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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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13. Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.31172#0389

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MODERNE KUNST.

%ick-

-Killen Bargis, die bekannte Operettendiva, hat
cl den kecken Sprung gewagt und sich dem
Variete zugewendet. Sie gastierte mehrere Monate
hindurch im Berliner Apollotheater mit dem sen-
sationellen Mimodrama „Va banque“, welches der
Wiener Komponist Dr. Ralph Benatzki für die
Spezialitätenbühne geschrieben und vertont hat. Ellen
Bargis tritt hier als Parisienne Renee d’Orville auf,
eine reiche Privatiere, welche in der Nähe von
Paris ein Landhaus besitzt, das sie allein mit ihrem
kleinen Töchterchen bewohnt. Diese Kleine wird
von einem Verbrecher in Abwesenheit der Mutter
geraubt. Als dieselbe zurückkehrt, entdeckt sie zu
ihrem Entsetzen, daß Geld und Pretiosen geraubt
sind. Erschrocken betritt sie das Kinderzimmer und
vermißt dort das Liebste, das sie auf Erden besitzt.
Sie will hinausstürmen, um Hilfe zu suchen, da
steht der Einbrecher mit erhobenem Dolche vor ihr.
Sie opfert alles, was sie an Wert bei sich trägt,
vergeblich, der Schurke greift nach ihrer Ehre;
sie selbst soll der Preis sein, den er für das
Wiederbringen des Kindes fordert. In höchstem
Abscheu stößt Renee d'Orville das Scheusal von
sich, doch schließlich überwindet Frauenlist den
Ekel vor dem Mordgesellen. Sie tanzt seinem
Drängen zufolge, sie reicht ihm perlenden Sekt, ja
sie läßt im verführerischen Walzer die leichte
Oberkleidung fallen und stachelt so die wilde Gier
des Lüstlings bis zur Raserei. Da plötzlich erscheint,
als rettender Engel, das kleine Töchterchen. Wäh-
rend der Schurke die Kleine in eine Ecke drängt, er-
greift die geängstigte Mutter in ihrer Verzweiflung den
Dolch, welchen der vor Liebeslust blinde Räuber un-
vorsichtig aus den Händen gelegt hat, und stößt ihm denselben, ihn gleichzeitig ein
Champagnerglas kredenzend, schnell ins Herz. Der Sketch „Va banque“ arbeitet
mit starken Mitteln und erzielt eine außerordentliche Nervenspannung, welche den
Zuschauer erst aufatmen läßt, wenn sich der Vorhang senkt. Erl. Ellen Bargis zeigt
sich als gute Mimikerin und Schauspielerin; die Musik Benatzkis ist ungemein
charakteristisch und paßt sich den szenischen Vorgängen vortrefflich an. V. II.
*
Der Goldschmuck der Kaiserin Gisela aus dem 11. Jahrhundert. Den
Königlichen Museen ist durch kaiserliche Huld ein Geschenk von hohem histori-
schen Werte, ein wahrhaft fürstliches Geschenk, geworden. Es handelt sich um
den Goldschmuck der Kaiserin Gisela, der in Mainz im Jahre 1880 aus den Tiefen
eines Kellers ans Tageslicht gebracht wurde. Die künstlerisch in jeder Beziehung
vollendete Juwelierarbeit weist auf mittelalterlichen Ursprung, und es ist er-
staunlich, daß die einzelnen Schmuckstücke, die zum Teil eine wunderbar feine
Filigranarbeit zeigen, trotz der Länge der Zeit, so ausgezeichnet erhalten sind.
Zweifellos sind die Formen der Schmuckkstücke auf byzantinische Vorbilder
zurückzuführen, das gilt insbesondere von dem ungemein kostbaren Halsschmuck,
der jedoch nicht in unserem Sinne einfach um den Nacken gelegt werden durfte,
sondern auf einer ge-
eigneten Unterlage, et-
wa auf einem Schulter-
kragen aufgenäht wer-
denmußte, um in seiner
ganzen Wirkung zur
Geltung zu kommen.
Derartige, mit Gold
und Edelsteinen be-
setzte Kragen waren
im alten Byzanz, wie
aus zahlreichen dama-
ligen Mosaiks und Re-
liefs hervorgeht, all-
gemein gebräuchlich.
Wäre der Schmuck
nicht aufgenäht wor-
den, so würden die
einzelnen Kettchen
mit ihren nach innen
und außen gerichteten
Gemmen regellos
durcheinander gehan-
gen haben, und das



Ellen Bargis.

