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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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18. Heft
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Seyfont, Paul: Ein schwimmender Palast: Zur ersten Fahrt des "Cap Trafalgar"
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https://doi.org/10.11588/diglit.31172#0539

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MODERNE KUNST.




Cap Trafalgar: Der Rauchsalon.

modernen Schiffen über alle Erwartung trefflich gesorgt. Auch der Ver-
wöhnteste sieht hier alle seine Ansprüche befriedigt, und der bescheidene
Reisende darf sich vollem Behagen hingeben. Freilich, solche Kunst des
Schiffbaus und solche Technik des Reisens ist immerhin noch recht
jung, wie ja die transatlantische Dampfschiffahrt noch keine hundert Jahre
alt ist. Als 1838 der „Great Western“ den Hafen von Bristol verließ,
um seine Reise über den altlantischen Ozean nach New York anzutreten, be-
zeichnten die Zeitungen die wenigen Passagiere, die sich ihm anvertrauten,
noch geradezu als „Abenteurer“, und als die Reederei nach glücklich erfolgter
Fahrt und Heimkehr des Dampfers der englischen Regierung vorschlug, nun-
mehr eine regelmäßige Verbindung beider Weltteile einzurichten, lehnte die
Regierung diesen Vorschlag als zu gewagt ab. Erst 1847 ließ eine amerika-
nische Gesellschaft regelmäßig Dampfschiffe nach Bremen gehen — wohl-
verstanden nur während der Sommermonate! Es klingt seltsam, ist aber
buchstäblich wahr: ihren hohen Aufschwung hat die transatlantische Dampf-
schiffahrt erst durch die Entdeckung der Goldminen in Kalifornien bekommen.
Diese ersten Dampfschiffe waren nur reine Nützlichkeitsbauten, bei denen
auf die Bequemlichkeit der Passagiere wenig Rücksicht genommen wurde.
Luxuriöse
Schiffe bau-
ten als erste
die Ameri-
kaner für
ihre Fahrten
auf dem
Hudson zwi-
schenNew York
und Albany. In
einer deutschen
Schilderung
dieser Fluß-
dampfer aus
den sechziger
Jahren heißt es,
sie könnten in
ihrer Ausstat-
tung mit fürst-
lichen Palästen
verglichen wer-
den. „Der
eigentliche
Schiffsrumpf
wird nur in der
Art, wie bei uns
etwa die Keller
und die Sou-
terrains der
Häuser benutzt.
Auf demselben
erhebt sich ein
Cap Trafalgar: Das Marmorportal des Wintergartens. größeres höl-
zernes Gebäude
in zwei oder drei Etagen. Äußerlich laufen um dasselbe in jeder Etage Balkons,
im Innern befinden sich Säle und Kabinen, die für die Aufnahme der Reisenden
bestimmt sind. Wenigstens in einer Etage des Schiffs pflegt ein Saal durch die
ganze Länge zu gehen. In den unteren Stockwerken ist oft eine nicht unbeträcht-
liche Zahl der Kabinen an Kon-
ditoreien, Cafetiers, Friseure und
Händler mit Reiseutensilien, Büchern
usf. vermietet, die darin elegante
Läden errichtet haben.“ Solche Aus-
stattung des Steamers erschien da-
mals schon als außerordentlicher
Luxus, wurde mit der eines „fürst-
lichen Palastes“ verglichen und war
doch erst der bescheidene Anfang
einer Technik des Reisebehagens,
die in Schiffsbauten wie dem nun-
mehr näher zu schildernden „CapTra-
falgar“ ihre höchsten Triumphe feiert.
„Cap Trafalgar“, eine Schöpfung
der jetzt auch in Hamburg ange-
siedelten „Vulkanwerke “, ist mit
seiner Länge von 187 über alles und
Breite von 22 Metern, einer Wasserver-
drängung von 23 300 Tons und einer
Größe von 18000 Brutto-Registertons
heute das gewaltigste aller den Ver-
kehr Europas mit Südamerika vermit-

