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Kohl, Thomas
Lokale Gesellschaften: Formen der Gemeinschaft in Bayern vom 8. bis zum 10. Jahrhundert — Mittelalter-Forschungen, Band 29: Ostfildern, 2010

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https://doi.org/10.11588/diglit.34742#0207

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206

5. Kirchen und Klerus

Sukzession untersuchen. Häufig waren Priester auch Besitzer, Tradenten und
Erbauer von Kirchen. Zum Teil stammten sie aus wichtigen lokalen Grund-
besitzerfamilien, die mit einer Eigenkirche und einem zugehörigen Priester ihre
lokale Rolle stärken und festigen konnten. Es gab zugleich aber auch Priester
niedrigerer sozialer Herkunft; es finden sich sogar regelmäßig unfreie Kleriker bis
hin zu Priestern, die der Freisinger Kirche gehörten. Auch sie sollen im zweiten
Teil dieses Kapitels betrachtet werden.
Am Anfang dieses Kapitels steht zunächst ein Überblick über die Kirchen der
Untersuchungsgebiete, dann werden im systematischen Teil Bau und Weihe von
Kirchen sowie ihre Ausstattung behandelt. Anschließend werden in eigenen
Abschnitten die verschiedenen Kirchentypen der Agilolfinger- und frühen Karo-
lingerzeit untersucht, bevor es um die Kirchen nach 850 geht.

5.H D;'p
Die größte Untersuchungsregion, das Ampergebiet, weist die mit Abstand höchste
Anzahl an Kirchen auf, obwohl die Salzburger Kirchenliste diese Gegend, anders
als das Isengebiet und den Wallersee nicht betrifft. Insgesamt werden in
37 Urkunden der Untersuchungszeit mindestens 25 Kirchen erwähnt, die relativ
gleichmäßig in den Orten entlang des Flusses und im Hinterland verteilt sind (vgl.
Karte 8). Die erste Erwähnung einer Kirche fällt in die Jahre 765/67, als die Brüder
Egino und Reginolt ihren Besitz an die Michaelskirche in Hohenbercha über-
gaben^. Um die gleiche Zeit erwarb Bischof Arbeo von beiden Männern ihre Güter
in Hohenbercha, zu denen wohl auch die Kirche gehörte, für die hohe Summe von
200 soüdP. Obwohl die sehr knappen Formulierungen der Einträge im Tradi-
tionsbuch eine Interpretation erschweren, haben wir hier wohl ein Beispiel für eine
Kirche im Familienbesitz, die im Zentrum eines Besitzkomplexes stand. Im
Vorfeld des Verkaufs an den Freisinger Bischof wurde diese Kirche offenbar
großzügig mit Familienbesitz, wahrscheinlich am gleichen Ort, möglicherweise
aber auch darüber hinaus ausgestattet, der dann en bloc an Bischof Arbeo verkauft
wurde. Obwohl die Güter mit 200 soüdz sehr hoch bewertet wurden, ist die Kirche
selbst in der Verkaufsurkunde nicht erwähnt. Möglicherweise planten die Brüder
eine Klostergründung um die Kirche herum, die dann später weiter nördlich in
Ilmmünster durch geführt wurde'".
Die ersten bekannten Schenkungen von Kirchen stammen aus zwei Orten am
Unterlauf der Würm. Hier übergaben 772 am Tag der Weihe ein Muniperht, der
später Kleriker wurde, und seine Mutter Adalnia zunächst ihren gesamten Besitz
an die von ihnen erbaute Salvatorkirche (in Würmmühle?) und gaben diese dann

8 TF 22 (765/7.07.10).
9 TF 24b (765/7).
10 JAHN, Ducatus 314-19. Möglicherweise scheiterte die Klostergründung in Hohenbercha am
Widerstand von Bischof Arbeo, der gegen eine Klostergründung in der Nähe zu Freising
gewesen sein könnte (ebd. 317). In diesem Falle wäre es nicht verwunderlich, wenn die
Kirche deshalb in der von einem Freisinger Schreiber erstellten Urkunde über den Verkauf
fehlen würde.
 
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