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2. Besi tzübertragungen im frühmittelalterlichen Bayern
viele Klöster nicht überlebten'^. Es wurde in dieser Zeit auch nur ein Kloster,
Ebersberg, neu errichtet, das als Gründung der dortigen Grafenfamilie deren
geistliche Bedürfnisse kanalisierte und ihr Eigentum blieb. Somit blieben als
potentielle Empfänger für andere fromme Stifter vor allem die lokalen Kirchen,
deren Dokumentation nicht erhalten ist, und die Bischofskirchen. Letztere waren
für die meisten potentiellen Tradenten jedoch immer weniger attraktiv, da sich
ihre Aktivitäten seit dem 10. Jahrhundert zunehmend auf die Mitglieder der
eigenen yam/'Ea, die Vasallen und die Mitglieder der bischöflichen Familien
konzentrierten. So beschäftigt sich ungefähr ein Drittel aller Urkunden aus der
Zeit des Salzburger Erzbischof Oadalberts (923-35) nachweislich mit Angehörigen
der eigenen Famiüe'V
Ein weiterer Grund für den Rückgang der Traditionen könnte eine Abnahme
des verfügbaren Allodialbesitzes gewesen sein, die durch die zunehmende
Benefizialisierung des Landes, also des wachsenden Anteils der Benefizien am
Gesamtbesitz, verursacht war. Dieses Phänomen, an dem die zahlreichen
Schenkungen an die Kirchen Anteil hatten, wird im nächsten Abschnitt betrachtet.
Auch fiel mit dem Ende der karolingischen Eroberungen spätestens seit 810 eine
Quelle des Besitzzuwachses weg, von der gerade die großen Familien stark
profitiert hatten.
Darüber hinaus hatte der Übergang zur Karolingerherrschaft den Kirchen,
insbesondere den Bischofskirchen die Möglichkeit gegeben, Güter, die zum Teil
Generationen zuvor an sie geschenkt worden waren, tatsächlich in die eigene
Verfügung zu bekommen. Vor allem unter dem Vorsitz des mzssMS Arn von
Salzburg wurden zahlreiche Prozesse geführt, in denen den Tradentenfamilien die
Rechte an ihrem ehemaligen Eigentum, vor allem an Kirchen abgesprochen
wurden'^'. Ein gutes Beispiel für diese Entwicklung ist der Konflikt zwischen den
Salzburger Bischöfen Virgil (749-84) und Arn (784—821) und der Familie der
Albina um die Maximilianszelle in Bischofshofen, der erst unter Karl dem Großen
zugunsten von Salzburg beendet wurde'V So mussten die Tradenten nun damit
rechnen, dass ihre Gaben tatsächlich stärker als zuvor in die Verfügung der
Kirchen geraten würden. Wie die Gerichtsverfahren der Zeit Arns zeigen, hatten
viele Erben von Tradenten damit nicht gerechnet. Im Lauf der Jahre dürfte dies
immer deutlicher geworden sein. In diesem Zusammenhang ist es auffällig, dass
die Hochphase der Schenkungstätigkeit von ca. 775 bis 830 etwa zwei
Generationen andauerte, also die normale Spanne einer Rückverleihung auf Eltern
und Kind.
Letztendlich bleibt es aber rätselhaft, warum es den Landeigentümern nun
nicht mehr so wichtig war, ihr Seelenheil - die wichtigste und durchgängigste
Schenkungsursache - durch Schenkungen an Kirchen sicherzustellen. Ob sie
171 Insbesondere Herzog Arnulf (907-36) wurden später Enteignungen vor geworfen, s. dazu
STÖRMER, Herrschaftsverhältnisse 283f.; es ist jedoch bereits seit der zweiten Hälfte des
9. Jahrhunderts mit einer allgemeinen Krise des Mönchtums zu rechnen (HOLZFURTNER,
Destructio).
