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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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16. Heft
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Bloem, Wilhelm: Elefanten: ostafrikanische Beobachtungen und Erlebnisse aus freier Wildbahn
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Staby, Ludwig: Der Jäger als Vogelschützer
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https://doi.org/10.11588/diglit.31172#0473

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MODERN]*: KUNST.

203


in seine Schranken zurück, und nun versuchte er seine Liebkosungen bei einem
Elefantenfräulein, das auch sofort auf ihn mit Gegenliebe reagierte.
Plötzlich hebt der Leitbulle den Rüssel und windet. Die übrige Herde
spreizt ebenfalls die gewaltigen Ohren und fuchtelt mit den Rüsseln unruhig hin
und her. Sie hatten Wind von mir bekommen oder ein Geräusch vernommen.
Im selben Augenblick machte die ganze Herde kehrt und mit Prusten, Trompeten
und Krachen, alles zertretend und jedes Hindernis aus dem Wege räumend,
drängelten sich die vielen Tiere Körper an Körper durch die schwere Dickung,
die ganz kleinen .Elefanten in die Mitte nehmend.
Werden Elefanten gestört und fühlen sie sich verfolgt, so ändern sie ihren
Kurs derart, daß ihnen der Wind im Rücken liegt. Unauf-
haltsam stürmen sie vorwärts bis zu einem sichern
Platz. Wird der Elefant beschossen, so stellt er
sich oft erst nach vielen Kilometern wieder
ein und verläßt gewöhnlich die gefahr-
drohende Gegend ganz oder aber mei-
det sie lange Zeit. Verwundete
Tiere werden häufig von den
übrigen auf der Flucht in die
Mitte genommen und gestützt.
Später sondert sich das
kranke Stück ab und sucht
zur Kühlung der Wunden
das nächste Wasser auf.
Ich beobachtete bei einem
alten Einzelgänger, wie er
sich mit Gras und feuchter
lehmiger Erde seine Ver-
letzungen zustopfte und da-
durch das Blut stillte. Fühlt
der angeschossene Elefant,
daß es mit ihm zu Ende geht,
so weicht er jedem Hindernis
aus, um seine Kräfte zu sparen.
Ein schattiges, schwer zu findendes
Versteck nimmt den Riesen auf und hier
verendet er. Einen meiner Elefanten über-
raschte der Tod beim Flüchten in einem trocknen
Flußbett. Wie vom Blitz erschlagen, brach er leblos zu-
sammen, im Todessturz die mächtigen Stoßzähne vollständig
in die Erde rammend.
Doch nicht nur durch offnen Angriff, sondern auch durch die hinterlistig
fein durchdachte Überrumplung rächt sich der Elefant an seinem Feinde. Am
Rufijifluß erlebte ich, wie ein durch mich schwerkrank geschossener Elefant,
den ich längst verendet wähnte und mir mit meinen Leuten aufsuchen wollte,
unverhofft bei meinem Lagerplatz auftauchte und zum Angriff überging. Er
hatte den Spieß umgedreht, war genau der Witterung meines Rückwegs gefolgt,
um mit mir abzurechnen.
Ohne sichtlichen Grund, lediglich aus Bösartigkeit angriffslustig sind Ele-
fanten, wenn Junge bei der Herde sind. Der kapitale, hochbetagte Einzelgänger,
mit mächtigen, zentnerschweren Stoßzähnen bewaffnet, durch langjährige Er-

