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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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15. Heft
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MODERNE KUNST.



Van der Goes’ Anbetung der heiligen drei Könige als lebendes Bild.
Phot. Becker Sc Maaß, Berlin.

beigesetzte Notabein später an würdigere
Stätten überführt worden sind — bis zum
Jahre 1826, als das Gewölbe wieder einmal
„geräumt“ werden sollte. Tatsächlich ist, wie
sich neuerdings herausgestellt hat, das Kassen-
gewölbe niemals wirklich geräumt worden,
sondern der Totengräber hat nur durch Zer-
störung und Beiseiteschaffung alter Särge
Platz für neue darin gemacht. Im Jahre 1826
nun durchsuchte der damalige Weimarer
Bürgermeister Karl Leberecht Schwabe das
Kassengewölbe nach den Überresten Schillers
und seine Wahl fiel unter 23 (nach anderm
Berichte II) Schädeln auf einen, der sich durch
besondere Größe und vor allem wohlerhaltene
Zähne (wie solche für Schiller bezeugt waren)
auszeichnete. Er verglich ihn, so gut er das
verstand, mit einer in seinem Besitze befind-
lichen (heute im Marbacher Museum bewahr-
ten), von Ludwig Klauer gefertigten Toten-
maske Schillers und glaubte seine Ansicht
durch die Ähnlichkeit bestärkt. Auch Goethe
und andere, die die Schädel sahen, erklärten
den von Schwabe ausgewählten für den Schä-
del Schillers; und so ward dieser Schädel, zu
dem auch die Gebeine zusammengesucht wur-
den, am 16. Dezember 1827 feierlich in der
Fürstengruft beigesetzt. Nun fand Welcher
in den achtziger Jahren in der Weimarischen
Bibliothek eine andere Totenmaske Schillers,
erheblich größer, als die Schwabesche (die
sich zugleich als Terrakotte herausstellte), und
das gab ihm den Anlaß, nach einem eigenen Projektionsverfahren, den in der
Fürstengruft beigesetzten, durch Gipsabguß zugänglichen Schädel mit den Toten-
masken zu vergleichen, und er kam zu dem Resultate: da die Masken uns doch
unzweifelhaft die Gesichtszüge Schillers getreu bewahrt haben, der Schädel in
der Fürstengruft sich aber mit den Masken nicht in Einklang bringen läßt, ist er
eben unecht. Es ist nun das große Verdienst des Tübinger Anatomen August
von Froriep, uns den echten Schillerschädel aus dem Kassengewölbe 1911 ge-
hoben zu haben, ln einer genialen, ebenso scharfsinnigen, wie künstlerischen,
jüngst erschienenen Arbeit über den „Schädel Friedrich v. Schillers und des Dich-
ters Begräbnisstätte“ (Verlag von J. A. Barth, Leipzig) hat Froriep den unwider-
leglichen Nachweis der Identität des von ihm bezeichneten Schädels als desjenigen
Schillers geführt und den in der Fürstengruft bestatteten als den des Bürger-
meisters Paulssen erwiesen. Bei seinen zahllosen Vergleichungen zeigte sich
auch, daß zumal die berühmte Danneckersche „Idealbüste“ Schillers in außer-
ordentlichem Maße den Formen des Schillerschädels entspricht, wie dies unsere
Abbildung jedem unbefangenen Beschauer vor Augen führt. Nachdem also nun-
mehr die echten Gebeine Schillers „entdeckt“ worden sind — Frorieps Werk
liest sich wie der span-
nendste Roman — ent-
steht die Frage: soll noch
weiterhin in der Fürsten-
gruft an geweihter Stätte,
uns Deutschen allen so
ergreifend und heilig, der
Bürgermeister Paulssen
unter Schillers Namen
ruhen. Wird man wirk-
lich zugeben, daß Schil-
ler wieder auf dem alten
Jakobsfriedhofe in einem
neu zu errichtenden Mau-
soleum beigesetzt werde,
wie geplant ist, oder wird
man jenes immerhin er-
klärliche, seit 1883 nicht
mehr zu bezweifelnde
Versehen endlich gut ma-
chen und Schillers Reli-
quien an der ihnen ge-
bührenden Stätte be-
wahren? Dr. A. Hn.
* *
Die Anbetung der
heiligen drei Könige
als lebendes Bild.
Zum Besten der charita-
tiven Bestrebungen des

