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Kohl, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Lokale Gesellschaften: Formen der Gemeinschaft in Bayern vom 8. bis zum 10. Jahrhundert — Mittelalter-Forschungen, Band 29: Ostfildern, 2010

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https://doi.org/10.11588/diglit.34742#0098

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2.5 Die Ursachen für das Ende der Schenkungswelle

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Eigentum - egal welcher Herkunft - und geliehenem Besitz, der nun immer
häufiger wurdet
Die Lex Baiuvariorum enthält zwar keinerlei Hinweise auf verschiedene
Eigentumsarten und betont auch, dass Tradenten an Kirchen keinerlei Ansprüche
stellen dürften'"'. Herzogsschenkungen durften jedoch nur mit Erlaubnis des
Herzogs weiter vergeben werden'"'. Auch anderen Tradenten wurden noch in der
Karolingerzeit gewisse Rechte an ihrem ehemaligen Eigentum zugestanden. So
erhielt etwa der bischöfliche Vogt Einhard 806/10 ein Lehen in Dorfen als
Entschädigung dafür, dass die Schenkung seines Vaters in Schwindkirchen an
einen anderen verliehen worden war'"".
Die Erbenwahl war lediglich beim Sonderfall der Priesterneffen, die tat-
sächlich in großer Zahl von ihren Onkeln Lehen übernehmen und ebenfalls eine
kirchliche Karriere einschlagen konnten, ein wichtiger Zweck einer Schenkung'"".
Für die Seite des Bischofs bedeuteten entsprechende Abmachungen sicherlich
weniger Konflikte mit den Familien der Kleriker. Doch auch bei diesen
Schenkungen spielten das Seelenheil und das Ritual der Übergabe eine wichtige
Rolle, die nicht übersehen werden darf.

2.5 Die Ursachen für das Ende der Schenkungswelle
Weiterhin stellt sich die Frage, warum Schenkungen in Bayern wie anderswo nach
850 so selten wurden und dann zum Teil auch noch mit großzügigen
Gegenleistungen teuer bezahlt werden mussten'^. Auch hier spielen sicherlich
viele Faktoren und Entwicklungen eine Rolle, die auch andere Kirchen wie etwa
Fulda, Lorsch, Weißenburg und St. Gallen betrafen, in denen die Schenkungswelle
in der gleichen Zeit abebbte.
Ein wichtiger Grund dürfte gewesen sein, dass sich die alten Bischofskirchen
und Klöster nach drei bis vier Generationen nun endgültig etabliert hatten und
damit einerseits den Reiz des (relativ) Neuen verloren hatten, andererseits aber
eben nun durch die zahlreichen Schenkungen und die Unterstützung von Seiten
der karolingischen Könige zu den größten Grundbesitzern gehörten'"''. Damit war
auch ihr machtpolitischer Einfluss gewachsen, und so erschienen die großen
Kirchen nun möglicherweise nicht mehr als bedürftige und Unterstützung
verdienende Institutionen, sondern als Konkurrenten um Besitz und Einfluss.
Bezeichnenderweise finden sich neue Schenkungswellen erst in den Reform-
klöstern des 10. Jahrhundert, zunächst in Ciuny'A Währenddessen befand sich das
Mönchtum in Bayern im späten 9. und frühen 10. Jahrhundert im Niedergang, den

163 S.u.2.6.
164 Tit. 1,1.
165 Dazu etwa PRINZ, Herzog 286f.
166 TF240.
167 S. dazu u. 5.2.3 und 2.6.
168 Auch in St. Gallen finden sich im Laufe des 9. und 10. Jahrhundert immer Bedingungen der
Tradenten, s. Hans-Werner GOETZ, Zur Grundherrschaftsentwicklung der Abtei St Gallen, in:
Strukturen 197-246, hier 205.
169 INNES, State 45f.
170 Dazu ROSENWEIN, Neighbor.
 
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