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Kohl, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Lokale Gesellschaften: Formen der Gemeinschaft in Bayern vom 8. bis zum 10. Jahrhundert — Mittelalter-Forschungen, Band 29: Ostfildern, 2010

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https://doi.org/10.11588/diglit.34742#0178

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4.3 Der Isenraum

177

An dieser Konstellation werden einige wichtige Charakterzüge der Ge-
sellschaft des 10. Jahrhunderts deutlich. Die genannten Erwerbungen waren keine
Strategie der Aribonen insgesamt'"", sondern betrafen nur einen ihrer Zweige, eben
die Nachkommen des älteren Jacob'"". Damit war auch hier die Kleinfamilie
Maßstab des Handelns'"". Die auffällige Schwerpunktbildung zeigt darüber hinaus
auch den Vorgang der Besitzkonzentration auf sehr nahe beieinander gelegene
Orte. Für sie wurde auch Besitz in nur wenigen Kilometern Entfernung, etwa auf
der anderen Amperseite an der Würm oder im nördlichen Amperraum aufge-
geben. Damit wird deutlich, wie wertvoll eine solche Besitzkonzentration in dieser
Zeit war - denn nicht nur die Familie, sondern auch die Freisinger Bischöfe er-
warben in diesen Tauschgeschäften dort Besitz, wo bereits Besitzschwerpunkte be-
standen^. Allerdings bedeutet das nicht, dass die Familie nur hier Besitz hatte. So
tauschte etwa der ältere Jacob Besitz im Innviertel und in Tirol gegen solchen im
Raum Hilgertshausen nordwestlich der Gionn'"" und der jüngere Jacob tauschte
seinen Besitz in Südtirol gegen Land in Tirol ein'"". Der Konzentrationsprozess lief
also im engsten Raum ab. Leider sind solche Prozesse erst in den Tauschurkunden
seit 850 zu erkennen, weshalb schwierig zu entscheiden ist, ob es sich um eine
neue Entwicklung handelte. Dieses Problem wird nach der Untersuchung weiterer
Beispiele am Ende dieses Kapitels noch einmal auf gegriffen.

4.3 Der Isenraum

Auch an der Isen war es üblich, dass Schenkungen unter dem Vorbehalt der
Wiederverleihung an ein Familienmitglied, meistens die Ehefrau oder den Sohn,
aber auch an Töchter, Neffen und andere Verwandte gemacht wurden. Schon
unter Bischof Arbeo schenkte ein Hrodher umfangreichen Besitz in Stünda/m und
einem Pullach, bestand aber darauf, dass dieser an seinen einzigen Sohn Heripald
verliehen werden sollte, falls dieser Priester würde'"". Ansonsten sollte Heripald
nur seinen vor geschriebenen Anteil am geschenkten Gut erhalten. Auch hier steht
im Hintergrund einer Großschenkung das mögliche Aussterben einer Familie, die
nur ein einziges Kind hatte, das für eine geistliche Laufbahn vorgesehen war.
Umgekehrt war der Fall Scrots, der 776 kurz vor seinem Tod (ad tdü/tn/m
dcdMchts) mit Zustimmung seines Vaters Toto seinen Anteil des Allod an der Isen,

102 Angehörige eines anderen Zweigs waren seit 970 bayerische Pfalz grafen.
103 Andere Aribonen finden sich im 10. Jahrhundert über ganz Bayern und darüber hinaus
verstreut, s. etwa DlEPOLDER, Aribonen; DOPSCH, Aribonen passim.
104 Diese Verantwortung für den Familienzweig zeigte Engilrat auch über ihre Neuverheiratung
mit einem Pernhart hinaus (TF 1192 [957/72]). Ihr Mann war hier als ihr Vogt tätig, der
Tausch wurde aber von ihr und ihrem Sohn aus erster Ehe, Aribo, durchgeführt.
105 S.o. 3.2.2.
106 CO25([925].06.16).
107 TF 1128 (948/57).
108 TF 24a (765.11.05).
 
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