Katholischen Frauenvereins Berlin fand kürz-
lich in den Räumen der Kgl. Flochschule für
Musik eine Wohltätigkeitsvorstellung statt, bei
der Gemälde des Kaiser-Friedrich-Museums
als lebende Bilder ein zweites Dasein erhielten.
An der Darstellung haben sich Herren und
Damen der Hofgesellschaft beteiligt, unter
denen die Prinzessinnen Hohenlohe und Thurn
und Taxis, Prinz Windischgrätz, ferner die
Gräfinnen und Grafen Bismarck, Moltke, Tat-
tenbach und Henckel genannt seien, um nur
einige bekannte Namen anzuführen. Unter
Leitung des Künstlers Josef Wecker gewannen
so WerkeChirlandajos, Raffaels,Tizians, ferner
Velasquez’, der van Eycks, Watteaus, Reynolds
und anderer klassischer Meister ein körper-
liches Leben. Unsere Abbildung gibt das
lebende Bild nach der Anbetung der heiligen
drei Könige des Hugo van der Goes wieder,
auf dessen kürzlich erfolgte Erwerbung das
Kaiser-Friedrich-Museum stolz sein darf. An
dem Feste nahm eine zahlreiche Gesellschaft
aus den vornehmsten Kreisen teil; hierzu ge-
hörten die Prinzen August Wilhelm und Fried-
rich Wilhelm von Preußen mit ihren Gemah-
linnen, ferner Herren und Damen der Diplo-
matie. Der van der Goes wurde dargestellt von
Gräfin und Graf Quadt, Graf Rechberg, Prinz
Windischgrätz, Graf Khuen und Hertha Busse.
* *
Freie Sezession Berlin. Die Berliner
Künstlerschaft ist wiederum um eine neue
Gruppe reicher, die sich „Freie Sezession“ nennt und in dem alten Gebäude der
Sezession am Kurfürstendamm ausstellt. Sie umfaßt den Kreis um den Kunst-
händler Cassirer, mit Liebermann, Slevogt usw., d, h. allen denjenigen Künstlern,
die im vorigen Jahre gegenüber einer Minderheit das Feld räumten, weil diese
eine Auseinandersetzung mit Cassirer forderte. Man muß also jetzt zwei Se-
zessionen unterscheiden: die alte Sezession, die sich um Loyis Corinth geschart
hat und "die neue, sogenannte „Freie Sezession“.
Leut na/nt v. Mossner (23. Dragoner) hat sich nun, nachdem er sich eine
Reihe von Jahren immer mit unter den „obersten“ befand, an die Spitze arbeiten
können und schloß die Rennsaison 1913 als Champion unserer Herrenreiter ab.
Dem Verdienste seine Krone, aber auch Glück muß man im Rennsport haben,
es ist mit die Hauptsache. Das soll Leutnant v. Mossners Verdienst aber nicht
schmälern, wenn er auch neben seinem entschieden großen reiterlichen Können
und seiner Beharrlichkeit auch etwas Glück gehabt hat insofern, als sein gefähr-
lichster Rivale, Lt. Graf Holck, seines stetig zunehmenden Körpergewichts wegen
manchen chancenvollen Ritt auslassen mußte, Lt. Frhr. v. Berchem eines Knie-
leidens wegen und Lt. v.
Egan-Krieger im Früh-
jahr wegen Krankheit und
auch im Herbst einige Zeit
mit dem Rennreiten aus-
setzten. Ein anderer sehr
talentierter Anwärter auf
die höchsten Reiterehren,
Lt. Demnig, hatte das
Pech, schwer zu stürzen.
Daß aber Lt. v. Mossner,
der einer alten Reiter-
familie entstammt — be-
reits sein Vater war ein
in Deutschland gefeierter
Rennreiter — ein ganzer
Mann im Sattel ist, be-
wies er vollauf. 207 Mal
ritt er zum Start, 55 Mal
kehrte er siegreich zur
Wage zurück. In erster
Linie steuerte er die
Vertreter des berühmten
Werner Stalls, für den
Jahre hindurch der un-
vergeßliche Lt. Otto Suer-
mondt ritt, einer der
größten, wenn nicht der
größte Reiter überhaupt,
den DeutschlandsPIerren-

Der echte Schillerschädel,
photographisch in die Danneckersche Büste eingebracht.
 
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