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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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BEILAGE ZUR „MODERNEN KUNST“.

der Bank sitzen, die Lichter allmählich ausgehen, und
die Frühlingsnacht herabsinkt, ohne daß sie wissen, wo-
hin die Nacht und das Leben sie führen wird — mit
alldem ist Lilioms Charakter gut gekennzeichnet. Ein
Bursch aus dem Volke, ein halber Zuhälter mit der
Moral der Selbstsicherheit und Roheit, aber doch nicht
ohne bessere Regungen. Nicht an Arbeit gewöhnt, von
den Mädchen verwöhnt und in Untätigkeit halb unwillig
hindämmernd. So verbringt er die Zeit, nachdem er
mit Julie bei einer Verwandten einen Unterschlupf
gefunden hat. Eine unbändige Freude regt sich in
ihm, da sie ihm mitteilt, daß sie ein Kind unter dem
Herzen fühle. Die Geldgier erwacht, weil er für das
Kind sorgen will, und ein Verbrecher überredet ihn
zum Raubmorde. Als der mißlungen ist, ersticht sich der
Bursche in voller Kopflosigkeit, anstatt davonzulaufen.
Auch das zeigt, daß er innerlich nicht verloren war.
Damit folgt der Sprung in den Himmel; wo aber
Liliom trotz allen Drängens der Behörde seine weicheren
Regungen nicht eingesteht. Lieber würde er in Stücke
gehen. So wird er zu vierzehn Jahren Aufenthalt in
der Hölle verdammt, um dann noch einmal auf die Erde
zu seiner Frau und Tochter gesandt zu werden, damit

es sich erweist, ob er ihnen an diesem Tage Gutes tue.
Und es ist mit das Beste an dieser „Legende“, daß Liliom
der alte geblieben ist. So sehr er sich über seine
Tochter freut, für die er vom Himmel einen Stern ge-
maust hat, schlägt er die Störrische dennoch tüchtig auf
die Hand. Das bietet Molnär die Veranlassung, sein
Stück in die Worte ausklingen zu lassen, daß es Schläge
gibt, die man nicht fühlt. Wie die Mutter die Schick-
sale, die ihr Liliom bereitet hat, ihr Leben lang ohne
Schmerzen trug, weil sie ihn liebte und seinen guten
Kern erkannte, so hat jetzt auch die Tochter diese
Wahrheit erfahren. * *
*
Der gewandte Feuilletonplauderer Hermann Bahr
hat um das ernste, schwere Problem von Ibsens „Frau
vom Meer“ ein Lustspielhäuschen gebaut, dessen innere
Haltlosigkeit durch die üblichen bunten Einfälle und
hübschen Witze, sowie durch den gewandten Dialog
eine Zeitlang verdeckt wird. Es ist bei Hermann Bahr
selbstverständlich, daß es sich dabei um Fragen der
Ehe und des Ehebruchs handelt; doch bleibt er dies-
mal ein „Phantom“. Einem philosophisch gesinnten
Manne gesteht seine Frau, daß sie ihm untreu ist;

aber in Wahrheit liebt ihr Idol sie nicht. Aber gerade
darin, daß der Geliebte der Huldin abgeschrieben hat,
sieht der Gatte die große Gefahr eines verdeckten,
ewigen Glimmbrandes. Und nun, heiliger Ibsen, hilf!
Er überredet also diesem Dritten, seiner Frau Liebe vor-
zutäuschen, worauf sie geheilt wird und in seine Arme
zurückkehrt. Bei Bahr finden wir aber nicht warm-
blütige Menschen und wirkliches Leben, sondern nur
Spiele des Verstandes und Witzes, ein Mangel, an dem
unsere heutige Bühne überhaupt krankt. So konnte das
Stück trotz der guten Aufführung im Deutschen Künstler-
theater keine stärkere Anteilnahme erzeugen.
Segelsehlittenregatta auf dem JVIüggelsee.
Der Eissegelsport, der zweifellos mit zu den schön-
sten Zerstreuungen zählt, die der Winter uns gewährt,
hat seit langem auch in den Segelsportkreisen rund um
Berlin eine Pflegestätte gefunden. Der Müggelsee mit
seiner gewaltigen Fläche von neun Quadratkilometern
bietet den Segelschlitten mit ihrer bei gutem Winde
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