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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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18. Heft
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Seyfont, Paul: Ein schwimmender Palast: Zur ersten Fahrt des "Cap Trafalgar"
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https://doi.org/10.11588/diglit.31172#0541

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MODERNE KUNST.




Cap Trafalgar: Eine gewöhnliche Kabine erster Klasse.
Trafalgar“ zu sagen, daß alle modernen Anforderungen an Qualität und Sicher-
heit erfüllt sind. „Cap Trafalgar“ hat als erstes deutsches Schiff eine Maschinen-
anlage erhalten, die in Mochdruck-
kolbenmaschinen für die Seitenschrau-
ben und einer Abdampfturbine für die
Mittelschraube besteht. Beim Manöve-
rieren schaltet die Turbine automa-
tisch aus, so daß dann also nur die
Kolbenmaschinen bzw. die Seiten-
schrauben arbeiten. Schon auf der
Probefahrt zeigten sich die hohen
Qualitäten des Kolosses: „Cap Tra-
falgar drehte wie auf einem Teller“
heißt es in dem Berichte an die
deutsche Seewarte. Natürlich sind
außer diesen Hauptmaschinen noch
eine Anzahl von Hilfsmaschinen an
Bord vorhanden. Darunter ist nament-
lich ein „ Benzin -Dynamo “ zu er-
wähnen, der auf dem Bootsdeck seinen
Platz gefunden hat und in erster Linie
den Zwecken einer etwaigen Not-
beleuchtung dienstbar zu machen ist.
Zugleich sind an diesem Dynamo auch
alle elektrisch betriebenen Kommando-
apparate und die Vorrichtungen zur
drahtlosen Telegraphie angeschlossen.
Die rund 4500 elektrischen Lampen, die das ganze Schiff erleuchten, werden
im übrigen von 4 Turbo-Dynamos zu je 150 Kg.-Watt gespeist. Die Heizungs-
anlage des „Cap Trafalgar“ arbeitet mit drei Atm. Dampfdruck; sie ist derart
eingerichtet, daß selbst bei höheren Kältegraden (—10») eine Innentemperatur
von Zimmerwärme und darüber (+20o) erzeugt wird, und daß jede Außenkabine
erster Klasse ihren eignen, vom Passagier zu regulierenden Heizkörper (Radi-
ator) besitzt. Der Kühlanlagen gedachten wir schon oben in Kürze; hier
sei deshalb nur noch erwähnt, daß die beiden Kühlmaschinen des „Cap
Trafalgar für 100 000 bzw. 60000 Kalorien konstruiert sind. Bei so mächtigen
Schiffen wie „Cap Trafalgar“ sind ja die lästigen Übel der Seekrankheit
ohnehin schon so gut wie ausgeschlossen; um sie noch weiter einzuschränken,
ist der Dampfer mit den bewährten Frahmschen „Schlingertanks“ ausgerüstet
worden. Eine ganze Reihe von Vorkehrungen gewährleisten die Sicherheit
der Passagiere. Zunächst ist für jede einzelne Person genügender Bootsraum
vorhanden, sodann hat das Schiff eine größere Anzahl wasserdichter Schotten,
die von der Kommandobrücke aus hydraulisch geschlossen werden können.
Ein elektrisch beleuchtetes Nummerbrett auf der Brücke zeigt selbsttätig an,
welche Schotten offen und welche geschlossen sind. Auf der Brücke hat auch
ein anderer ingeniöser Apparat der modernen Schiffbautechnik Platz gefunden:
ein mechanisch betriebener Geschwindigkeitsmesser nämlich, der automatisch
in jedem Augenblick die Fahrgeschwindigkeit des Schiffes anzeigt. Bei der
Rudermaschine (Steuer) nach Brown ist die Hauptmaschine auf der wandernden
Pinne angeordnet, die Hilfsmaschine dagegen mit besonderem Quadranten
ortsfest aufgestellt.
Erwähnen wir endlich noch, daß jede Passagierklasse auf „Cap Trafalgar“
separierte Pforten zum Ein- und Aussteigen hat, daß absolut geräuschlos arbei-
tende, elektrische Winden das Gepäck an Bord nehmen oder absetzen, und daß
die beiden Buganker, die dazu dienen, den Koloß auf Ankerstellen festzuhalten, je

Cap Trafalgar: Der Turnsaal.