telnden Dampfschiffe und vermag rund 1800 Passagiere zu befördern. Die
sich durch fünf Decks erstreckende erste Klasse hat naturgemäß die besten, mitt-
schiffs gelegenen Räume inne. Neben einer großen Anzahl Luxuskabinen bietet
sie auch neun vollständige Luxuswohnungen (auf dem Vorderteil des Oberdecks
und ersten Promenadendecks), die aus je einem großen Wohnzimmer, Schlaf-
zimmer, Bad, dem Kabinett, einer Bedientenkabine und einem eignen Gepäck-
raum bestehen. Bekanntlich ist dem „Cap Trafalgar“ die Ehre zuteil geworden,
auf seiner ersten Fahrt über das Weltmeer den Prinzen Heinrich von Preußen
und seine Gemahlin nach Südamerika fahren zu dürfen. Der Prinz hat sich die
Räume (s. d. Abbildungen) selbst gewählt. Die Wände der Gemächer sind mit
Kirschbaumholz getäfelt, und helles Kirschbaumholz dient auch als Material für die
modern gehaltenen Möbel. Die violette Seide der Bezüge dieser gibt im Verein mit
dem lichten Gelbbraun des Holzes den'Räumen einen außerordentlich diskret-vor-
nehmen Ton, dem sich auch der onyxfarbige Marmor der Kaminverkleidung harmo-
nisch einfügt. Diskreten Luxus und vornehmes Behagen atmet ebenso das Schlaf-
zimmer dieser Luxuswohnung; der Baderaum, der unmittelbar mit dem Schlaf-
zimmer in Verbindung steht, spricht davon, wie man auf solchen modernen
Schiffsbauten vom Range des „Cap Trafalgar“ hygienische Anforderungen (einen
wichtigen Faktor für das körperliche Behagen des Reisenden) zu erfüllen bestrebt
ist. Um das gleich hier zu erwähnen: auf „Cap Trafalgar“ sind ganz besondere
Vorkehrungen für die Ventilation sämtlicher Räume getroffen. Nicht weniger
als 48 große Ventilatoren verteilen sich über das Schiff und gewähren teils
saugend, teils drückend einen „25fachen Luftwechsel“, wie man das technisch
nennt. Besondere Ozonisierungsapparate führen sämtlichen Passagierkabinen,
Salons, Toiletten, Bädern, Korridoren, Betriebs- und Provianträumen frischen
Sauerstoff zu, wodurch selbst bei größter Tropenhitze allezeit durch das ganze
Schiff hin eine bewegte, erfrischende Luft verbreitet wird. Wenn man bedenkt,
wie wesentlich gerade für uns Nordländer derartige moderne Errungenschaften
der Reise- und Schiffsbautechnik sind, wird man erst verstehen, daß wirklich
einmal Mut und ein abgehärteter, aller Strapazen fähiger Körper dazu gehörten,
auf den gebrechlichen Fahrzeugen früherer Zeiten in die Tropen zu reisen. Ich
kann es mir nicht versagen, aus
dem Tagebuch der „Guineischen
Reise“ Otto Friedrichs v. d. Groeben,
jener ersten brandenburgisch-preußi-
schen Tropenfahrt, ein paar Sätze
hier mitzuteilen, die davon ein Lied
zu singen wissen. „Den sechsund-
zwanzigsten Tag hat unser Volck
(Mannschaft) angefangen, (verdor-
benes) Wasser zu trincken, welches
etlichen, so des Gestancks unge-
wohnt, sehr frembde vorgekommen;
hat also in sechsundzwantzig Tagen
nach unserer Ausreise“ — die Schiffe
waren während dieser Zeit von Ham-
burg noch nicht einmal bis Gibraltar
gelangt! — „das Bier seinen Ab- und
das Wasser seinen Anzug gehalten.“
„Vor Lissabon begunte die Hitze so
kräfftig zuzunehmen, daß sie uns aus
der Kajüte getrieben und gezwungen
unter unserrn Schiffszelte in Hänge-
Matten zu schlaffen.“ Heute hat man

Cap Trafalgar: Das Verandacafe.
 
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