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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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MODERNE KUNST.





dunkelte Bühne schrei-
tet, übt einen merk-
würdigen Eindruck auf
den Zuschauer aus.
Fast jede andere
Charaktertänzerin hat,
und sei es lediglich
wegen des Gegensatzes,
auch heitere Schöpfun-
gen in ihr Repertoir
aufgenommen; das ist
bei Rita Aurel ausge-
schlossen ; ihr liegen
mehr die visionären
Tänze, vielleicht auch
noch Tanzschöpfungen
im Genre der Salome.
Auch in München, wo
ein reiches künstleri-
sches Leben herrscht,
fanden die Darbietun-
gen der jungen Künst-
lerin bei Malern und
Kunstfreunden tieferes
Verständnis, um so
mehr, als diese Kunst
nicht etwa auf einer
großen Varietebühne,
sondern in einem ganz
intimen Rahmen ge-
boten wurde. V. H.
*. ■ *


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Martha Kriwitz in „Jung England".
Phot. Willinger, Berlin.

Martha Kriwitz,
die vor ein paar Jahren
aus der sogenannten
Provinz nach Berlin kam, ist hier in dieser der Tanzoperette besonders günstigen
Zeit schnell auf die Höhe getragen worden. Die Künstlerin ist nicht mit der
Absicht zur Bühne gegangen, sich der
Operette zu widmen; ja, als sie in
Wien auf ein Konservatorium kam,
da dachte sie zunächst überhaupt nicht
an die Bühne, sondern wollte Pianistin
werden. Erst als ihr bildungsfähiges
Organ und ihre schauspielerische Be-
gabung entdeckt wurden, kam die
Laufbahn der Sängerin in Betracht,
aber der Ehrgeiz richtete sich zunächst
ausschließlich auf die große Oper, und
die nun für das Theater begeisterte
Konservatoristin studierte mit unab-
lässigem Bemühen in erster Linie alle
die berühmten jugendlich dramati-
schen Partien. Daß sie daneben die
pianistische Ausbildung nicht vernach-
lässigte, verschaffte ihr jene gründ-
liche musikalische Durchbildung, die
ihr heute vor ihren Kolleginnen von
der Operette geradezu eine Ausnahme-
stellung verschafft. Seit Direktor Monti
die junge Sängerin für Berlin gewann,
hat sie sich ganz in den Dienst der
Operette gestellt und erst im Theater
des Westens und jetzt in dem Operettentheater am Schiffbauerdamm die Erfolge
der Montischen Novitäten in ganz hervorragender Weise mit entschieden. Die
„Schöne Helena“ mit der sie schon in Wien lebhafte Anerkennung gefunden
hatte, war seinerzeit bei den Aufführungen im Theater des Westens unter Rein-
hardts Regie ihr Berliner Debüt, und wie sie damals durch ihre natürlich frische,
scharmante und dabei stets dezente Art im Fluge die Herzen gewann, so hat sie
sich die Sympathien bis heute erhalten und in letzter Zeit noch gesteigert durch
die wahrhaft entzückende Wiedergabe der leichtlebig-pariserischen Ministergattin
in Leo Falls Operette ,, Jung-England“, die seit Mitte Februar den Spielplan in
Montis Operettentheater beherrscht und diesen Dauererfolg nicht zum wenigsten
der hinreißenden Leistung des Fräulein Kriwitz zu verdanken hat. k .

Rosita Lhevinne.
Phot. Gersford, New York.

