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4. Familie
in Holzen (Lkr. Freising), an der Pfettrach (heute Mauerner Bach) und in
Tegernbach bei Rudelzhausen ca. 20 km nördlich von Freising (nicht an der Isen)
an die Freisinger Kirche gab"". Am siebten Tag nach Scrots Tod vollzog der Vater
die Schenkung bei einer Messe vor dem versammelten Klerus in Freising mit der
Zustimmung seiner Verwandten - auch hier ist wieder der größere Verwandten-
kreis als anonyme zustimmende Menge präsent - und die Besitzungen gingen
wohl sofort an Freising. Bei dieser Gelegenheit schenkte auch Scrots Bruder
Uuago, ein späterer Kaplan, seine eigene Sterblichkeit bedenkend, seinen Anteil
consonh'onU p%bc zv/ /ndr/Tns an Freising"". Trotz der Anwesenheit der
Brüder (ihre Zustimmung wird im zweiten Fall wohl ehrlicherweise nicht ver-
merkt) kam es im folgenden Jahr zum Streit innerhalb der Familie, der offenbar so
heftig war, dass sich Herzog Tassilo und sein „Senat" genötigt sahen, eine Lösung
zu erzwingen"*. In Anwesenheit dreier Bischöfe schlossen Toto und seine beiden
Söhne Cundhart und Ratolt eine Abmachung, nach der beide Söhne je eine Familie
Unfreier zusätzlich zu den bereits von ihrem Vater erhaltenen Besitzstücken
bekommen sollten. Ratolt sollte dazu noch eine Kolonie im gleichen Holzen
erhalten und dafür auf die Hälfte des Territoriums in Isen verzichten, die Scrot an
Freising geschenkt hatte. Danach sollte kein Streit mehr zwischen den Brüdern,
also Ratolt, Cundhart und Uuago, der Stiefmutter Oasburg, dem Vater Toto und
dem Bischof Heres (Arbeo) bestehen. Dieses Beispiel zeigt deutlich, welche
Probleme nicht verwirklichte Teilungen mit sich bringen konnten. Die zwei der
vier Brüder, die nicht an Freising geschenkt hatten, fühlten sich nach den schnellen
Schenkungen der Brüder zu kurz gekommen und verlangten einen größeren
Anteil am väterlichen Besitz, den sie auch tatsächlich erhielten, wenn auch für
Männer dieser Besitzklasse die tatsächliche Kompensation sicherlich bescheiden
war. Offenbar war die Situation aber so gefährlich, und die beteiligten Personen
waren so hochrangig, dass der Herzog selbst eingreifen musste, um eine Eska-
lation zwischen den Brüdern, ihrer Stiefmutter (war sie vielleicht die Mutter
Scrots?), dem Vater und dem Freisinger Bischof zu verhindern.
Auch im nächsten Fall ging es um einen schwer kranken Sohn, doch war es
diesmal die Mutter, eine Cundpirc, von deren Anteil der umfangreiche Besitz kam,
zu dem neun besetzte Mansen mit insgesamt 52 Unfreien gehörten. Es handelte
sich dabei offenbar um ihre Morgengabe, zumindest aber ein Besitzstück im LocMS
das ihr ihr Mann Graf Helmuin als n/sü'üa übertragen hatte und sie an ihren
Sohn Hadumar weitergegeben hatte. Als dieser krank wurde, schenkte er das
Land an Freising, damit der allmächtige Gott ihn von der Krankheit befreien
möge, unter der er litt, oder aber damit, wenn er durch den Willen Gottes sein
Leben beenden würde, die heilige Maria und der heilige Korbinian mit allen
anderen Heiligen, deren Reliquien in Freising verehrt wurden, für seine Seele
109 TF 72a (776.08.12), ad HoLc wird durch 86 (777.11.16) identifiziert, zu den Zeugen u. 6.2.1.
110 TF 72b (776.08.12): Ipso Mam^MO ehe ogo ÜMago commMMom MMiuors; gtmen's iuzmaMO mortem con-
säieraMS et /morn et numcrom afierom meorom pcrpcmfo. Diese ungewöhnliche Formulierung
gewinnt durch den Kontext der Messe für seinen soeben verstorbenen Bruder an Glaub-
würdigkeit. Zur Familie NEUMANN, Volksordnung 118-22; MITTERAUER, Markgrafen 34-44.
111 TF 86 (777.11.16), dazu auch Gottfried MAYR, Ein Erbstreit im Jahre 777, in: Das Amperland 9
1973, 337-40, und DERS., Bemerkungen 7f.
