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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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18. Heft
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Seyfont, Paul: Ein schwimmender Palast: Zur ersten Fahrt des "Cap Trafalgar"
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https://doi.org/10.11588/diglit.31172#0540

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MODERNE KUNST.




auf Schiffen wie „Cap Trafalgar“ die reichsten Vorräte an Getränken aller Art,
isolierte Kühlräume und leistungsfähige Kältemaschinen, die nötige niedrige
Temperatur bzw. künstliches Eis zu schaffen, passiert das Trinkwasser große
Filteranlagen, um vollkommen rein (steril) und zugleich gekühlt zum Gebrauch
zu kommen, hat man endlich für den fast undenkbaren Fall, daß Mangel an
irgendwelchem Getränk eintreten könne, Destillationsapparate des neusten
Systems eingebaut, um aus Seewasser bestes Trinkwasser zu erzeugen. Dies
nebenbei zur Illustrierung der Gegensätze von einst und jetzt auf diesem
speziellen Gebiete der Hygiene im weiteren Sinne. Doch bleiben wir noch
einen Augenblick bei dem Sonderthema. Zur Hygiene bzw. Körperpflege
rechnen wir heute manches, was der alte Johann Joachim Becher, „Röm.
Kayserl. Majestät Commercien-Rath“ und „Hofmedicus“ des Kurfürsten von
Bayern, in seine Rubrik „Spiel und andere Kurtzweile“ eingereiht, sofern er
sich überhaupt hätte vorstellen können, daß derartige Einrichtungen jemals
auf einem Schiffe anzubringen wären. (Der einzige Luxus nach unsern
Begriffen, den Becher auf seinen geplanten Fahrzeugen in Rechnung gezogen
hatte, waren übrigens „je 1 Barbierer und 1 Unterbarbierer“. An Friseur-
stuben modernsten Genres fehlt es natürlich an Bord des „Cap Trafalgar“
auch nicht.) Wir meinem hier einmal die auf dem zweiten Promenadendeck
belegene, sehr geräumige Sch wimmhalle, deren von hellgrünen Kacheln gebildetes
Bassin mit stetig fließendem, temperiertem Seewasser gefüllt ist. Die um
das Bassin laufende Plattform, die die Badezellen trägt, ist breit genug, um
zugleich einer größeren Zahl von Liegestühlen zwecks Sonnen- und Luftbädern
Raum zu gewähren. Damit die Tropensonne den Badenden nicht lästig werde,
erhält man die Glaskuppel der Schwimmhalle unter ständiger Berieselung. Auch
für elektrische Lichtbäder ist in diesem schwimmenden Palaste gesorgt. Die
zweite Einrichtung dieser Art ist der recht große, mit allen erdenklichen Apparaten

Cap Trafalgar: Der Speisesaal.

