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Kohl, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Lokale Gesellschaften: Formen der Gemeinschaft in Bayern vom 8. bis zum 10. Jahrhundert — Mittelalter-Forschungen, Band 29: Ostfildern, 2010

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https://doi.org/10.11588/diglit.34742#0175

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174

4. Familie

Kernand, der in Italien waUk Fast 20 Jahre später übergab ihre Tochter Heilrat, wie
die Mutter eine C/zn'sü', 834 in einer Tradition, in der übermäßig viele
Verwandtschaftsbezeichnungen erscheinen, ihren Besitz gemeinsam mit dem ihres
Bruders Kernand an der Glonn und erhielt dafür ein Ivnc/zczMiM in Leonhardsbuch
bei Allershausen^. Dieses Lehen sollte - so erbat sie es von ihrem Vater Hitto, der
tatsächlich ihr Onkel mütterlicherseits war^ - nach ihrem Tod an ihren geliebten
Sohn Kernand gehen, denn sie hatte, wie die Urkunde ausführt, ihren Bruder
adoptiert. Aus welchem Grund sie ihren nun mindestens vierzigjährigen Bruder
als Sohn annahm, ist völlig unklar, zumal sie selbst Söhne und Töchter hattet
Auffällig ist auch, dass Kernand erneut nicht anwesend war und seine Schwester
wie zuvor seine Mutter über sein Eigentum verfügte, ohne dass seine Zustimmung
erwähnt wird. Überhaupt scheinen Cotesdiu und Heilrat eine überaus wichtige
Rolle im Rahmen ihrer Familie gespielt zu haben. Beide erscheinen häufiger als
alle anderen Frauen in den Freisinger Traditionen als Akteurinnen. Auch die
Weihe von Hittos Neffen Erchanperht zum Nachfolger seines Onkels wurde in
einen Zusammenhang mit Cotesdiu und den anderen Hittos gestellt^. Da
diese Familie schon anderweitig ausführlich untersucht wurdet und zudem
unseren Raum nur vereinzelt berührt, soll sie hier nicht weiter verfolgt werden. Es
war an ihrem Beispiel aber zu zeigen, wie wichtig Frauen in den Familien-
strategien sein konnten.
Auch in der Schicht der mittleren Landbesitzer konnten unerwartete Todes-
fälle und ausbleibender Nachwuchs dazu führen, dass der gesamte Familienbesitz
an eine Kirche vergeben wurde, wie zum Beispiel im oben behandelten Fall des
Priesters Hrodolf in Grandl(Zinkl)miltach, der sich aus dem Familiengut unter
anderem vier Manzipien vorbehielFA Da zu dem geschenkten Besitz nur sechs
Manzipien gehörten, kann davon ausgegangen werden, dass auch hier die
Landteilung nicht realisiert worden war, denn insgesamt zehn Unfreie und
wahrscheinlich von ihnen bebauter Landbesitz sind keine übergroße Menge, die
ohne weiteres in fünf tragfähige Portionen zu teilen gewesen wäre.

4.2.4 D;'p /Tnv Güfpr

In den Tauschgeschäften des 10. Jahrhunderts, in denen Bischof Abraham und
seine Vorgänger ihren Besitz im südlichen Amperraum vergaben, wird eine

84 TF 352 (815.11.05). Eine ähnliche Klausel, wonach der Anteil eines Erben unter Vorbehalt ver-
geben wurde, sodass er es, wenn er wieder in die Heimat kommen sollte, zurückfordern
konnte, findet sich auch in TF 634 (839.12.10).
85 TF 607a (834.03.21).
86 So auch TF 674 (845).
87 Ebd., eine der Töchter hieß Perhta und hatte wiederum einen Sohn namens Hitto.
88 Ebd.: Feüd migrahoMC dcfMMch HihoMC cpzscopo cf soron's SMac CofescÜM cogMHÜs izoMori/ice
in ipsam se&m Fns;?!ge?!s;s cccLsic onü'zMfMS esf LrÖMMivrfMS cpiscopMS, dazu BÜHRER-THIERRY,
Eveques, Clercs 250f.
89 NEUMANN, Volksordnung 12-17.
90 TF 356 (816.04.07).
 
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