4. Familie
in Holzen (Lkr. Freising), an der Pfettrach (heute Mauerner Bach) und in
Tegernbach bei Rudelzhausen ca. 20 km nördlich von Freising (nicht an der Isen)
an die Freisinger Kirche gab"". Am siebten Tag nach Scrots Tod vollzog der Vater
die Schenkung bei einer Messe vor dem versammelten Klerus in Freising mit der
Zustimmung seiner Verwandten - auch hier ist wieder der größere Verwandten-
kreis als anonyme zustimmende Menge präsent - und die Besitzungen gingen
wohl sofort an Freising. Bei dieser Gelegenheit schenkte auch Scrots Bruder
Uuago, ein späterer Kaplan, seine eigene Sterblichkeit bedenkend, seinen Anteil
consonh'onU p%bc zv/ /ndr/Tns an Freising"". Trotz der Anwesenheit der
Brüder (ihre Zustimmung wird im zweiten Fall wohl ehrlicherweise nicht ver-
merkt) kam es im folgenden Jahr zum Streit innerhalb der Familie, der offenbar so
heftig war, dass sich Herzog Tassilo und sein „Senat" genötigt sahen, eine Lösung
zu erzwingen"*. In Anwesenheit dreier Bischöfe schlossen Toto und seine beiden
Söhne Cundhart und Ratolt eine Abmachung, nach der beide Söhne je eine Familie
Unfreier zusätzlich zu den bereits von ihrem Vater erhaltenen Besitzstücken
bekommen sollten. Ratolt sollte dazu noch eine Kolonie im gleichen Holzen
erhalten und dafür auf die Hälfte des Territoriums in Isen verzichten, die Scrot an
Freising geschenkt hatte. Danach sollte kein Streit mehr zwischen den Brüdern,
also Ratolt, Cundhart und Uuago, der Stiefmutter Oasburg, dem Vater Toto und
dem Bischof Heres (Arbeo) bestehen. Dieses Beispiel zeigt deutlich, welche
Probleme nicht verwirklichte Teilungen mit sich bringen konnten. Die zwei der
vier Brüder, die nicht an Freising geschenkt hatten, fühlten sich nach den schnellen
Schenkungen der Brüder zu kurz gekommen und verlangten einen größeren
Anteil am väterlichen Besitz, den sie auch tatsächlich erhielten, wenn auch für
Männer dieser Besitzklasse die tatsächliche Kompensation sicherlich bescheiden
war. Offenbar war die Situation aber so gefährlich, und die beteiligten Personen
waren so hochrangig, dass der Herzog selbst eingreifen musste, um eine Eska-
lation zwischen den Brüdern, ihrer Stiefmutter (war sie vielleicht die Mutter
Scrots?), dem Vater und dem Freisinger Bischof zu verhindern.
Auch im nächsten Fall ging es um einen schwer kranken Sohn, doch war es
diesmal die Mutter, eine Cundpirc, von deren Anteil der umfangreiche Besitz kam,
zu dem neun besetzte Mansen mit insgesamt 52 Unfreien gehörten. Es handelte
sich dabei offenbar um ihre Morgengabe, zumindest aber ein Besitzstück im LocMS
das ihr ihr Mann Graf Helmuin als n/sü'üa übertragen hatte und sie an ihren
Sohn Hadumar weitergegeben hatte. Als dieser krank wurde, schenkte er das
Land an Freising, damit der allmächtige Gott ihn von der Krankheit befreien
möge, unter der er litt, oder aber damit, wenn er durch den Willen Gottes sein
Leben beenden würde, die heilige Maria und der heilige Korbinian mit allen
anderen Heiligen, deren Reliquien in Freising verehrt wurden, für seine Seele
109 TF 72a (776.08.12), ad HoLc wird durch 86 (777.11.16) identifiziert, zu den Zeugen u. 6.2.1.
110 TF 72b (776.08.12): Ipso Mam^MO ehe ogo ÜMago commMMom MMiuors; gtmen's iuzmaMO mortem con-
säieraMS et /morn et numcrom afierom meorom pcrpcmfo. Diese ungewöhnliche Formulierung
gewinnt durch den Kontext der Messe für seinen soeben verstorbenen Bruder an Glaub-
würdigkeit. Zur Familie NEUMANN, Volksordnung 118-22; MITTERAUER, Markgrafen 34-44.
111 TF 86 (777.11.16), dazu auch Gottfried MAYR, Ein Erbstreit im Jahre 777, in: Das Amperland 9
1973, 337-40, und DERS., Bemerkungen 7f.