garten. Seine Wände sind mit onyxfarbigen Marmorplatten bekleidet; zierliche
Korbmöbel modernen Genres geben ihm die vornehme Note. Ein großes Treib-
haus ermöglicht es, diesen Wintergarten wie auch den Speisesaal, die Salons usw.
jederzeit mit frischen Blumen zu schmücken (siehe d. Abb ). Durch Öffnen der
Glastüren läßt sich der Wintergarten, den eine gewaltige Glaskuppel in vier Meter
Höhe überdacht, über das Promenadendeck hinaus erweitern; eineTeilung des wie
bereits erwähnt sehr großen Gartens grenzt einen Raum für Raucher von einem
solchen für Nichtraucher ab. Mit „gärtnerischem Schmuck“ ist auch das Veranda-
cafe versehen, das in seiner ganzen Ausstattung durchaus an die Sommer-
veranden der großen modernen Cafes der Weltstädte und Luxusbäder erinnert.
Zählen wir an weiteren Bequemlichkeiten nur noch kurz auf: Telephon in
den Kabinen, Station für drahtlose Telegraphie, mehrsprachige Bibliotheken,
Klaviere, Dunkelkammer, Safes, Hundezwinger, Wäscherei, Plätterei, Schneiderei
usw. — so darf man wohl mit gutem Rechte „Cap Trafalgar“ einen „schwim-
menden Palast“ nennen. Für die Beförderung der Passagiere hat die „Hamburg-
Süd“ auch auf diesem ihrem jüngsten Schnelldampfer wieder vier Preisstufen
vorgesehen, und wenn auch selbstverständlich die Zimmer der II. und IIA Klasse
nicht so prunkvoll ausgestattet sind wie die Zimmer und zumal die Luxus-
kabinen der I. Klasse, so atmen doch auch sie soliden Luxus und vor allem
reiches Behagen. Große Ventilations- und Beleuchtungsanlagen zeigt das
Zwischendeck; eine breite, das ganze Schiff durchziehende Passage ermöglicht
den Verkehr zwischen den vorder- und 'Hinterschiffs untergebrachten Zwischen-
deckern, ohne daß diese erst genötigt sind, die Kajütsdecks zu betreten. Ebenso
führt ein hoher Tunnel vom Maschinenraum direkt zu den Logis der Heizer und
Kohlentrimmer, so daß diese unter Umgehung der Decks ihre Arbeitsstätte er-
reichen können.
Soviel von den Vorkehrungen, die auf einem schwimmenden Palast wie
dem „Cap Trafalgar“ heute getroffen sind, um den „Ilochteutschen“ zu gestatten,
die Seereise „halb im Schlaff, im Essen und Trinken, in Spielen und andern Kurtz-
weilen“ zuzubringen. Aber auch der prächtigste „schwimmende Palast“ dieser
Art wäre ein schlechtes Schiff, wenn er nicht in rein schiffbautechnischer Hin-
sicht eine große Reihe von Garantien böte. Da ist nun bezüglich des „Cap

Cap Trafalgar: Luxuswohnung G. (Gemach des Prinzenpaares Heinrich.1

ausgestattete Turnsaal, der sich gleich dem elektrischen Lichtbad in nächster
Nähe des Schwimmbassins befindet. Da sind Reit- und Ruderapparate, kurz
alle jene Vorkehrungen und Instrumente zur modernen Widerstandsgymnastik,
der uns Menschen von heute meist so nötigen Medikomechanik Zanders.
Die fünf für die Passagiere der ersten Klasse reservierten Decks des
„Cap Trafalgar“ stehen mit den Salons durch breite Freitreppen in Ver-
bindung, während der Verkehr zwischen den verschiedenen Decks durch einen
Lift vermittelt wird, der zugleich bequemsten Verbindung mit den beiden Prome-
nadendecks und dem auf dem Brückendeck belegenen Wintergarten gestattet.
Das erste Promenadendeck ist von außerordentlich reich bemessenen Dimen-
sionen, es gleicht einer luftigen Wandelhalle, die, bei schlechtem Wetter
durch Fenster absperrbar, jederzeit einen angenehmen Aufenthalt ermöglicht.
Auf diesem Deck liegen zugleich Rauchsalon und „Boudoir“. Es gibt gewiß
nur wenige „Festlandhotels“, die so behagliche elegante Rauch- bzw. Damen-
zimmer aufweisen können, wie diese Räume es auf „Cap Trafalgar“ sind
(siehe d. Abb.). Der Rauchsalon hat dunkelmahagonifarbene Wand- und Decken-
täfelung, zu der die in den Formen geradezu raffiniert behaglich ersonnenen
Sessel und Bänke mit ihrem grünen Lederbezug wundervoll harmonieren.
Dazu das durch Glasmalereien diskret gedämpfte Oberlicht — man sieht,
der „Innenarchitekt“ des „Cap Trafalgar“ war ein Meister in seinem Fach.
Das Boudoir andrerseits ist auf die vornehme Eleganz der Damen von Welt
abgestimmt. Gleich dem ersten Promenadendeck ist auch das zweite durch
bewegliche Fenster gegen Witterungseinflüsse zu sichern und gestattet dabei
Ausblicke nach allen Seiten hin; daß diese Promenadendecks Raum für Liege-
stühle, zum Bordspielen usw. bieten, versteht sich von selbst. Das zweite
Promenadendeck umschließt nun als besondere Attraktion einen sowohl seiner
Architektur, wie seiner Einrichtung nach überaus reizvollen, großen Winter-

Cap Trafalgar: Das Treibhaus.
 
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