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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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18. Heft
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K. k. priv. Kaschau-Oderberger Eisenbahn
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https://doi.org/10.11588/diglit.31172#0542

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K. k. priv. Kaschau-Oderberger Eisenbahn.

sie k. k. priv. Kaschau— Oderberger Eisenbahn ist nächst der
Südbahn das älteste, selbständige Privatunternehmen der österr.-
ungarischen Monarchie. Ihre Konzessionsurkunde datiert noch
aus dem Jahre 1866, die Inbetriebsetzung der Hauptlinien erfolgte am
5. Januar 1873. Mit Zurechnung der von ihr verwalteten Lokalbahnen
beträgt das Gesamtnetz der Kaschau—Oderberger Eisenbahn derzeit 716 km.

Das Verkehrsgebiet der Kaschau -

-Oderberger Eisenbahn umfaßt die

schönsten Gegenden Ungarns, allen voran die Hohe Tatra, dieses in seiner
Art einzig dastehende Hochgebirge Mitteleuropas. Ihre Haupteigentüm-
lichkeit besteht darin, daß sie sich auf der Südseite von einem Hoch-
plateau unvermittelt bis zu 2663 m Höhe erhebt. Sie bietet alle jene
Großartigkeiten der Natur, die den Alpen so zahlreiche Freunde und
Bewunderer erobert haben. Blumenreiche Matten zwischen dunkeln Nadel-
wäldern, rauschende Gießbäche mit prächtigen Wasserfällen, steile Fels-
wände, buntumränderte Seen und ausgedehnte Schneefelder, umrahmt von
himmelanragenden Granitzipfeln entzücken den Touristen, der bis in die
Kare der Hochtäler vordringt. Die Reise in die Hohe Tatra ist den
deutschen Reisenden überaus bequem gemacht. Auf der Grenzstation in
Oderberg kommen wir auf die k. k. priv. Kaschau—Oderberger Eisen-
bahn, deren vornehm ausgestattete Wagen wir bis Pbprädfelka benutzen.
Zwei von Berlin abgehende Züge bringen in der Sommersaison die
Reisenden in preußischen D-Zug-Wagen ohne Warenwechsel bis
an den Fuß der Hohen Tatra, und zwar der um 12 Uhr nachts von
Berlin abgehende, in nicht ganz 15 Stunden nach Poprädfelka, der um
8-36 Uhr morgens abgehende in noch kürzerer Zeit sogar bis Tätralomnicz.
Ein höchst wichtiger Vorzug der Reise in die Hohe Tatra ist der außer-
gewöhnlich billige Preis der Fahrt bei Benutzung der Rückfahrtkarten.
Derselbe beträgt in der I. Klasse 40 Kronen, II. Klasse 25 Kronen und
in der III. Klasse nur 18 Kronen. Diese
Rückfahrtkarten gelten 45 Tage, berechtigen
auch zu je einer Berg- und Talfahrt auf der
Zahnradbahn von Csorba zum Csorbasee
und zur Fahrtunterbrechung in einer großen
Zahl von Stationen. Zur Bequemlichkeit der
Reisenden ist in Poprädfelka eine eigene
Zollexpositur errichtet. Auf der österreichi-
schen Strecke durchschneidet die Bahn das
Dombrau-Karwiner Kohlenrevier und führt
zur alten Herzogstadt Teschen. Die Stadt
macht einen durchaus modernen Eindruck
und hat durch ihre Gewerbetätigkeit bedeu-
tende Ausdehnung gewonnen. Die Fahrt
geht über Trzynietz (bedeutende Eisenwerke
der österr. Berg- und Hüttenwerksgesellschaft)
undjablunkau nach Csacza, der ersten Station
im Königreich Ungarn. Von hier geht die
Fahrt ins Tal der Kiszucza hinab. Hart an
der Bahnstrecke, nächst der Station Zsolna,
steht die Ruine der Feste Budatin. Auf der Weiterfahrt sieht man links
der Station Rözsahegy die Trümmer der Burg Ljetava, die malerische
Ruine Sztrecsnö und jene von Övär, dann führt der Weg nach Ruttka,
wo sich die große Hauptwerkstätte der Kaschau—-Oderberger Eisenbahn
befindet. Abzweigung der Ärvatalbahn nach Ärvaväralja. Schloß Arva,
eine der großartigsten Burgen Ungarns, spielte in der Geschichte des
Landes oft eine Rolle. Sie erhebt sich auf einem II I m hohen, jäh auf-
ragenden Felsen und bietet prachtvolle Aussicht auf das Hügelland. Von
Ruttka kommen wir über Fenyöhäza, Rözsahegy, Liptöszentmiklös nach
Csorba, (Csorbatö), wo man sich auf der europäischen Wasserscheide zwi-
schen
der Ost-
see und
dem
Schwar-
zen
Meere
befindet.
Die
Schön-
heit des
Csor-
baer
Sees, mit
seiner
wunder-
vollen
Um-

Kaschauer Dom.

