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Kohl, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Lokale Gesellschaften: Formen der Gemeinschaft in Bayern vom 8. bis zum 10. Jahrhundert — Mittelalter-Forschungen, Band 29: Ostfildern, 2010

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https://doi.org/10.11588/diglit.34742#0348

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7.2 Mühlen

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7.2 Mühlen
Wie Kirchen werden auch Wassermühlen im karolingerzeitlichen Bayern
wesentlich häufiger erwähnt als im übrigen Frankenreich. Es ist damit zu rechnen,
dass Bayern schon im frühen Mittelalter - wie bis ins vergangene Jahrhundert -
eine sehr mühlenreiche Gegend war. Die hügelige bis bergige Topographie und
die zahlreichen Bäche und kleinen Flüsse Bayerns bieten hervorragende Be-
dingungen für Wassermühlen. Trotzdem ist die Dokumentation so vieler Mühlen
auch ein Ergebnis des bischöflichen Interesses an ihnen. Der Bau einer Mühle war
sehr komplex - ohne dass man allzu viel über die genutzte Technik weiß"^ - und
erforderte sowohl Wissen als auch Arbeitskraft für den Bau der fast überall
nötigen mehr oder weniger langen Kanäle^. Für das wohl wichtigste Brotgetreide,
den Dinkel, waren Mühlen ohnehin besonders wichtig, da wegen der festen
Spelzen des Dinkels in der Mühle ein Arbeitsgang vor dem Mahlen stattfinden
musste. Über die Bauart der Mühlen ist in den Quellen nichts zu finden; nur
einmal ist zum Ende der Untersuchungszeit erwähnt, dass eine Mühle ein Mühl-
rad hatte'T Offenbar beherrschte man in Bayern die Techniken für den Mühlen-
bau recht früh, denn Mühlen gab es bereits vor der Untersuchungszeit: Die älteste
nördlich der Alpen archäologisch nachgewiesene mittelalterliche Mühle wurde in
Dasing (Lkr. Aichach-Friedberg) ausgegraben und stammt aus dem 7. Jahr-
hundert^. In der Vita des heiligen Emmeram aus den 770er Jahren erscheint auch
ein Mühlenbauer, der als Sklave nach Thüringen verkauft wurde und dort die
Mühle seines Herrn verbesserte^.
So überrascht es nicht, dass Mühlen (als mo/a, mo/ina/mo/ina, mo/owd/wMm oder
yan'nan'am) auch schon sehr früh in den Quellen erscheinen. Bereits Herzog Theo-
dos Schenkung an den heiligen Rupert in Seekirchen am Wallersee soll mehrere
Mühlen umfasst haben, und schon 754 wurden an Freising Mühlen tradiert, einige
Jahre später auch an Passau und Regensburg^. Diese Mühlen gehörten zu den
großen Besitzkomplexen, die gerade in spätagilolfingischer Zeit typisches
Traditionsgut waren. Aus der Zeit zwischen 800 und 850 - die Zeit der größten
Quellendichte in Freising - gibt es dann nur relativ wenige Zeugnisse für

162 Genaue Beschreibungen oder Darstellungen von frühmittelalterlichen Mühlen sind nicht
überliefert, s. aber die Rekonstruktionsversuche bei CHAMPION, Moulins 17-29.
163 CHAMPION, Moulins 24f., dort und bei Adam LUCAS, Wind, Water, Work: Ancient and
Medieval Milling Technology (Technology and Change in History 8), Leiden/Boston 2006
(mit einem Anhang zu Quellenbelegen aus der Zeit von 20 n. Chr. bis 1600) allgemein zu
Mühlen im frühen Mittelalter. Zu den Mühlen im Salzburger Raum Heinrich KOLLER, Was-
sermühlen im Salzburger Raum. Ein Beitrag zur Nutzung der Wasserenergie im Mittelalter,
in: FS für Berent Schwineköper 105-15.
164 CH 15 (991/1023).
165 DAMMINGER, Dwellings 58. In München-Perlach ist bereits eine römische Wassermühle nach-
gewiesen (Hans-Peter VOLPERT, Die römische Wassermühle einer villa rustica in München-
Perlach, in: Bayerische Vorgeschichtsblätter 62 1997, 243-78).
166 Vita Haimhrammi, c.37, 85.
167 NA 2,4, 2,5, 7,2, 7,7, 7,10 bzw. BN 1,4, 2,4, 4,5, 5,3, 7,6, 9,5,14,21,14,23, TF 7 (754.07.24), TP 15
(788.03.01), TR 5 (778). Andere frühe Mühlentraditionen: TF 8 (755.07.23), 11 (758.05.27), 19
(763.06.29), 24a (765.11.05), 42 (772.03.03), 52 (772.12.20), 62 (773.08.28), 63 (773.08.30), 65
(774.03.30), 103 (780), 108a (772). In der Mondseer Überlieferung gibt es einige undatierte
Mühlen, die in die Zeit zwischen 748 und 829 gehören: TM 58, 93, 94.
 
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