proFaiMm FaFef. Dazu KURZE, Pfarrerwahlen 45-51.
347 C.4,117.
 
Annotationen