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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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15. Heft
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MODERNE KUNST.





sport je besessen. Da der Stall in West-
falen sein Domizil hat, ritt Lt. v. Mossner
zumeist im Westen und im Süden des
Reichs. Aber er ist ein Meister im Sattel,
viel Nerv und eine weiche Hand vereinigen
sich bei ihm, auch im Finish stellt er einen
ganzen Mann.
* *
*
Lia Loe, die Heldin des russischen
Mimodramas „Süß wie die Sünde“, hat mit
ihrem neuesten Sketch der Varietebühne
eine neue Note hinzuzufügen gewußt. Ihre
jüngste Schöpfung ist geeignet, die Anmut,
Schönheit und das dramatische Genie der
Künstlerin in das beste Licht zu stellen.
Der Inhalt des Mimodramas ist kurz fol-
gender: Fedora, die Tochter des adels-
stolzen Fürsten Ipanoff, liebt im geheimen
den armen Hausgeistlichen ihres Vaters,
den jungen Popen Wladimir. Im Schloß-
park, an einer einsamen Moosbank, pflegen

Leutnant von Mossner, erfolgreicher Herrenreiter.

der schlanke Leib der Tänzerin, er windet
sich scheinbar in unglaublichen Drehun-
gen, um schließlich in fast anatomisch un-
möglicher Pose regungslos zu verharren.
Regina Flory, die zu den jüngsten Schöp-
ferinnen auf diesem Gebiete gehört, hatte
mit ihrem „Cobratanz“, den wir wohl dem-
nächst auch auf dem Kontinent bewundern
werden, in ihrem Heimatlande großen und
wohlverdienten Erfolg. V. //.
* *
Ein deutsches Begleitinstrument.
Das vorjährige Reinhardsbrunner Trachten-
fest hat sich ein besonderes Verdienst er-
worben. Es hat ein verschollenes deut-
sches Begleitinstrument wieder ans Licht
der Öffentlichkeit gebracht — die Thüringer
„Waldzither“. Das dürfte gerade jetzt von
Interesse sein, wo Wandervögel und Pfad-
finder beiderlei Geschlechts ihr nicht immer
leichtes Gepäck noch durch Saiteninstru-

sich die Liebenden zu treffen. Da plötzlich entdeckt der Fürst das Liebesverhält-
nis und gedenkt sich fürchterlich an dem unglücklichen Popen zu rächen. Ver-
gebens beschwört dieser seine Unschuld;
nach einer furchtbaren Szene gibt der
Fürst zwei Schergen den Befehl, Wladi-
mir zu beseitigen. Das geschieht, und auf
den Wink des Fürsten legen die Mörder
den Leichnam auf die Moosbank. Alle
verschwinden, als sich Fedora dem Ort
nähert. Sie kommt zum Stelldichein und
tanzt im tollen Übermut ihrer Jugend auf
dem Platz vor der Moosbank, ohne das
geheimnisvolle Bartuch mit dem darunter
liegenden Toten zu sehen. Da plötzlich
gewahrt sie den toten Geliebten. Ver-
zweiflung erfaßt sie; sie wird an der
Bahre Wladimirs wahnsinnig und stirbt
gebrochenen Herzens. — Der Sketch, der
zuerst auf dem Kontinent in Brüssel mit
großem Erfolge zur Aufführung kam und
dessen stimmungsvolle Musik und Deko-
ration gebührende Anerkennung fanden,
dürfte sich voraussichtlich bald als ein
Repertoirstück der großen Varietebühuen



mente vermehren, weil zum Wandern auch das Singen und Klingen gehört. Die
Kunst der Herstellung solcher Zithern hat sich durch Überlieferung in einzelnen
Wäldlerfamilien erhalten, die sie nebenher, zum Gebrauch für die nächsten
Freunde und Bekannten im Dorf anfertigten, sonst aber ihres Zeichens Holzfäller
und Waldarbeiter sind. Vielleicht hat das zierliche Instrument deshalb etwas vom
reinen feinen Gesang der Waldvögel in seinen schwirrenden Metallsaiten. Dieser
reine Klang, der seine Stimmung außergewöhnlich lange erhält, ist ein nicht zu

erweisen.

