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Kohl, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Lokale Gesellschaften: Formen der Gemeinschaft in Bayern vom 8. bis zum 10. Jahrhundert — Mittelalter-Forschungen, Band 29: Ostfildern, 2010

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https://doi.org/10.11588/diglit.34742#0086

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2.3 Schenkungen

85

späten 9. Jahrhunderts zeigte wobei manchmal beide Parteien einen /z&zMSSor
oder mehrere/z&zMSSorcs hatten^, manchmal nur die Kirche^.

2.3 Schenkungen
Hier sind wir nun an dem Punkt angekommen, an dem untersucht werden muss,
warum die Menschen in Bayern überhaupt wie auch anderswo über ziemlich
genau einhundert Jahre hinweg von ungefähr 750 bis 850 in so großer Anzahl und
Masse Eigentum an Klöster und Bischofskirchen gaben, um es danach zumeist als
zurückverliehen zu bekommen. Es ist nach Marcel Mauss, aber auch
nach der klassischen Rechtsgeschichte mediävistisches Allgemeingut, dass
Schenkende mit ihrer Gabe immer eine mehr oder weniger bewusste und explizite
Erwartung auf eine Gegenleistung verbanden^. So überrascht es nicht, dass auch
in Bayern eine ganze Reihe von Erwartungen aufgezeigt werden kann, die
Tradenten mit ihren Gaben verbanden. Dass monokausale Erklärungen für
Traditionen ohnehin angesichts der Totalen' Bedeutung der Schenkung zu kurz
greifen, ist unmittelbar einleuchtend, da die Gabe unterschiedliche Ebenen und
Bereiche der Kultur reflektiert. Aufgrund der Bedeutung des Geschenks im
sozialen Gefüge ist es wenig verwunderlich, dass nicht nur die Kirchen, sondern
auch Laien und einzelne Kleriker - und zwar nicht nur von Königen und
Herzogen - Traditionen erhielten und selbst ausführten. Schenkungen sind im
frühen Mittelalter also nicht auf die Kirchen beschränkt, sondern als
gesamtgesellschaftliches Phänomen zu werten. Die nichtkirchlichen Schenkungen
erscheinen allerdings nur sehr selten in den Quellen^, weshalb sie hier nur am
Rande behandelt werden.
Die kurze, überaus häufig formulierte und für die Tradenten entscheidende
Gegenerwartung für die Schenkung an Kirchen war, dass sie dem Seelenheil
dienen sollte, denn dass ein Zusammenhang zwischen Tradition und Leben nach
dem Tod bestand, wurde nicht bezweifelt. Pro romodzMm anzmao war die häufigste

80 TR 117 (ca. 883/7), CO 25 ([925].06.16), TF 1055, 1066, 1068, 1069, 1073, 1074 (alle 926/37),
1092b (937/57).
81 CO 25 ([925].06.16): nzssorcs ex parle, TF 1055 (926/37): HMMger, Rafo/f/äMMSsores ü;
parle isangnm;, irm/hd zu parle eplscopl, 1074 (926/37): Isl; SMMl/ldelMssores predzelae IradllloMls;
de parle epzscop; Kolescalcd, de parle JaeoM Raloll, ähnlich 1092b (937/57).
82 FldelMSSor des Bischofs: TF 1073 (926/37). In den anderen Fällen ist unklar, wem der oder die
Bürgen zuzuordnen sind.
83 Marcel MAUSS, Die Gabe. Form und Funktion des Austauschs in archaischen Gesellschaften,
Frankfurt a.M. 1990 (frz. 1923/24). Kritisch zum Einfluss Mauss' auf die Mediävistik Patrick
GEARY, Gift Exchange and Social Science Modelling. The Limitations of a Construct, in:
Negotiating the Gift. Pre-Modern Figurations of Exchange, hg. v. Gadi Algazi, Valentin
Groebner, Bernhard Jussen (VMPIG 188), Göttingen 2003, 129-40. Im Kontext des frühen
Mittelalters SILBER, Gift-Giving 209-43; ROSENWEIN, Neighbor; GEARY, Phantoms; INNES,
State 40-50. Die Position der klassischen deutschen Rechtsgeschichte etwa bei
SCHRÖDER/KÜNSSBERG, Rechtsgeschichte 311; Heinrich MlTTEIS, Deutsches Privatrecht. Ein
Studienbuch, neu bearbeitet v. Heinz LlEBERICH (Kurzlehrbücher für das juristische
Studium), München/Berlin d 959,130.
84 Etwa in TF 414 (819.05.08), 898c (869), 912 (871/5), CO 10 (927?), 41 (927.04.08), 49 (9247.11.30),
68 (924.117), 73 (930.10.12), 78 (924.11.12), allgemein dazu HANNIG, Ars donandi.
 
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