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Kohl, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Lokale Gesellschaften: Formen der Gemeinschaft in Bayern vom 8. bis zum 10. Jahrhundert — Mittelalter-Forschungen, Band 29: Ostfildern, 2010

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https://doi.org/10.11588/diglit.34742#0040

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1.5 Die ethnische und soziale Gliederung

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einige Male von Roman/' fn&Mfa/os bzw. von Roman/ of oornm mans/ fnbnfa/os die
Redens, während umgekehrt nie ein noM/s als Romane gekennzeichnet wurdet
Auch das Beispiel der ^onoa/o^/a & A/b/na, einer reichen und mächtigen her-
zogsnahen romanischen Familie, deren Angehörige einmal als soro/ Salzburgs und
des Herzogs bezeichnet wurden, zeigt dies'A In anderen Fällen wurden Roman/
den noMos gegenüber gestellt^. Eine rein ethnische Bezeichnung im modernen
Sinn war Ro/tMMMS also wohl nicht. Sie hatte - zumindest in der Salzburger
Überlieferung - auch eine soziale und möglicherweise rechtliche Komponente^.
Im inneralpinen Tiroler Raum finden sich auch andere Gruppen, die sprachlich
Romanen waren, jedoch als Noriker und Breonen bezeichnet wurden'A
Weil Slawen während der Untersuchungszeit in großem Ausmaß als Unfreie
verkauft wurden'^, konnte ihr Name sc/azms in vielen westeuropäischen Sprachen
zur Bezeichnung für die härteste Form der Unfreiheit werden. Auch diese
ethnische Kategorie nahm also im Laufe der Zeit eine soziale und juristische
Komponente an.

L5.2 genealogiae - nobiles - liberi

Neben der ethnischen Differenzierung gab es, wie nicht anders zu erwarten, auch
in der bayerischen Frühzeit seit dem 6. Jahrhundert erhebliche soziale
Differenzierungen, wie archäologische Untersuchungen zeigen konnten'^. Dabei
wurde auch deutlich, dass das gesellschaftliche Gefälle, wie es sich insbesondere
bei den Bestattungssitten abzeichnet, vom 6. bis ins 8. Jahrhundert erheblich
zunahm'N Während in Bayern wie anderswo also erhebliche wirtschaftliche und
soziale Unterschiede bestanden, sagen diese noch nichts über die rechtliche
Stellung der Ober- und Unterschichten aus. Diese können erst in den
Schriftquellen sichtbar werden, insbesondere in der Lex Baiuvariorum.

138 NA 1,4-5, 5,3, 7,8, 7,11-12 und die Parallelstellen in BN 2,6 (ohne die Nennung der Ethnie),
4,7,4,9,4,3, dazu BANZHAF, Unterschichten 103.
139 Es wurden allerdings durchaus Menschen mit romanischen Namen, etwa Dignolus und der
Priester Angelus (BN 14,9-10), als noMos bezeichnet. Einzige ausdrückliche Erwähnung eines
Romanen im frühmittelalterlichen Bayern, der MoNh's war, in der Vita Corbiniani, c.37, 226,
dazu WOLFRAM, Grenzen 295.
140 BN 3 und 8, NA 8, als seru; in BN 3,1. Zur gons AiN/M WOLFRAM, Grenzen 297.
141 Z.B. in BN 14,53/54: ist; Römern & F/sd/el/e uoü/enmf 1/eNro m propr/o, se/7 Ar?/ grdüep/scopMS per
z'psos pegtmses u/ros noMos eheste/des dMoiws u;c;hMS compds/u/L
142 Dass ethnische Bezeichnungen und Differenzierungen auch in heutiger Zeit eine soziale
Komponente haben können, zeigt das Beispiel der Tutsi aus dem östlichen Zentralafrika, die
traditionell sozial und politisch über den Hutu stehen.
143 TF 550abc (827.12.21/828.01.17/06.04).
144 S.u. 1.5.4.
145 Anke BURZLER, Archäologische Beiträge zum Nobili fizierungsprozek in der jüngeren Mero-
wingerzeit (Materialhefte zur Bayerischen Vorgeschichte. Reihe A - Fundinventare und
Ausgrabungsbefunde 77), Kallmünz 2000; grundlegend Frauke STEIN, Adelsgräber des
achten Jahrhunderts in Deutschland. Text, Tafeln (Germanische Denkmäler der Völ-
kerwanderungszeit, Serie A, 9), Berlin 1967, s. dazu auch Wilhelm STÖRMER, Adelsgräber im
frühmittelalterlichen Bayern und Ostfranken, in: ZBLG 32 1969, 748-66.
146 BURZLER, Beiträge 172-74.
 
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