fahrung gewitzt, mit jeder Gefahr vertraut, übertrifft jedoch an Gefährlichkeit
in allen Lagen sämtliche übrigen Elefanten. In ihm verkörpern sich sowohl
die besten wie die schlechtesten Eigenschaften. Der prachtvolle Anblick und
die Erlegung eines solchen Urwaldrecken mit seiner ungeheuren Kraft inmitten
seines wildromantischen Reiches bleibt die höchste, wertvollste und schönste
Erinnerung des Großwildjägers.
Wenn der heiße Tropentag zur Neige geht, die tiefstehende Sonne Steppe
und Urwald mit ihrem Abendgold überflutet, die Höhenzüge und das Gestein
zu brennen scheinen, eine frische Brise die zitternd flimmernde Luft wieder
glättet, wird es ringsumher lebendig. Das Wild fängt an zu ziehen und strebt
den Tränkstellen zu.
Auch die Elefanten verlassen ihren Tagesstand und
bummeln gemächlich in das lichtere Pori, in die
Baumsteppe, zu ihren Palmen- und Mango-
bäumen, deren Früchte ihnen lieber sind
als die immer vorhandenen Sansi-
vieren- und Laubblätter. Die mit
dem Rüssel erreichbaren Früchte
sind bald gepflückt; es beginnt
die Arbeit des Schütteins.
Mit der Stirn oder der
Schulter stoßen die Ele-
fanten ruckweise gegen
die Stämme, so daß das
Astwerk bis in die Krone
hinein heftig erzittert und
die reifen Früchte her-
unterprasseln.
Während einige Elefanten
die schwere Schüttelarbeit'
verrichten, sammeln die übri-
gen die Ernte auf einen Hau-
fen, um i ie dann gemeinsam zu
verzehren, damit keiner zu kurz
kommt. — Manche Menschen sollten
sich daran ein Beispiel nehmen. — Jedes
Jahr zur Reifezeit stellen sie sich pünktlich
ein. Wo der Elefant einmal war und sein Futter
fand, kommt er jedes Jahr wieder zurück, um bei Beginn
der Regenperiode in höher gelegenere Gebiete zu wechseln.
Eine derartig fein ausgeprägte Ortskenntnis und Orientierungsgabe, wie sie
diesen Tieren eigen ist, besitzt kein anderes Geschöpf der Erde.
Die Sonne ist längst verschwunden, und an ihrer Stelle bescheint der
bleiche Tropenmond die idyllische Landschaft. Das Abendgold hat sich in
Silber verwandelt. Im nahen See plätschert es, dunkle massige Gestalten be-
wegen sich hin und her. Die Elefanten tränken, suhlen und baden. Das Wasser
rauscht und spritzt hoch auf. Immer weiter gehen sie in den See, durch-
schwimmen ihn, die Rüssel über die Oberfläche haltend, um am jenseitigen
Uferrand den Anpflanzungen einen nächtlichen Besuch abzustatten. Noch bevor
der Morgen graut, ziehen sich die Elefanten wieder zurück in ihre stillen und
einsamen Urwalddickichte.

Verfasser mit erlegtem Kapital-Leitelefanten.
Phot. W. Bloem.

5)er 3äger als Vogelschützer.
Von Dr. Ludwig Staby.
t [Nachdruck verboten.]
n neuester Zeit entfalten die Naturschutzbestrebungen
eine rege Tätigkeit, um die charakteristischen Mit-
glieder unserer Fauna und Flora, denen durch die fort-
schreitende Kultur oder durch unvernünftige Vertilgung
der Untergang droht, in die Zukunft hinüber zu retten.
Mit Recht wird dabei ein besonderes Gewicht auf die Er-
haltung unserer Vogelwelt gelegt und alle naturliebenden
Menschen werden zur Beihilfe an diesem guten Werk auf-
gefordert. Da ist es nun in erster Linie der Jäger, der
dabei in Betracht kommt, denn er ist nicht nur Naturfreund,
sondern auch in der Lage, mehr wie andere tätig in den
Vogelschutz einzugreifen. Er ist zu jeder Jahreszeit draußen
im Revier, er sieht bei Sonnenaufgang an den Frühlings-
und Sommertagen das reiche und mannigfaltige Tierleben
sich entfalten, er beobachtet am Abend ihr allmähliches
zur. Ruhe gehen und er lauscht den Stimmen der Nacht in
Wald und Heide. Diese Freude an dem stets abwechs-
lungsreichen Leben und Weben in der Natur ist es ja, die
ihn hinaustreibt ins Revier, er will nicht nur sein Wild
weidgerecht erlegen, sondern er will es auch in allen seinen
Lebensäußerungen beobachten und kennen lernen.


Nach vollendeter Präparationsarbeit.

Phot. W. Bloem
 
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