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Kohl, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Lokale Gesellschaften: Formen der Gemeinschaft in Bayern vom 8. bis zum 10. Jahrhundert — Mittelalter-Forschungen, Band 29: Ostfildern, 2010

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https://doi.org/10.11588/diglit.34742#0326

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7.1 Landwirtschaft

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zwei Kessel, der eine groß und der andere klein, eine Pflugschar, eine Hacke, eine
große Sichel, zwei Karren, eine Kette, ein Fass und drei andere Behälter für Bier,
zwei Körbe mit Bienen, zehn Maß Dinkel, elf Maß Gerste und 20 Maß Roggen
(oder Weizen?), an bebautem Salland drei Kolonien, Wiesen im Umfang von
200 Wagenladungen Heu und voll gesätes Salland. Und ebenso gehören zu diesem
Hof zwei besetzte Bauernstellen, die zusammen zehn mandpM umfassen. Jede
dieser Bauernstellen gibt im Jahr zwölf Eimer Bier und jede von ihnen ein Ferkel
und zwei Hühner, und die Frauen beider Bauernstellen fertigen im Jahr ein Ge-
wand, und die (Männer der) Bauernstellen fronen drei Tage in der Woche. Und sie
haben neun Rinder, eine von ihnen hat ein Pferd und die andere Bauernstelle
sechs Schafe. Und ein scrvMS dommzcMS hat ein Pferd, während alle scrd &wnn/'d
zusammen sechs Rinder haben, und eine der beiden Bauernstellen hat vier
Sch weine. "3
Ein unbekannter Beauftragter des Freisinger Bischofs notierte im Jahre 842
dieses Kurzurbar - eines der wenigen überlieferten aus Bayern -, nachdem er die
Kirche von Bergkirchen am südlichen Ende des Ampergebiets besucht hatte.
Dieses Besitzverzeichnis einer kleinen bipartiten Grundherrschaft soll im Fol-
genden die Leitschnur für die Untersuchung der Landwirtschaft bilden, da es sehr
viele Aspekte der frühmittelalterlichen Landwirtschaft anspricht - auch wenn es
kaum repräsentativ für alle bayerischen ,Betriebe' gewesen sein kann, da diese auf
sehr unterschiedliche Weise organisiert warenL In den Quellen der Zeit finden sich
wie im Bergkirchener Urbar verschiedene landwirtschaftliche Organisations-
formen, große, zentral organisierte Einheiten und kleine Einfamilienbetriebe, die
häufig in einem Abhängigkeitsverhältnis zu einem Zentralhof standen. Die
klassische bipartite Form, die auch im Bergkirchener Beispiel begegnet - Salland in
Verbindung mit ausgegebenen Bauernstellen -, scheint, wie auch die Salzburger
Traditionsnotizen zeigen^, allerdings die häufigste Erscheinungsform der baye-
rischen Grundherrschaft in der Untersuchungszeit gewesen zu sein. Daneben gab
es, wie auch zu zeigen ist, kleine unabhängige Bauernhöfe, die von Freien oder

3 TF 652: Freue commomorMord^m Me ümofeseF, t?Mod MuoMmMS ad PereeMne/m?!.' (...) eMrfem
cum domo e( dorren (na ip/ra domum MHMdpM Wifi seruos W e( HMcdMs Pi armend! Xii Foues Wi e(
MMs MMoros V porcos XXW oues ii HMOHS VP e( pudos iiii oddanos ii MMMS mMor e( MPr mMor;
uomerem i e( d'goMom i^doem mMorom i carras ii oMencm i euLam i e( MM uasa ad oeudsM MdmdMM
üM de Hpdws MuoarM ii de spe/da modios X e( de ordea modios Xi e( de segde modios XX; ferram
domMicam c:dMm coMMg (na de prads carradas CC e( ferram domMMam pMMPr somMMam; e( ;M-
dem ad ipsam eMr(em HspidMMf maMsos ii uesfdos; MPr idos coM(MoM(Mr mHMdpM X; Mier^Me de ipsis
dgn( M anno de oeudsM sd:das Xii e( Mier^Me ex ipsis^h'sgMgHM i pudos ii; e( MhcpMO Mxores
eornm operandi M anno cgmisMom i e( ;ps; maus; operaM(Mr M eMomada iii dies e( ips; dMvn(
armend! Viiii e( MMMS de Ms dMvf cgEMiMm i e( MMs maMSMS oues W dMv(; e( seruus domMMus
dMv( cMwdMm i; e( ;ps; (o(os seru; domMid armoMM W e( MMMS ex ipsis maMsis dMv( porcos iiii.
4 Das bekannteste und ausführlichste Urbar Bayerns ist das Urbar des Augsburgischen Hofs
im Staffelsee (MGH Cap I, Nr. 128, 251). Es soll hier nicht gesondert betrachtet werden, da es
bereits sehr gut untersucht ist (ELMSHÄUSER, Untersuchungen mit weiterer Literatur), aber
immer wieder zum Vergleich und als Ergänzung herangezogen werden. Im Gegensatz zur
sehr umfangreichen Literatur zur Grundherrschaft (s. dazu 1.3.1 mit Anm. 23) war die
Landwirtschaft im engeren Sinne in den letzten Jahrzehnten kein großes Thema, s. die
Überblicke bei RÖSENER, Agrarwissenschaft; DERS., Einführung in die Agrargeschichte,
Darmstadt 1997 und vor allem DERS., Landwirtschaft.
5 NA, BN, dazu STÖRMER, Grundherrschaft 378f., s. auch den Niederaltaicher BU.
 
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