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Kohl, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Lokale Gesellschaften: Formen der Gemeinschaft in Bayern vom 8. bis zum 10. Jahrhundert — Mittelalter-Forschungen, Band 29: Ostfildern, 2010

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34742#0369

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368

8.Schluss

gesiedelten Flusstales lag. Die Besitzverhältnisse im Moos östlich des Amperraums
sind unbekannt, auch dieses Gebiet könnte den Herzogen und Königen gehört
haben.
Die Marginalität der Berggebiete um den Wallersee hatte wahrscheinlich auch
Konsequenzen tür die Besiedlungsdichte dieses Gebiets, die sicherlich geringer
war als an der Isen und vor allem an der Amper. Ansonsten traten zwischen den
Untersuchungsgebieten nur relativ wenige Unterschiede zutage, ganz gleich, ob es
um die Besitzverteilung oder die Sozialstruktur ging. Auch die zunächst scheinbar
geringere Abdeckung des Wallerseeraums mit Kirchen dürfte eher ein Problem
der Quellen als eine Reflexion der tatsächlichen Kirchendichte sein.
Den wichtigsten Vergleichsrahmen außerhalb Bayerns bilden die benach-
barten Räume des Reichs: Norditalien, Alemannien und Franken an Main und
Rhein. Aber auch andere Regionen wie Lothringen und Westfranken sollen knapp
angesprochen werden. Diese Betrachtungen können nur relativ allgemeiner Natur
sein, da es auch dort große regionale Unterschiede gab.
In einem markanten Kontrast zu den anderen Regionen steht zunächst einmal
die soziale Gliederung der Bayern in der Frühzeit - Barschalken und einen auf
bestimmte Familien eingeengten Adelsstand kennt man anderswo nicht, ebenso
wenig wie die Vollfreien in anderen Regionen ab 850 als noMos bezeichnet
wurden. Eine gesellschaftliche Gliederung über die beiden rechtlichen Kategorien
,frei' und ,unfrei' hinaus war jedoch eindeutig der Normalfall in allen Regionen
der fränkischen Welt. So erscheinen in den fränkischen Kernräumen und in
Sachsen mit den Liten bzw. Lazen Minderfreie neben üben und scro/', im Lango-
bardenreich cH/'oncs. Auch die Freigelassenen wurden in allen Gebieten von Freien
und Unfreien unterschieden. Diese Schichten sind nur gelegentlich in Urkunden
zu erkennen, da aufgrund ihrer Zwischenstellung nur recht selten über sie verfügt
wurde, sie aber zumeist auch nicht frei genug waren, um selbst Traditionen zu
tätigend Beides kam jedoch gerade in Bayern regelmäßig vor, so dass anzunehmen
ist, dass Minderfreie hier häufiger waren als anderswo.
In den meisten Ly cs außer der Lex Salica ist darüber hinaus immer eine
weitere Unterteilung der Freien in verschiedene (zumeist Wergeld-jKategorien zu
beobachten - wie etwa im alemannischen Gesetz, wo der Atcmcnm/s pnmMS vom
A/%?M%nnMS mcdmnMS und dem &%ro & mmo/lodzs unterschieden wurdet Die
rechtliche Hervorhebung mehrerer Familie kennen andere tcycs jedoch nicht. Ob
sich daraus allerdings auf tatsächliche Unterschiede schließen lässt, ist unklar,
schließlich dürfte auch in anderen Regionen zum Zeitpunkt der Erstellung der
Ly cs klar gewesen sein, welche Familiengruppen zu den optimales o.ä. gehörten.
Die massenhafte Verwendung des Begriffs noMis in Traditionen ist jedoch ein-
deutig eine Ausnahme, die nur in Bayern zu finden ist.
In Bezug auf die Siedlungsstruktur und die räumliche Gliederung unter-
scheiden sich die bayerischen Gebiete erheblich von den Nachbarräumen. So sind
weite Teile Alemanniens und der rhein- und mainfränkische Raum stark von

6 S.o. 1.5.3.
7 Tit. 14,6-8, Pactus Legis Alamannorum, hg. v. Karl Lehmann, Leges Alamannorum (MGH
LL Nationum Germanicarum 5,1), Hannover 1966, 21-34. Allg. zum Thema HECHBERGER,
Adel 155-60 und 170-83, zum alemannischen Recht ebd. 179-82.
 
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