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Bes;
5. Lustig springend, mit erhobener L. zeigt ihn die schöne Terrakotte 264. Wie getreu
ist das schreckhafte Gesicht wiedergegeben; auch die Idee, die zugrunde liegt, ist gut bewahrt.
Denn oft ist der Zwerg als Tänzer und Musikant dargestellt worden (S. 154). Aber anderes
ist dazugekommen: er ist geflügelt und trägt in der R. ein Fläschchen.
Das erste ist eine ungewöhnliche Zutat; sie harrt der Erklärung. Denn
will man nicht annehmen, daß diese Auffassung in ihm einen Wind-
dämon sieht — wogegen Haltung und Attribut streiten —, so muß man
entweder an die Übertragung eines uns nicht oder ungenügend be-
kannten Typus ägyptischer Kunst oder an Einführung eines unägyp-
tischen Elements denken. Nun gibt es wohl sonderbare Composita von
Götterteilen, einen geflügelten Pantheos mit 4 Flügeln, 4 Armen, Bes-
kopf, Tierköpfen, Menschenleib, Amonskrone usw.18). Wenn nicht grie-
chische Vorstellungen hier den Töpfer abgelenkt haben19), so wird in
erster Linie diese Mischgestalt vereinfacht und übersetzt worden sein.
Tanzend trägt er das Fläschchen gleichen Formats und gleicher Dekoration wie jene, die von
dem Mädchen 358, 359 gehalten werden. Man weiß zur Genüge, daß Bes der „Gott der Toilette“
ist: ist es nicht selbstverständlich 20), ihn hier — seltsamer Geschmack der Schönen
Ägyptens! — als den Spender der Wohlgerüche sich zu denken?21)
6. Das Lämpchen Taf. 72, 265, dessen oberer Teil abgebrochen ist, trägt einen
& 1 Knabenkopf mit Locke r. und breitem, lachendem Gesicht. Der dürftige Ansatz über
der 1. Stirnhälfte ließe die Ergänzung kaum erkennen, die ein in der untern Hälfte
Ü^ identisches Exemplar aus Musee Guimet aufzwingt, Abb.93. Zwei Knospen, wie Harpokrates
und sein Kreis sie trägt, ragen vom hohen Schädel auf, und zwischen ihnen der Griff
#.] des Traglämpchens in Gestalt einer Säule mit Vogelkopf (s. S. 262ff.). Man sieht ferner
Abb 93 ein Knabenköpfchen mit der Locke, der Kappe und den Ansätzen wie bei „Harpo-
krates“, auch eines mit Knospen an einem Reifen (?) über der Kappe mit den Ansätzen
als Schmuck zweier Halter, in Form von Tüten mit Blattkelchfuß (266, 267). Man dächte an den
knabenhaften Gott in Harpokratesform, dem wir früher begegneten, fiele nicht bei 267 die
heraushängende Zunge auf22) — ein Charakteristikum des Bes — und zeigten nicht Parallelen,
daß ein Besknabe mit dem Federbusch tatsächlich bekannt war23). Wb Bes-Mann und Bes-Frau
18) Daressy, Stat. de div. 38849, 38 850, vgl. S. 392. Musee Britann.: 205a, Coll. Duringhello, Cat. de vente 1911, 34
Nr. 320. Erman, Rel.2 181, Fig. 98 = Abb. 92. (Berlin 8677). Ballod, S. 60, Fig. 71.
19) Ich denke an Darstellungen wie die Gorgonen oder Journ. Hell. Stud. 13, 195; geflügelte Silene, vgl. Perdrizet,
Coll. Fouquet p. 18. Cat. Brit. Mus. Gems Nr. 305, S. 55. Herr Arndt besitzt einen archaischen, samischen geschn. Stein,
einen geflügelten Bes darstellend.