172 S.u. 4.3.2 und 4.6.
173 BROWN, Seizure 73-100.
174 Zu Konflikten um Kirchen u. 5.1.1 und 5.1.2.
2. Besi tzübertragungen im frühmittelalterlichen Bayern
viele Klöster nicht überlebten'^. Es wurde in dieser Zeit auch nur ein Kloster,
Ebersberg, neu errichtet, das als Gründung der dortigen Grafenfamilie deren
geistliche Bedürfnisse kanalisierte und ihr Eigentum blieb. Somit blieben als
potentielle Empfänger für andere fromme Stifter vor allem die lokalen Kirchen,
deren Dokumentation nicht erhalten ist, und die Bischofskirchen. Letztere waren
für die meisten potentiellen Tradenten jedoch immer weniger attraktiv, da sich
ihre Aktivitäten seit dem 10. Jahrhundert zunehmend auf die Mitglieder der
eigenen yam/'Ea, die Vasallen und die Mitglieder der bischöflichen Familien
konzentrierten. So beschäftigt sich ungefähr ein Drittel aller Urkunden aus der
Zeit des Salzburger Erzbischof Oadalberts (923-35) nachweislich mit Angehörigen
der eigenen Famiüe'V
Ein weiterer Grund für den Rückgang der Traditionen könnte eine Abnahme
des verfügbaren Allodialbesitzes gewesen sein, die durch die zunehmende
Benefizialisierung des Landes, also des wachsenden Anteils der Benefizien am
Gesamtbesitz, verursacht war. Dieses Phänomen, an dem die zahlreichen
Schenkungen an die Kirchen Anteil hatten, wird im nächsten Abschnitt betrachtet.
Auch fiel mit dem Ende der karolingischen Eroberungen spätestens seit 810 eine
Quelle des Besitzzuwachses weg, von der gerade die großen Familien stark
profitiert hatten.
Darüber hinaus hatte der Übergang zur Karolingerherrschaft den Kirchen,
insbesondere den Bischofskirchen die Möglichkeit gegeben, Güter, die zum Teil
Generationen zuvor an sie geschenkt worden waren, tatsächlich in die eigene
Verfügung zu bekommen. Vor allem unter dem Vorsitz des mzssMS Arn von
Salzburg wurden zahlreiche Prozesse geführt, in denen den Tradentenfamilien die
Rechte an ihrem ehemaligen Eigentum, vor allem an Kirchen abgesprochen
wurden'^'. Ein gutes Beispiel für diese Entwicklung ist der Konflikt zwischen den
Salzburger Bischöfen Virgil (749-84) und Arn (784—821) und der Familie der
Albina um die Maximilianszelle in Bischofshofen, der erst unter Karl dem Großen
zugunsten von Salzburg beendet wurde'V So mussten die Tradenten nun damit
rechnen, dass ihre Gaben tatsächlich stärker als zuvor in die Verfügung der
Kirchen geraten würden. Wie die Gerichtsverfahren der Zeit Arns zeigen, hatten
viele Erben von Tradenten damit nicht gerechnet. Im Lauf der Jahre dürfte dies
immer deutlicher geworden sein. In diesem Zusammenhang ist es auffällig, dass
die Hochphase der Schenkungstätigkeit von ca. 775 bis 830 etwa zwei
Generationen andauerte, also die normale Spanne einer Rückverleihung auf Eltern
und Kind.
Letztendlich bleibt es aber rätselhaft, warum es den Landeigentümern nun
nicht mehr so wichtig war, ihr Seelenheil - die wichtigste und durchgängigste
Schenkungsursache - durch Schenkungen an Kirchen sicherzustellen. Ob sie
171 Insbesondere Herzog Arnulf (907-36) wurden später Enteignungen vor geworfen, s. dazu
STÖRMER, Herrschaftsverhältnisse 283f.; es ist jedoch bereits seit der zweiten Hälfte des
9. Jahrhunderts mit einer allgemeinen Krise des Mönchtums zu rechnen (HOLZFURTNER,
Destructio).
172 S.u. 4.3.2 und 4.6.
173 BROWN, Seizure 73-100.
174 Zu Konflikten um Kirchen u. 5.1.1 und 5.1.2.