gebung rechtfertigt seine Bezeichnung als „Perle der Tatra“. Wer ihn vom
Sonnenlicht überflutet oder im milden Licht des Vollmonds erschaut hat, wird
sein Bild ge-
wiß nie aus der
Erinnerung
verlieren. End-
lich gelangen
wir nach Po-
prädfelka und
von hier aus
nach Tätra-
lomnicz, der
eigentlichen
Endstation der
Tätrabesucher.
Bevor wir an
die Beschrei-
bung dieses
herrlichen
Luftkurorts
schreiten, wollen wir noch in aller Kürze einige Städte Oberungarns er-
wähnen, die ob ihrer prächtigen Denkmäler des Mittelalters besuchenswert
sind. Da ist vor allem Kesmärk, Station der Poprädtalbahn, von Popräd-
felka 14 km entfernt. Die Stadt wird schon im 13. Jahrhundert als „Forum
Caseorum“ erwähnt und erhielt in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts
besondere Freiheiten und Privilegien. Vor allem besuchen wir das Thö-
kölysche Schloß, welches an Stelle eines alten, schon 1190 errichteten
Nonnenklosters erbaut wurde. Das Schloß ist mitMauern umgeben, aus denen
Basteitürme hervorragen, an denen noch zum
Teil Sgraffiten der Renaissance des 16. Jahr-
hunderts wahrnehmbar sind. Die Schloß-
kapelle ist ein Bauwerk der Renaissance
des 17. Jahrhunderts. An der linken Seite
des Sanktuariums steht ein Kirchenstuhl mit
prachtvollen Schnitzereien undlntarsien. Einer
Inschrift zufolge wurde dieses Kunstwerk
durch Meister Lang im Jahre 1544 errichtet.
Bemerkenswert ist noch ein wundervoll ge-
arbeiteter Chorstuhl in der Marienkapelle,
welcher laut Inschrift im Jahre 1469 von
Meister Simon angefertigt wurde. Ferner die
alte evangelische Holzkirche, welche beson-
ders wegen ihrer Holzkonstruktion, aus dem
Jahre 1717 stammend, bemerkenswert ist.
Sehenswürdigkeiten sind ferner das im Jahre
1461 erbaute und 1533 erneuerte Rathaus mit
Bur" Äiva dem Turme und das im Jahre 1533 gegrün-
dete evangelische Lyceum mit einer Biblio-
thek von 21000 Bänden. Löcse (Lcutschau). Eine interessante, an die
alten deutschen Städte erinnernde Stadtgemeinde mit vielen mittelalter-
lichen Baudenkmälern. Zu erwähnen: die Jakobskirche, eine der größten
Hallenkirchen Ungarns, und das Rathaus mit freistehendem Turme.
Kassa (Kaschau). Die bedeutendste Stadt Oberungarns. Berühmt der
Elisabethdom, ein Kunstwerk ersten Ranges, das vielfach als die schönste
gotische' Kirche Ungarns genannt wird. Dieser wirklich sehenswerte
Bau wurde nach dem Jahre 1374 von dem französischen Baumeister
Villard d’Honnecourt begonnen, aber erst zwei Jahrhunderte später
vollendet. In der dort selbst befindlichen Gruft liegen die Überreste
Franz Räkoczis II., seiner Mutter Helene Zrinyi, des Grafen Nikolaus
Bercsenyi und anderer ungarischen Freiheitshelden. Höhenkurorte:
Tätralomnicz. Dieser hervorragende Höhenkurort, von der Internationalen
Schlafwagen-Gesellschaft gegründet, untersteht jetzt der ungarischen Re-
gierung. Großartiges Palasthotel, ist mit seiner stilvollen Einrichtung
einzig in seiner Art. Verpflegung im Palacehotel 9 K, Kinder unter
10 Jahren 5 K, Begleitpersonal 4 Iv pro Tag. Sommersport. Es werden
Lawn-Tennis, Golf, Kricket usw. in ausgedehntem Maße geübt. In der
Wintersaison stehen alle norwegischen und sonstigen Wintersportmittel
(Schlittschuh, Rennwolf, Ski, Bobsleigh, Tobogan usw.) zur Verfügung
der Gäste. Besonders zu erwähnen: Jagd und Fischerei in den Wäldern
und Bächen des k. ung. Forstärars. Den Kurgästen ist gegen Erlag der
festgesetzten Taxen die Jagd auf Gemsen, Hirsche, Rehe, Auerhähne und
Bären gestattet. Für Touristen bietet sich eine Reihe schöner Ausflüge.
Ö-Tätrafüred (Alt-Schmecks), Uj-Tätrafüred (Neu-Schmecks) und Alsö-
Tätrafüred (Unter-Schmecks) und Tätraszeplak sind in der unmittelbaren
Nähe von Tätralomnicz gelegene Kurorte mit modern eingerichteten
Hotels und Bädern und überaus lieblicher Umgebung.

Popräder See.

XXVIII. Fr.-No. E.-ß.
 
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