2°) Zeugnisse bei Sethe, Pauly-Wiss., Ballod a. a. 0. 67. Unter den vielen Darstellungen des Tanzenden hebe ich hier
das kleine Fragment bei Spiegelberg, Ausgewählte Denkmäler der Straßburger Sammlung 1909, Taf. XIV, Nr. 53 hervor (zu
dem ergänzend Wallis, Eg. ceramic art Fig. 172 und ein Stück des Berliner Antiquariums, Vas. Inv. 5840 hinzutreten), wo im
oberen Register „einzelne Besgestalten mit Keulen eine Art Kriegstanz aufführen". Ist es nicht wahrscheinlicher, daß diese
unsere Flasche halten? (Freilich weiß ich, daß „Bes" eine Keule über dem Kopfe schwingt; vgl. Daressy, Stat. de div. 38836.)
21) Taf. 26, 269 ist am besten hier zu behandeln, wenn überhaupt Klarheit zu erlangen ist. Das rohe, wenig aus-
geführte Gesicht läßt keine exakte Deutung zu; der Bart weist auf Bes, wiewohl der Federschmuck fehlt; die Haltung der
Hände vor dem Leib ist aus diesem einzigen mir bekannten Ex. kaum zu erklären. Hält er etwa ein Tier (Antilope) wie Bes?
(Vgl. Ballod 99, Abb. 111.)
22) Die heraushängende Zunge mit weit aufgerissenem Maul, wie der Grieche seine Gorgo sich vorstellt, zeigt auch die
am ehesten als apotropäisch zu denkende Figur Nr. 322 und ein Karlsruher „Patäke". Vgl. auch S. 75 Anm. 186.
23) Karlsruhe H. 651 als Lampe wie 265, aber besseren Stils; wohl etwas älter: Statt des Griffes der Besfeder-
schmuck. Ebd. 719 ein ähnl. Lämpchen, Knabe, die Zunge herausstreckend (wie Anm. 22) ohne Krone. Gelegentlich kommt
auch der alte Bes mit Knabenlocke vor. — Zu Taf. 26, 265 gehören stilistisch die Lämpchen Schmidt, Graesk-Aeg. Terr.
pl. LIII, Fig. 156 u. 157 (einfache Knabenköpfchen).
Bes;
5. Lustig springend, mit erhobener L. zeigt ihn die schöne Terrakotte 264. Wie getreu
ist das schreckhafte Gesicht wiedergegeben; auch die Idee, die zugrunde liegt, ist gut bewahrt.
Denn oft ist der Zwerg als Tänzer und Musikant dargestellt worden (S. 154). Aber anderes
ist dazugekommen: er ist geflügelt und trägt in der R. ein Fläschchen.
Das erste ist eine ungewöhnliche Zutat; sie harrt der Erklärung. Denn
will man nicht annehmen, daß diese Auffassung in ihm einen Wind-
dämon sieht — wogegen Haltung und Attribut streiten —, so muß man
entweder an die Übertragung eines uns nicht oder ungenügend be-
kannten Typus ägyptischer Kunst oder an Einführung eines unägyp-
tischen Elements denken. Nun gibt es wohl sonderbare Composita von
Götterteilen, einen geflügelten Pantheos mit 4 Flügeln, 4 Armen, Bes-
kopf, Tierköpfen, Menschenleib, Amonskrone usw.18). Wenn nicht grie-
chische Vorstellungen hier den Töpfer abgelenkt haben19), so wird in
erster Linie diese Mischgestalt vereinfacht und übersetzt worden sein.