Ganze hätte seinen Zweck verfehlt. Der gefundene
Schatz ist außerordentlich reich: er umfaßt einen
mehr als einen halben Meter langen Halsschmuck aus
goldenen Ketten, die mit zwanzig antiken Gemmen
behängt sind, einen aus Perlen und Edelsteinen in
wunderbarer Arbeit gefertigten Brustbehang, zwei
Metallschließen, zwei Paar halbmondförmige Ohrge-
hänge, eine Brustagraffe aus Filigran, mehrere go-
ldene Fingerringe in mannigfacher Form und zwei
große, goldköpfige Nadeln. Trotz der charakteris-
tischen byzantinischen Merkmale wird der Schmuck
Anfang des 11. Jahrhunderts aus einer deutschen
Werkstatt hervorgegangen sein, wie zahlreiche Ver-
gleiche mit Goldschmiedearbeiten deutschen Ur-
sprungs aus jener Zeit einwandfrei bewiesen haben.
Es handelt sich dabei vor allen Dingen um die ganz
eigenartige Fassung der Perlen und Edelsteine, wie
sie damals eben nur in deutschen Werkstätten üblich
war. Einige Stücke des Mainzer Schatzes weisen da-
rauf hin, daß wir.es höchstwahrscheinlich mit Teilen
des Krönungsschmuckes einer Kaiserin, und zwar der
Kaiserin Gisela, der Gemahlin Konrads II. und Mutter
des durch Geschichte und Sage gleichermaßen be-
rühmt gewordenen Herzogs Ernst von Schwaben zu
tun haben. Besonders die wiederholte Verwendung
des Adlers als Emblem bestätigt die Vermutung, daß
es sich nur um den Schmuck einer hochfürstlichen
Frau handeln kann, der bei großen zeremoniellen
Feierlichkeiten angelegt wurde. Wie und zu welcher
Zeit der kostbare Schmuck der Salier abhanden ge-
kommen sein mag, hat sich bisher nicht ergründen
lassen und wird sich wohl nie feststellen lassen, a.


Sarah Bernhardt in der Ehrenlegion. Mit allgemeiner und aufrichtiger
Freude begrüßt ganz Frankreich, besonders ganz Paris die Auszeichnung, die
Sarah Bernhardt, der berühmten und gefeierten Bühnenkünstlerin, deren Name
für alle Zeiten mit der französischen Theatergeschichte verbunden bleiben wird,
zu teil geworden ist. Ihre Kunst wurde in allen Teilen der Welt bewundert
und gerühmt, ihre Bühnenlaufbahn gleicht einem ununterbrochenem Siegeszuge.
Hatte sie gleichwohl mit einigem Recht das Kreuz der Ehrenlegion als höchstes
Ziel ihres Ehrgeizes früher erwartet — vor ihr erhielten es bereits zwei Bühnen-
künstlerinnen, nämlich Madame Bartet von der Comedie franqaise und Madame
Rose Caron von der Großen Oper — so erfüllt sie die etwas verspätete Ehrung
doch mit gerechtem Stolze und krönt gleichsam ihr Lebenswerk. Das Personal
ihres Theaters, dem sie mit staunenswerter Energie und großem Temperament
nach wie vor ihre Kraft widmet, ließ es sich nicht nehmen, der Künstlerin
unter feierlicher Ansprache das Ordensabzeichen in Brillanten zu überreichen,
und das Theaterpublikum bereitete ihr am Festabend stürmische Ovationen.
Mit hellem Jubel ist Sarah Bernhardt aber auch in dem verhältnismäßig kleinen
Kreise der „dekorierten“ Frauen — es sind heute im ganzen 109 an der Zahl —•
begrüßt worden, und viele unter ihnen haben öffentlich bekannt, daß sie es für
eine besondere Aus-
zeichnung halten, mit
Sarah Bernhardt das
Kreuz der Ehrenlegion
tragen zu dürfen. Na-
poleon I., der Grün-
der der Ehrenlegion,
dachte nicht daran,
den Orden an Frauen
zu verleihen, erst die
beiden letzten Bourbo-
nenkönige und Louis
Philippe durchbrachen
den Bann und deko-
rierten einige Frauen,
die jedoch dem geist-
lichen Stande ange-
hörten. Unter dem
zweiten Kaiserreich
erhielt die bedeutende
Tiermalerin Rosa Bon-
heur diesen Orden und
Kaiser Napoleon III.
schmückte die Brust

Goldschmuck der Kaiserin Gisela aus dem 11. Jahrhundert.

Phot. R. Sennecke, Berlin.
 
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