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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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BEILAGE ZUR „MODERNEN KUNST“.


Szenenbild aus den „Drei Brüdern von Damaskus“: Kgl. Schauspielhaus, Berlin.
Phot. Zander & Labisch, Berlin.

wie auch kleine Dinge für ihn zum Symbol
werden, indem sie ungesucht tiefen Gefühlswert
erhalten, steht er völlig unerreicht.
Das alles singt, rauscht im Wasser und
flüstert mit dem Winde aus seiner „Kronbraut“,
die heimlich ihr Kind getötet hat, um vor ihrer
Familie und der ihres Bräutigams würdig zu er-
scheinen. Aber als Kersti mit dem Pfarrer tanzt,
verliert sie die Krone, die ihr nicht zukommt,
diese rollt in den See. Statt ihrer findet man
die Leiche des Kindes, das dann an der Brust
der Mutter lallt: „Kalt ist der Strom! Warm ist
meiner Mutter Brust! Nichts gabst du mir im
Leben, im Tode nehm ich meines! Leben für
Leben! Jetzt trink ich deines!“ Nun beginnt
Kerstis Leiden, und sie erschauert, als das Mühl-
rad sich rückwärts dreht. Aber aus dem Boden
des Leids wächst ihre Sehnsucht nach Erlösung,
und selbst der Wassermann singt, während er
auf seiner gläsernen Harfe spielt. „Ich erhoffe,
ich erhoffe, daß mir mein Erlöser lebt“. Wie
Strindberg Kersti hier mit der Natur verknüpft,
so tut er es auch mit der Tierwelt; der Ameisen-
könig setzt unter ihr Urteil „Begnadigt“, da sie
eine seines Geschlechtes geschont hat. So kehren
Friede und Erlösung vom Flimmel und der Erde
in das Menschenherz. Gewiß, als Dramatiker hat
Strindberg seine fast unlösliche Aufgabe auch
hier nicht gänzlich erfüllt; aber die Tiefe ein-
zelner Eindrücke weiß dafür zu entschädigen.
* *
Das Königliche Schauspielhaus ließ einen
neuen Autor zu Worte kommen, dessen Seele
man infolge der durcheinander strömenden
Elemente noch nicht bis auf den Grund erkennen
kann. Ist er Theatraliker und angehender Rou-
tinier, oder erstrebt er Tieferes! Soviel steht
fest: er hat einen Bühneninstinkt, der nach der
guten, wie nach der schlechten Seite ausschlagen
kann. Sei Komödienspiel der „Drei Brüder
von Damaskus“ führt, wie schon der Titel
besagt, ins Morgenland, wo es nach altem Dichter-
brauche etwas bunt hergehen kann. Von dieser
Freiheit macht Alexander Zinn denn auch red-
lich Gebrauch. Dort im fernen Osten hat ein Greis
durch sein Testament seine drei Söhne einige Jahre aus
der Heimat verbannt. Als nun der jüngste, Aslan — nach
der allgemeinen Ansicht ein Tunichtgut, in Wahrheit
aber ein Bursch von echtem Schrot und Korn — in die
Heimat zurückkehrt und hier die verfahrenen Verhält-
nisse sieht, beschließt er, sich zugleich als sein stolzer,

angesehener Bruder Dirbas und als der berechnende,
geizige Ghanim auszugeben, um recht wirken zu können.
Was für eine Rolle also für den Darsteller des Aslau,
der drei Register ziehen kann, während ihm der Dich-
ter die philosophische Grundlage unterschiebt, daß der
Mensch in sich eigentlich nicht einer allein sei, sondern

den Stoff zu mehreren birgt! Freilich fehlt
Alexander Zinn noch die Kraft zur gründlichen
einheitlichen Gestaltung dieses guten Motivs.
Dafür holt er von außen Farben, Vorgänge und
Aufregungen: Haupt- und Staatsaktionen, Volks-
und Liebenszenen. Als Dirbas gewinnt Aslan
die Liebe der Tochter seines politischen Feindes
des Statthalters; und als die Gefahr am höchsten —
da erscheint nach altem Lustspielrezept die schlich-
tende Respektsperson, hier Harun al Raschid
selbsteigen, um das Dichterknäuel zu entwirren.
Aber mit solchen Naivitäten versöhnt die Frische,
mit der Zinn seine etwas komplizierten Akte
geschrieben hat. Jedenfalls wird man seinen
ferneren Bühnenstücken in Erwartung gereiften
Könnens lebhafte Aufmerksamkeit entgegen-
bringen. * *
*
Das Lessing-Theater brachte Bernard
Shaws „Pygmalion“ zur Aufführung, eine
Komödie, über deren Titel sich mancher den
Kopf zerbrechen wird, weil die Beziehungen zu
dem antiken Bildhauer, dem Aphrodite seine
Statue eines Weibes in Leben wandelte, ziem-
lich gering sind. Höchstens könnte man sagen,
der Dialektforscher Professor Higgins, der das
gemein und erbärmlich radebrechende Blumen-
mädel Lizza binnen sechs Monaten als gut
sprechende Herzogin vorführt, habe sie aus
plumpem Material zu neuem Leben erweckt. —
Wie derTitel, so ist auch die Handlung des Stückes
nebensächlich, da es Shaw im Grunde nur auf
Gesellschaftssatire, soziale Ethik und Spott an-
kommt. Drollig genug wirkt hier Lizzas Vater,
der sich als unwürdiger Armer ohne moralische
Bedenken durchaus wohl fühlt und das Leben
genießt, dagegen später als Bourgeois Beengung
fühlt. Inzwischen haben sich Huggins und Lizza
durch Grobheit, sozusagen aneinandergerempelt,
so daß man sie im Geiste bereits als Paar vor
sich sieht. Hierbei wirkt manches, wie zum
Beispiel die Szene, in der die Gesellschaft hinter
Lizzas Entgleisungen den neuesten, nachahmens-
werten Ton vermutet, recht witzig. Freilich die
Leere und der Mangel an Wärme, die fast allen
Stücken Shaws anhaften, weil ihm die Kraft der Ge-
staltenbildung und des Gefühls versagt bleibt — sind
auch hier gelegentliche Begleiter. Dann muß man sich
mit den geistreichen Spöttereien und dem Dialoge be-
gnügen, aus dem es von guter Lebensbeobachtung und
Satire funkelt. Dr. Oskar Anwand.


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