V //.

Lia LoS.
Phot. Ernst Schneider, Berlin.

Miß Regina Flory, akrobatische
Tänzerin. Das moderne Variete hat im
Laufe der letzten Jahre eine ganze Reihe
sensationeller Akte geschaffen, die mehr
oder minder originell, sich teils jahrelang
auf dem Repertoire behaupteten oder
aber nach kurzer Zeit wieder vollständig
verschwanden. Zu den ersteren gehören
die sogenannten akrobatischen Tänze, ein
streng individuelles Genre, das den Vorzug hat, nicht so leicht sklavischer Nach-
ahmung zu verfallen. Der Reiz solcher Produktionen verfehlt
nie seine Wirkung, vorausgesetzt, daß es wirklich ge-
borene talentierte Tänzerinnen sind, die sie aus
führen. Der Tanz selbst verlangt Natürlich-
keit und Unbefangenheit in vollstem Maße.
Welche Fülle von Tricks und Sensationen
auf akrobatischem Gebiete! Aus Ame-
rika kam seinerzeit der sogenannte
„Tanz der sieben Schleier“, und nun
folgten in bunter Reihe alle jene
Schöpfungen, die sich der jeweili-

Alt-Tliüringer Terzett.

Phot. Rose Julien.

gen Mode anpaßten. Da gab es
jene Kollektion von phantastischen
Tänzen, die speziell in Amerika und
England in Szene gesetzt wurden, so
z. B. „der Schattentanz“, „der Texas
Rag“, der „Champagnertanz“, der„Tanz
auf goldnen Sohlen“, der „Cobratanz“, der
„ägyptische Tanz“ und viele andere. Auf
unserm Bilde sehen wir Miß Regina Flory,
die reizvolle Sphinx auf der Bühne, im Tanz der
Cobra. Wie diese bekannte Giftschlange, so bäumt sich

verkennender hoher Vorzug dieses Instruments, das acht Metallsaiten besitzt, von
denen je zwei auf denselben Ton gestimmt sind. Es wird in drei verschiedenen
Stimmungen hergestellt, was für das Zusammenspiel ein weiterer Vorzug ist,
Diskantzithern sind auf G, Tenorzithern auf C und Baßzithern auf A gestimmt.
Sie können als Soloinstrumente wie zur Gesangbegleitung und in Verbindung mit
Violine, Guitarre oder Flöte gespielt werden. In den Thüringer Walddörfern,
wo sich die Herstellung dieses Instruments noch erhalten hat, finden sich auch
kleine Vereinigungen, in denen das Zusammenspielen gepflegt
wird, die heute den modischen Namen Zitherklub führen.
Sie haben vor städtischen Vereinigungen solcher
Art den Vorzug, daß sich dort Gruppen finden,
in denen das Zusammenspiel gleich der
Zitherfabrikation durch Generationen ver-
erbt ist, und die deshalb in musikali-
scher Hinsicht recht Anerkennens-
wertes leisten. Noch eins wäre der
Waldzither nachzurühmen: ihre
Billigkeit, und sie scheint gerade
um deswillen berufen, in weite-
sten Kreisen des Volkes Verbrei-
tung zu finden. Infolge der guten
Eigenschaft, lange die Stimmung zu
halten, genügen die einfachen alten
Formen mit Holzwirbeln. Die Wald-
zither ist leichter und handlicher, als
viele andere dieser Saiteninstrumente, sie
gleicht der Gitarre und wird sowohl in der
geigenartigen italienischen als der kreisrunden
französischen Art hergestellt. Rose Jzilieu.

Mlle Regine Flory in einer eigenartigen Pose.
Phot. Foulsham & Banfield, London.
 
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