6.6 Zeugen und Amtsträger
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weggelassen wurden, deren Namen sich vor allem in den längsten Zeugenlisten
finden.
Die meisten Zeugen trugen einen in der Überlieferung ihrer Generation
regelmäßig erscheinenden Namen, so dass man annehmen kann, dass sie selbst
wiederholt als Zeugen tätig waren. Dies spricht für ein relativ hohes Ansehen
dieser Personen, die man als Angehörige einer aristokratischen, überlokalen Funk-
tionselite verstehen muss. Dies gilt auch, wenn - wie so häufig - mehrere
gleichnamige Zeugen über einen gewissen Zeitraum hinweg mit ähnlichen
Mustern tätig waren. Hier kann man eine Verwandtschaft annehmen, weshalb die
Zählung der Auftritte eines Namens auch in diesem Fall für eine soziale
Einordnung der Zeugen relevant ist. Es ist davon auszugehen, dass häufige
Zeugen sozial herausgehoben waren, relativ wohlhabend und angesehen, ob sie
nun selbst größere Grundherren oder aber Verwandte, Freunde, Klienten oder
Vasallen des Bischofs waren, und dass sie in keinem Fall,kleine Freie' waren. Die
Umkehrung dieses Arguments ist jedoch nicht möglich: Die Zugehörigkeit zu
einer Familie der regionalen Oberschicht reichte nicht aus, um regelmäßig als
Zeuge aufzutreten.
Die Tatsache, dass die Zeugen häufig einer wie auch immer gearteten Elite
angehörten, darf allerdings nicht dazu führen, dass man die Nichttätigkeit als
Zeuge mit einem geringeren Ansehen gleichsetzt. Dies liegt zum einen an den
Auswahlprozessen, durch die die Schreiber bestimmte Zeugen bevorzugen
konnten, etwa weil es sich um Vertraute oder Verwandte des Bischofs handelte.
Zum anderen wäre es verfehlt, von den Angehörigen der höchsten bayerischen
Schichten in der Agilolfingerzeit und Karolingerzeit und der karolingischen
Reichsaristokratie mit ihren weit verstreuten Besitzstücken und Interessen eine
häufige Beteiligung an Freisinger Traditionen zu erwarten. Auch die ver-
wandtschaftliche Bindung vieler Zeugen an die Tradenten führte zu einer
Verschiebung in der Häufigkeit der Zeugenauftritte; wenn jemand aus einer
Familie stammte, die nur wenige Traditionen an die Bischofskirchen durchführte,
konnten auch die Auftritte eines mittleren oder größeren Grundherren selten
bleiben. Darüber hinaus ist natürlich schlicht an mangelndes Interesse, an Alter,
Krankheit oder Abwesenheit als Hinderungsgründe zu denken. So kommt es, dass
wir Männer wie Folrat finden, der bei einer Tradition als vir inü/sUr bezeichnet
wurde, als Zeuge aber vermutlich nur drei- bis viermal auftraPA Die soziale
Zusammensetzung der Zeugenreihen konnte erheblich variieren, wie etwa der
Vergleich der Traditionen Scrots mit sehr hochrangigen und Popos mit eher
lokalen Zeugen zeigt.
Eine Reihe von Zeugen, wie etwa Joseph und Snelmot in der Karolingerzeit,
Uualdperht in der späten Agilolfingerzeit und noch Heimo in der Ottonenzeit,
traten praktisch nur in ihrer Region auf, wurden dort aber gefragt, wenn Grund-
besitzgeschäfte anstanden oder Eigentumsverhältnisse umstritten waren. Hier
haben wir es mit einer lokalen Funktionselite zu tun. Diese Männer waren lokale
325 TF 347ab (815.09.24); als Zeuge in TF 149 (791/808), 242 (806/10), 265b (808/11), mög-
licherweise noch in 507 (824.05.24).
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weggelassen wurden, deren Namen sich vor allem in den längsten Zeugenlisten
finden.
Die meisten Zeugen trugen einen in der Überlieferung ihrer Generation
regelmäßig erscheinenden Namen, so dass man annehmen kann, dass sie selbst
wiederholt als Zeugen tätig waren. Dies spricht für ein relativ hohes Ansehen
dieser Personen, die man als Angehörige einer aristokratischen, überlokalen Funk-
tionselite verstehen muss. Dies gilt auch, wenn - wie so häufig - mehrere
gleichnamige Zeugen über einen gewissen Zeitraum hinweg mit ähnlichen
Mustern tätig waren. Hier kann man eine Verwandtschaft annehmen, weshalb die
Zählung der Auftritte eines Namens auch in diesem Fall für eine soziale
Einordnung der Zeugen relevant ist. Es ist davon auszugehen, dass häufige
Zeugen sozial herausgehoben waren, relativ wohlhabend und angesehen, ob sie
nun selbst größere Grundherren oder aber Verwandte, Freunde, Klienten oder
Vasallen des Bischofs waren, und dass sie in keinem Fall,kleine Freie' waren. Die
Umkehrung dieses Arguments ist jedoch nicht möglich: Die Zugehörigkeit zu
einer Familie der regionalen Oberschicht reichte nicht aus, um regelmäßig als
Zeuge aufzutreten.
Die Tatsache, dass die Zeugen häufig einer wie auch immer gearteten Elite
angehörten, darf allerdings nicht dazu führen, dass man die Nichttätigkeit als
Zeuge mit einem geringeren Ansehen gleichsetzt. Dies liegt zum einen an den
Auswahlprozessen, durch die die Schreiber bestimmte Zeugen bevorzugen
konnten, etwa weil es sich um Vertraute oder Verwandte des Bischofs handelte.
Zum anderen wäre es verfehlt, von den Angehörigen der höchsten bayerischen
Schichten in der Agilolfingerzeit und Karolingerzeit und der karolingischen
Reichsaristokratie mit ihren weit verstreuten Besitzstücken und Interessen eine
häufige Beteiligung an Freisinger Traditionen zu erwarten. Auch die ver-
wandtschaftliche Bindung vieler Zeugen an die Tradenten führte zu einer
Verschiebung in der Häufigkeit der Zeugenauftritte; wenn jemand aus einer
Familie stammte, die nur wenige Traditionen an die Bischofskirchen durchführte,
konnten auch die Auftritte eines mittleren oder größeren Grundherren selten
bleiben. Darüber hinaus ist natürlich schlicht an mangelndes Interesse, an Alter,
Krankheit oder Abwesenheit als Hinderungsgründe zu denken. So kommt es, dass
wir Männer wie Folrat finden, der bei einer Tradition als vir inü/sUr bezeichnet
wurde, als Zeuge aber vermutlich nur drei- bis viermal auftraPA Die soziale
Zusammensetzung der Zeugenreihen konnte erheblich variieren, wie etwa der
Vergleich der Traditionen Scrots mit sehr hochrangigen und Popos mit eher
lokalen Zeugen zeigt.
Eine Reihe von Zeugen, wie etwa Joseph und Snelmot in der Karolingerzeit,
Uualdperht in der späten Agilolfingerzeit und noch Heimo in der Ottonenzeit,
traten praktisch nur in ihrer Region auf, wurden dort aber gefragt, wenn Grund-
besitzgeschäfte anstanden oder Eigentumsverhältnisse umstritten waren. Hier
haben wir es mit einer lokalen Funktionselite zu tun. Diese Männer waren lokale
325 TF 347ab (815.09.24); als Zeuge in TF 149 (791/808), 242 (806/10), 265b (808/11), mög-
licherweise noch in 507 (824.05.24).