Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kohl, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Lokale Gesellschaften: Formen der Gemeinschaft in Bayern vom 8. bis zum 10. Jahrhundert — Mittelalter-Forschungen, Band 29: Ostfildern, 2010

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.34742#0127

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
126

3. Die innere Struktur der Dörfer und Weiler

In den ab der Mitte des 9. Jahrhunderts entstandenen Urkunden sind die
Formulierungen meist eindeutig und beziehen sich nun auf Nutzungsrechte, die
denen der anderen Landbesitzer am Ort entsprechen, ohne dass notwendigerweise
eine Verwandtschaft der Tradenten mit ihnen anzunehmen ist: Bei einem Tausch
zwischen Bischof Anno und Reginfrid in Jakobsbaiern und Glonn (beide
Lkr. Ebersberg) erhielt Reginfrid in Jakobsbaiern in sz/vzz CONZNZZZNCNZ NSNZN CNN?
zz/z'z's^; ein Isanperht gab in Wang nördlich von Moosdorf an der Isar unter
anderem & sz/vzz CONZNZZZNCNZ pzzrfgNi CNN? zdz'z'sG ein Kepahart in Ilmmünster
nordwestlich von Allershausen sz/vzz CONZNZZZNCNZ czuN ccUrz's zzzrzs NoMzTzzsV Der
Tradent Pirhtilo schloss 825 ausdrücklich das Recht, Schweine zu weiden und
Holz zu schlagen, von der Tradition aus^. Beim Tausch eines Nothart mit Bischof
Anno scheint sich der Gemeinschaftsbesitz nicht nur auf Wald zu beziehen:
Nothart übergab Haus, Hof, Scheune, Hopfengarten, 43 Joch Ackerland cxccpfo
C0NNNNN6 CZNN ZZ/ZZS Z?N67N NZNN6HNN CONipNfzZfg NON pOSSNNlNS. EodONl Niodo/if &
sz/vzz ZN z^zzzz parfoNi CNNi unds Nobz/zbzzs domo &z ZN zzooNNZ possidoNdzzm dodzf^. Hier
teilte sich eine ,unzählbare' Anzahl Männer Besitz, der neben Wald wahrscheinlich
aus Wiesen oder Weiden bestand - ein interessanter Unterschied zum späten
Mittelalter, als zumeist sehr deutlich war, wer zur (dann tatsächlich ausgeprägten)
Markgenossenschaft gehörte und wer nicht. Darüber hinaus dürften sich
Gemeinschaftswald und -wiesen hinter vielen der zahllosen Fälle verbergen, in
denen Besitz ZN sdoz's przzfzs o.ä. verschenkt wurde.
Seit der Mitte des 10. Jahrhunderts finden sich dann Formulierungen, die
schon deutlich an die spätere Landgemeinde erinnern und als Vorläuferform
gesehen werden müssen^. Die Tradenten übergaben nun oozzzzzzzzNz'o ZN sz/vzz sz'ozzi
mos osf z'Forzzztz cz'oz'zzztz, also die Teilhabe am Wald wie bei jenen ,Bürgern' üblich^.
Sie waren czuos eines Ortes^, die eigene, von außen anerkannte Regeln zur
Nutzung des Gemeinschaftsbesitzes hatten. Der czoos-Begriff, der von der

28 TF 817 (859/64), ähnlich 805 (857/64).
29 TF 951 (876/83).
30 TF 918 (875/76), ähnlich 1033 (899.05.17).
31 TF 516 (825.03.26).
32 TF 922 (ca. 875/6). Weitere Allmenden in TF 933 (ca. 876/80), 951 (876/83), TM 104 (822.06.01),
TR 250 (ca. 990/4), CF 17? (ca. 976), s.u. 7.3.1.
33 Obwohl in Bayern die Landgemeinde später nur schwach ausgeprägt war, s. Pankraz FRIED,
Zur Geschichte der bayerischen Landgemeinde, in: Die Anfänge der Landgemeinde und ihr
Wesen I, hg. vom Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte (VuF 7), Stuttgart
1964, 79-106, hier 89f.
34 TF 1180 (957/72), 1305 (981/94).
35 Cz'uzs scheint im frühen Mittelalter für Landbewohner ebenso wie für Stadtbewohner ge-
braucht worden zu sein, s. Gerhard KÖBLER, Civis und ius civile. Untersuchungen zur
Geschichte zweier Rechtsworte im frühen deutschen Mittelalter, in: ZRG GA 83 1966, 35-62,
hier 56., für Landbewohner s. auch die Vita Ulrichs von Augsburg (Vita sancti Uodalrici. Die
älteste Lebensbeschreibung des heiligen Ulrich, von Gerhard von Augsburg. Lateinisch-
deutsch, mit der Kanonisationsurkunde von 993, hg. v. Walter Berschin [Editiones Heidel-
bergenses 24], Heidelberg 1993), c.1,8, 155 In den Freisinger Traditionen taucht erst 1242/64
ein cz'uzs einer Stadt, nämlich München, auf (TF 1803, 34).
 
Annotationen