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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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BEILAGE ZUR „MODERNEN KUNST“.


Adolf Menzel und Paul Heyse.

Paul Heyse.
Es war auch um ihn, den man in seiner
Jugend und in seinem Mannesalter, wie sein
unerreichbares Vorbild Goethe, einen Liebling
der Götter und Menschen nennen konnte, stiller
geworden. Wohl erweckte die Nachricht, daß
Heyse den Nobelpreis erhalten habe, vor einigen
Jahren in Deutschland tiefe, berechtigte Freude;
aber der Dichter war doch mehr eine historische
Persönlichkeit geworden, als daß er auf unsere
Zeit lebendig wirkte. Das Drama „Maria von
Magdala“ hat als eines seiner letzten Werke
die Öffentlichkeit auf Paul Heyse zurückgelenkt;
da wurde seine Aufführung aus religiösen Be-
denken von der Zensur verboten. Freilich hätte
es wohl ebensowenig wie die übrigen Bühnen-
stücke dieses Dichters, dessen Stärke in der
Novelle und Lyrik lag, eine tiefgehende
Wirkung ausgeübt. Jetzt blieben Paul Heyse,
der Goethe an Lebensalter um zwei Jahre
übertroffen hat, die Altersbeschwerden nicht
erspart. So mag ihm, für den als Jüngling
alle Erdenfreuden geschaffen zu sein schienen,
um seine herrlichen Anlagen höher hinaufzu-
tragen, der Tod als ein Freund genaht sein.
Wahrlich hat das Glück Heyse in seiner
Jugend umgeben. Diesem hochbegabten Sohne
des Sprachforschers K. W. L. Heyse und einer
klugen, beweglichen Mutter standen durch das
Vaterhaus Beziehungen zu der Bildungsaristo-
kratie Berlins, das seine Heimat war, zu den
Humboldts, Mendelssohns, Bock und Steinthal
offen. In Bonn studierte er romanische Sprachen,
zu denen er sich durch sein Formtalent hinge-
zogen fühlte; und als er nach Berlin zurück-
kehrte, führte er die Tochter des Kunsthistori-
kers Franz Kugler als Gattin heim. Wenn
unsere Abbildung Adolf Menzel vereint mit Paul
Ileyse in seinem Münchener Hause zeigt, von
dessen Wänden Gemälde Lenbachs herabgrüßen,
so hat Menzel schon auf Paul Heyses Hochzeit
nicht gefehlt. Der später so bärbeißige Meister
wirkte damals am Polterabend mit, indem er im Kin-
derröckchen mit einem hölzernen Pferdchen auf dem
Boden kauerte.
München sollte die eigentliche Heimat Paul Heyses
werden, von der dieser meisterhafte Übersetzer Leo-
pardis, Alfieris, Manzonis und der italienischen Volks-
lyrik immer wieder Ausflüge nach Italien unternahm,
wie er ja auch in Gardone am Gardasee eine Villa be-

saß. Bekanntlich hat ihn Emanuel Geibels Vermittlung
an die Tafelrunde des Königs Max berufen, und das
bayerische Königshaus blieb dem Dichter auch nach dem
Tode dieses Herrschers freundschaftlich nahe. Stets
hat sich Heyse als ein Geistesaristokrat und eine durch-
aus aufrechte Persönlichkeit bewährt, die für die Frei-
heit der Kunst aufs entschiedenste eintrat. In selbst-
loser Weise warf er sein Gewicht z. B. für Ludwig

Anzengruber und Hermann Sudermann in die
Schale, trotzdem ihm dessen Kunst wenig zu-
sagte und es seit dem Aufkommen des Realis-
mus Mode geworden war, über Heyse als einen
Schönling die Achseln zu zucken. Für sein
Begräbnis hat er ähnlich wie Theodor Storm
bestimmt: „Auch bleibt der Priester meinem
Grabe fern.“
Wenn von den Dramen Paul Heyses die
beiden Stücke „Hans Lange“ und „Kolberg“
wiederholte Aufführungen erlebt haben, so
lag dies mehr an den patriotischen Motiven,
während der eigentliche Bühnengeist dem
Dichter, wie er zu seinem Schmerze fühlte,
versagt blieb. Dagegen hat er seinerzeit als
der anerkannte Meister der Novelle gegolten,
die er in Prosa wie in Versen mit glänzender
Virtuosität beherrschte. Uns Heutigen will
freilich seine Psychologie, die er in etwas will-
kürlicher Weise handhabt, nicht recht genügen,
und es ist wahrscheinlich, daß spätere Zeiten
vor allem den Lyriker Heyse hochschätzen
werden. Jedenfalls spricht sich in seinem
Schaffen, besonders in seinen Novellen, ein
malerisches Element aus, das seine Freude am
Verkehr mit Malern erklärt, wie ja auch Heyse
in diesem Milieu seinen zweiten großen Roman
„Im Paradiese“ spielen ließ, der 1876 den
„Kindern der Welt“ folgte. Treffend führt
Georg Brandes in seinem ausgezeichneten Essay
über den Dichter aus, daß sich ihm bei Kon-
zeption seiner Novellen, wenn er die Augen
schloß, der innere Gesichtskreis zuerst mit
Gestalten belebt hat. Schöne äußere Formen
und Bewegungen, die Haltung eines anmutigen
Kopfes, eine reizende Eigentümlichkeit in
Stellung und Gang haben ihn ganz auf dieselbe
Weise beschäftigt wie den Maler oder Bild-
hauer. Eine solche Reimsituation sei z. B.
in „L'Arrabiata“ — wohl der vollendetsten
Heyseschen Novelle — der Biß in die Hand.
Von weiteren Novellen seien hier noch „Der
Centaur“, „Zwei Gefangene“, „Die Stickerin
von Treviso“ und andere genannt.
Die Versnovellen, wie „Die Furie“ und der meister-
hafte „Salamander“, leiten zu dem Lyriker Paul Heyse
über, der uns in den Totenliedern für seine früh ver-
storbenen Kinder wohl das Schönste geschaffen hat. Nun
ist an ihm selbst das Wort erfüllt, mit dem er damals
seinen tiefsten Schmerz zu bändigen und zu beruhigen
suchte: „Auch wir vergehn ; und das ist Trost genug.“ d.


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