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Kohl, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Lokale Gesellschaften: Formen der Gemeinschaft in Bayern vom 8. bis zum 10. Jahrhundert — Mittelalter-Forschungen, Band 29: Ostfildern, 2010

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https://doi.org/10.11588/diglit.34742#0122

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2.9 Besitzübertragungen

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um überhaupt noch Traditionen zu erhalten. Diese Form der Besitzübertragung
wird in Bayern als comp/adüdio bezeichnet.
Der wachsende Landbesitz der Kirchen und anderer großer Grundherren
führte wie auch die zahllosen prekarischen Rückverleihungen dazu, dass immer
häufiger und selbstverständlicher Land verliehen wurde. Dabei lässt sich kein
Unterschied zwischen Prekarien und den wesentlich häufigeren fvnc//'da erkennen.
Beides waren Landleihen mit oder ohne Zins und grundsätzlich ohne weitere
Verpflichtungen. Prinzipiell konnten Männer und Frauen, Laien und Kleriker,
große Grundbesitzer und kleine Freie, kleine Grundbesitzer, Grafen und Könige
und sogar Unfreie Land verliehen bekommen. Eine zwangsläufige Verbindung
mit einem Vasallenverhältnis gab es nicht; überhaupt ist die bischöfliche Vasallität
erst im 10. Jahrhundert zu erkennen; auch Vasallen anderer Herren, insbesondere
des Königs, sind nur selten erwähnt.
Wie auch in anderen Gebieten zu beobachten, flachte die Schenkungswelle in
den 840er Jahren ab. Die Ursachen hierfür sind vielfältig; vermutlich waren die
inzwischen etablierten, reichen und mächtigen Kirchen als Schenkungsempfänger
weniger attraktiv. Zudem scheint es auch einen Bewusstseinswandel bei den
potentiellen Schenkern gegeben zu haben, die Schenkungen - zumindest von
Grundbesitz - nun nicht mehr als für ihr Seelenheil notwendig begriffen.
Anstelle der Schenkungen erscheinen seit 840 zunehmend, seit dem
10. Jahrhundert fast ausschließlich Tauschgeschäfte in den Quellen, sie boten den
Kirchen und auch ihren Tauschpartnern die Möglichkeit, bestehende Besitzstücke
zu arrondieren, zudem entstand eine direkte Geschäftsbeziehung, die sicherlich
auch gute allgemeine Beziehungen zwischen den Tauschenden manifestieren oder
hersteilen konnte. In der Dokumentation der Tauschgeschäfte wurde prinzipiell
auf Gleichwertigkeit oder einen leichten Vorteil für die Kirche geachtet, um dem
Vorwurf der Verschleuderung von Kirchenbesitz vorzubeugen. Da diese exakte
Gleichheit bzw. der kleine Gewinn der Kirchen kaum die reale Situation
widerspiegeln kann, ist zu vermuten, dass die Dokumentation systematisch
verfälscht wurde.
Die dritte Möglichkeit, Grundbesitz zu übertragen, der Kauf und Verkauf von
Gütern, ist über die gesamte Untersuchungszeit, allerdings vergleichsweise selten
nachgewiesen. Dabei wurde offenbar in vielen Fällen nicht mit gemünztem Geld
bezahlt, sondern mit mobilen Gütern - häufig Pferden - mit einem Gegenwert in
soüdz oder anderen Münzen. Die Kirchen sind dabei aus kirchenrechtlichen
Gründen nur als Käufer von Land zu erkennen.
 
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