5900 kg Gewicht haben, so ist das Wesentlichste auch auf diesem Gebiete des
rein Schiffsbautechnischen mitgeteilt.
Zweifellos wird man nach alledem wohl den Eindruck gewonnen haben,
daß „Cap Trafalgar“ heute gleichsam eine Klasse für sich darstellt. Und wenn
in einem Trinkspruch während der Probefahrt darauf hingewiesen wurde, die
deutschen Südamerikadampfer hätten in englischen, italienischen und französischen
Linien eine scharfe Konkurrenz, so braucht die „Hamburg-Süd.“ solche
Konkurrenz bei Schiffen wie „Cap Finisterre“ und namentlich „Cap Trafalgar“,
diesem jüngsten Kinde der stolzen Hamburger Handelsflotte, diesem neusten
Wunder deutscher Schiffsbautechnik, gewiß nicht zu scheuen. Noch mehr:
Schiffe von so hohem Range wie „Cap Trafalgar“ werden dazu beitragen, die
deutschen Handelsbeziehungen zu Südamerika, die ja in stetem Wachstum be-
griffen sind, noch eifriger und fester zu gestalten. Es ist mehr als nur ein
glückverheißendes Omen dafür, daß die „Hamburg-Südamerikanische Dampf-
schiffahrtsgesellschaft“ und ihr „Cap Trafalgar“ dazu auserlesen waren, den
Prinzen Heinrich zu jenen Ländern zu führen. In diesem Zusammenhänge er-
scheint es gewiß bemerkenswert, daß die deutsche Kolonialidee schon zu Bechers
Zeiten gerade Südamerika in Betracht zog. Unter den Akten, die Becher in
seinem „Politischen Diskurs“ veröffentlicht, findet sich auch ein Plan der
Kolonisation Guyanas, die „Hanau-West Indische Sache“. Wenn wir auch heute
über vieles lächeln, was Becher zur Verteidigung dieser „Sache“ anführt —
u. a. sagt er einmal, daß die „Lufft und Erd hieraussen besser temporiert, an-
gesehen die Indianer darinnen so alt werden, daß sie vor Alter endlich umbfallen“! —
so ist doch nicht zu verkennen, daß seine Pläne außerordentlich weitsichtig
waren. Im Schlußwort klagt er, daß „er selbsten dieser West-Indischen Sachen
wegen zum äußersten verfolgt würde“, aber, tröstet er sich, „so wird doch
endlich dieses Wesen unversehens
erhoben werden“. Diese Prophezeiung
hat sich bis zu gewissem Grade längst
erfüllt: die neuere Geschichte der
südamerikanischen Staaten lehrt deut-
lich, welch wichtiges Kulturelement
allgemach das Deutschtum hier ge-
worden ist. In seinem wissensreichen
Werke über Brasilien betont Kapitän
Dr. W. Vallentin jedoch zugleich, daß
die öffentliche Meinung in Deutsch-
land noch immer vielfach an ver-
kehrten Vorstellungen über süd-
amerikanische Zustände kranke, und
daß der solcher Unkenntnis ent-
stammende Mangel an Interesse das
schwerste Hindernis deutscher Unter-
nehmungen auf südamerikanischem
Boden sei. Gerade in Südamerika sei
ein großes Kulturleben in mächtiger
Entwicklung begriffen, die um so
rascheren und höheren Aufschwung
nehmen würde, je mehr Kapital und
Arbeit aus Europa einströmten. „Wird
das deutsche Volk hierbei eine füh-
rende Rolle spielen? W’ird es einsehen, ehe es zu spät ist, daß hier auf dem
südamerikanischen Erdteil ein Stück seiner Zukunft liegt?“ Schiffe wie „Cap
Finisterre“ und namentlich „Cap Trafalgar“, die man geradezu als Kulturträger
bezeichnen kann, und das Verbindungsnetz, das die „Hamburg-Südamerikanische
Dampfschiffahrts-Gesellschaft“ immer dichter zwischen Deutschland und Süd-
amerika knüpfte, sind gleichsam eine Antwort auf solche Fragen.

Cap Trafalgar: Luxus-Schlafzimmer, mit Durchblick in das Badezimmer
 
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