Ein seltsames Reittier. Als seltsamstes Reittier scheint sich jetzt auch
das Schwein in den Dienst des Menschen zu stellen, zeigt doch unser Bild einen
englischen Sportsman Mr. Wingfield beim Spazierritt auf einem veritablen
Schwein! Das Tier trägt dabei einen richtigen Zaum und einen Sattel mit
Steigbügeln. Über den Geschmack läßt sich nicht streiten, und schließlich mag

Rußland geboren, bekundete er schon mit fünf Jahren ein außergewöhnliches
Talent, das zunächst von dem Schweden Crysander in Moskau weitergebildet
wurde. Kaum acht Jahre alt, sah ihn die erstaunte Stadt bereits auf dem
Podium. Nun nahm sich seiner der berühmte damalige Direktor des Moskauer
Kaiserlichen Konservatoriums, Exzellenz Wassili von Safonoff, an, und unter
seinem strengen Regime wuchs der Knabe den höchsten Zielen zu. Bald sprach
man überall von ihm: die größten Berühmtheiten dieser Zeit, Anton Rubinstein,
Rimsky-Korsakow und Tschaikowsky, bewunderten bald den neuen Liebling
der Musen, der mit 17 Jahren das Virtuosendiplom mit der goldenen Medaille
und 1S95 sogar unter 32 Bewerbern den so heißersehnten großen Rubinstein-
preis erhielt. Wer so eingeführt wird, braucht nicht, mehr um sich zu sorgen.
Man riß sich bald um seine Mitwirkung in den Konzerten. Doch band er sich
weiterhin für zwei Jahre als Lehrer an die Kaiserliche Musikschule in Tiflis
und für weitere vier Jahre als Professor des Klavierspiels an das Institut,
dessen Schüler er einst war. Als die Hochschule wegen politischer Wirren 1906
eine Zeitlang geschlossen wurde, ging der junge Künstler wieder auf Reisen, die
ihn auch nach Nordamerika, Kalifornien und Mexiko führten. Seit einiger Zeit
gehört er aber der Reichshauptstadt. In dem schönen Villenvorort Wannsee
hat er sich ein Haus erbaut, nach dem zahlreiche Schüler wallen, um seinen
vorzüglichen Unterricht zu genießen. Ein glücklicher Mensch! Noch ein anderes
Glück ward ihm zu teil. Er fand

im Moskauer Konservatorium
seine treue Lebensgefährtin, deren
pianistische Leistungen am besten
dadurch charakterisiert werden,
daß sie schon mit 17 Jahren die
goldene Medaille erhielt, eine Aus-
zeichnung, die seit dem fünfzig-
jährigen Bestehen des Instituts
nur dreimal an Frauen erteilt
wurde. Man kann sich leicht
vorstellen, wie dieses pianistische
Dioskurenpaar zusammen musi-
ziert. In der Tat sind ihre Vor-
träge auf zwei Klavieren berühmt
geworden. Nicht mit Unrecht
sagte der glänzende russische
Komponist Cäsar Cui von ihnen,
sie seien „das harmonischste Paar
der Gegenwart“. Dr. P. E.
* :ü
Mlle. Rita Aurel. Unter

den zahlreichen Charaktertänze-
josef Lhevinne.
rinnen der Gegenwart nimmt Phot. Gersford. New York.
Rita Aurel, welche mit ihrem
Schattentanz „Die Irrende“ in Wien, München und auch in Berlin gerechtes
Aufsehen erregte, eine besondere Stelle ein. Die Künstlerin, welche sich voll-
ständig dem seriösen Genre in der Tanzkunst zugewendet hat, absolvierte bisher
nur Gastspiele, zu Berlin im verflossenen Winter im Theatersaale der Hochschule
für Musik in Charlottenburg. Sie trug bei ihren neuesten Schöpfungen ein endlos
langes Gewand nach Art der japanischen Frauenkostüme, welches die hohe
schlanke Gestalt
umflatterte und
allen grotesken
Bewegungen der
Arme und Beine
folgte. Ganz be-
sonders kam die
beredte Mimik und
die charakteristi-
sche Geste der
Tänzerin zu Hilfe.
In dem oben er-
wähnten Schatten-
tanz „Die Irrende“
tanzt Miß Aurel
gleichzeitig schein-
bar mit ihrem
eigenen Schatten
um die Wette. Das
langflatternde
Haar, die schlan-
genartigen Bewe-
gungen der Arme
und die hohen
Stepptritte, mit
denen die gespen-
stische Erschei-
nung über die ver-
Rita Aurel: Die Irrende.
Phot. Becker & Maaß, Berlin.
 
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