Tanzend trägt er das Fläschchen gleichen Formats und gleicher Dekoration wie jene, die von
dem Mädchen 358, 359 gehalten werden. Man weiß zur Genüge, daß Bes der „Gott der Toilette“
ist: ist es nicht selbstverständlich 20), ihn hier — seltsamer Geschmack der Schönen
Ägyptens! — als den Spender der Wohlgerüche sich zu denken?21)
6. Das Lämpchen Taf. 72, 265, dessen oberer Teil abgebrochen ist, trägt einen
& 1 Knabenkopf mit Locke r. und breitem, lachendem Gesicht. Der dürftige Ansatz über
der 1. Stirnhälfte ließe die Ergänzung kaum erkennen, die ein in der untern Hälfte
Ü^ identisches Exemplar aus Musee Guimet aufzwingt, Abb.93. Zwei Knospen, wie Harpokrates
und sein Kreis sie trägt, ragen vom hohen Schädel auf, und zwischen ihnen der Griff
#.] des Traglämpchens in Gestalt einer Säule mit Vogelkopf (s. S. 262ff.). Man sieht ferner
Abb 93 ein Knabenköpfchen mit der Locke, der Kappe und den Ansätzen wie bei „Harpo-
krates“, auch eines mit Knospen an einem Reifen (?) über der Kappe mit den Ansätzen
als Schmuck zweier Halter, in Form von Tüten mit Blattkelchfuß (266, 267). Man dächte an den
knabenhaften Gott in Harpokratesform, dem wir früher begegneten, fiele nicht bei 267 die
heraushängende Zunge auf22) — ein Charakteristikum des Bes — und zeigten nicht Parallelen,
daß ein Besknabe mit dem Federbusch tatsächlich bekannt war23). Wb Bes-Mann und Bes-Frau
18) Daressy, Stat. de div. 38849, 38 850, vgl. S. 392. Musee Britann.: 205a, Coll. Duringhello, Cat. de vente 1911, 34
Nr. 320. Erman, Rel.2 181, Fig. 98 = Abb. 92. (Berlin 8677). Ballod, S. 60, Fig. 71.
19) Ich denke an Darstellungen wie die Gorgonen oder Journ. Hell. Stud. 13, 195; geflügelte Silene, vgl. Perdrizet,
Coll. Fouquet p. 18. Cat. Brit. Mus. Gems Nr. 305, S. 55. Herr Arndt besitzt einen archaischen, samischen geschn. Stein,
einen geflügelten Bes darstellend.
2°) Zeugnisse bei Sethe, Pauly-Wiss., Ballod a. a. 0. 67. Unter den vielen Darstellungen des Tanzenden hebe ich hier
das kleine Fragment bei Spiegelberg, Ausgewählte Denkmäler der Straßburger Sammlung 1909, Taf. XIV, Nr. 53 hervor (zu
dem ergänzend Wallis, Eg. ceramic art Fig. 172 und ein Stück des Berliner Antiquariums, Vas. Inv. 5840 hinzutreten), wo im
oberen Register „einzelne Besgestalten mit Keulen eine Art Kriegstanz aufführen". Ist es nicht wahrscheinlicher, daß diese
unsere Flasche halten? (Freilich weiß ich, daß „Bes" eine Keule über dem Kopfe schwingt; vgl. Daressy, Stat. de div. 38836.)
21) Taf. 26, 269 ist am besten hier zu behandeln, wenn überhaupt Klarheit zu erlangen ist. Das rohe, wenig aus-
geführte Gesicht läßt keine exakte Deutung zu; der Bart weist auf Bes, wiewohl der Federschmuck fehlt; die Haltung der
Hände vor dem Leib ist aus diesem einzigen mir bekannten Ex. kaum zu erklären. Hält er etwa ein Tier (Antilope) wie Bes?
(Vgl. Ballod 99, Abb. 111.)
22) Die heraushängende Zunge mit weit aufgerissenem Maul, wie der Grieche seine Gorgo sich vorstellt, zeigt auch die
am ehesten als apotropäisch zu denkende Figur Nr. 322 und ein Karlsruher „Patäke". Vgl. auch S. 75 Anm. 186.
23) Karlsruhe H. 651 als Lampe wie 265, aber besseren Stils; wohl etwas älter: Statt des Griffes der Besfeder-
schmuck. Ebd. 719 ein ähnl. Lämpchen, Knabe, die Zunge herausstreckend (wie Anm. 22) ohne Krone. Gelegentlich kommt
auch der alte Bes mit Knabenlocke vor. — Zu Taf. 26, 265 gehören stilistisch die Lämpchen Schmidt, Graesk-Aeg. Terr.
pl. LIII, Fig. 156 u. 157 (einfache Knabenköpfchen).