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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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24. Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.31172#0731

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MODERNE KUNST.



auch sicherlich in ihrer Entwicklung um mehrere
Jahre zurückgeworfen. Die Stabilität des Lilien-
thalschen Flugapparats erwies sich zu gering,
und am u. August 1896 erlitt der Erfinder bei
seinen Versuchen mit einer neuen Horizontal-
steuerung in den Rhinower Bergen einen Sturz
aus fünfzehn Metern Höhe, der ihm verhängnis-
voll wurde, und an dessen Folgen er tags darauf
verschied. Die Ursache des traurigen Geschicks
ist niemals klar erkannt worden; man vermutet
nur, daß ein falsches Manöver bei der Schwer-
punktsverlegung das folgenschwere Unglück ver-
schuldet hat. In den Anlagen am Teltowkanal
zu Lichterfelde ist kürzlich dem Andenken des
Vorkämpfers der Fliegekunst ein Denkmal er-
richtet worden, das in Gegenwart einer zahl-
reichen Menschenmenge feierlich enthüllt wurde.
Das Monument ist vom Bildhauer Peter Breuer
geschaffen und zeigt einen geflügelten Jüngling,
dessen Blick zu den Wolken gerichtet ist, auf
hoher Steinpyramide. Die Vorderfläche der
Pyramide trägt die Büste Otto Lilienthals, den
auch die Hoffnung auf eine erfolgreiche Zukunft
der Aeronautik im Tode nicht verließ. Wie herr-
lich sich diese Hoffnung erfüllt hat, bewies der
Flieger, der während der Denkmalsenthüllung
das Standbild in eleganten Kurven umkreiste und
den Triumph verkörperte, den die Flugtechnik
seit Lilienthals Tod erlebt hat. Das war zugleich
die größte symbolische Huldigung, die dem be-
deutenden Pionier der Fliegekunst an der Stätte
seines Wirkens dargebracht werden konnte. Die
Redner feierten Otto Lilienthal als Menschen, als
Ingenieur und als Genie; sie wiesen u. a. auch
auf die vielfältigen Anregungen hin, welche die
moderne Flugtechnik seinem aufschlußreichen
Buche „Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst“ zu verdanken hat, und
wie sehr gerade Lilienthals Versuche zur Verwirklichung der jahrtausendealten
Ikarussehnsucht beigetragen haben. g. a.
* *
&
Kolossalfiguren am Strande von Westerland. Wenn unserer Plastik
Aufgaben gestellt und Aufträge erteilt werden, so kann man sich darüber nur
freuen. Lange Zeit waren das Denkmal, die Brunnenanlage und höchstens
noch die Porträtbüste die einzigen Gelegenheiten, bei denen der Plastiker
hinzugezogen werden mußte. Etwas anderes ist es mit den Reproduktionen
gefälliger Figuren als Zimmerschmuck, da es sich hier nicht um Aufträge handelt,
sondern nur um eine Auswahl aus reichlich vorhandenem Material. Wieviel
Gutes könnte der Plastiker aber für den äußeren Schmuck von Häusern und
Plätzen, für Gartenanlagen und Zimmerdekorationen wirken. Einen der vielen
Wege, die hier möglich sind, hat Professor Ludwig Manzel, der Präsident der
Königlichen Akademie der Künste zu Berlin, beschriften, als er kürzlich für
die neuen Strandanlagen von Westerland-Sylt zwei Monumentalfiguren im Auf-
träge ihres Stifters, Emil Repphan, Charlottenburg, herstellte. In ihnen kommt

die Poesie des Meeres, dem sie beide zugekehrt
sind, in treffender Weise zum Ausdruck. Der
Triton, der auf dem Wasserpferde sitzt und
kräftig in sein Horn stößt, ruft die Gedanken
an den Sturm wach, der mit seinem Brausen über
die Wogen hinfährt. Er verkörpert die Macht
und die Wucht der See. Anders die Frauen-
figur, an Europa erinnernd, die von ihrem Wasser-
stier träumend und sehnsuchtsvoll in die Weite
blickt. In ihr hat die Sehnsucht, die das Meer
mit seiner Weite an sonnenhellen Tagen in uns
wachruft, Gestalt angenommen. So dienen diese
beiden Monumentalfiguren den neuen Strand-
anlagen auf Westerland-Sylt zu einer charakter-
vollen Zierde. d.
* *
*
Anbetung der Sonne. Der Kult der
himmlischen Gestirne, vor allem die Anbetung
von Sonne und Mond, ist ein Brauch, dem wir
fast überall auf frühen Stufen der Religiosität
begegnen. Zumal die Naturvölker Amerikas, und
unter ihnen wieder in erster Linie die Altmexi-
kaner, waren ausgesprochene Sonnenanbeter.
Vitzliputzli, der Nationalgott der Azteken, der
gleich in Wehr und Waffen aus der Erde geboren
wird, um das Heer der feindlichen Brüder, der
Sterne, zu verscheuchen, ist nur eine Personi-
fikation der Sonne, und der berühmte Humboldt-
sche Kalenderstein, der im Berliner Völkerkunde-
Museum bewahrt wird, ist ein Bild des Sonnen-
gottes. An den Festen der Sonne opferte man
in Mexiko selbst Menschen, und die Sonnen-
erneuerung ward symbolisch durch Erzeugung
neuen Feuers dargestellt. Um solchen Sonnenkult
recht zu verstehen, brauchen wir uns ja nur die
Bedeutung des himmlischen Gestirns, von dem
der Jnder singt; „Sie, die am Himmel wandelt, die Sonne, sie ist der Tod“,
für jegliches Erdenleben klar zu machen, brauchen wir uns nur die Majestät
eines tropischen Sonnenauf- und -Unterganges zu vergegenwärtigen. Auch im
Glauben der indogermanischen Völker, wie der Griechen und Römer und ebenso
der Germanen spielte die Sonne in den Gestalten des Helios, Apollon, Baldur
eine bedeutende Rolle. Es ist dem Christentum jahrhundertelang nicht gelungen,
Kulte, die dem Sonnengott geweiht waren, gänzlich auszurotten. So stammt
unser Johannisfest von der alten Sonnenwendfeier. x.
* *
*
Berta von Suttner y. Die kürzlich im Alter von 71 Jahren aus dem
Leben geschiedene bekannte Vorkämpferin in der Friedensbewegung, Berta von
Suttner, entstammte dem alten österreichischen Geschlecht der Kinsky und
hatte schon früh literarische Begabung gezeigt. Für ihre ersten Gedichte hat
sich sogar kein anderer als Grillparzer interessiert. Tiefen Eindruck machte
auf ihr empfängliches Gemüt die Kriegsperiode der sechziger und siebziger
Jahre, wenngleich ihr Lebensgang mit dem ihrer Heldin in dem berühmten
Roman „Die Waffen nieder“ sehr wenig Ähnlichkeit hatte. Auch ihre spätere

Das Lilienthal-Denkmal von Bildhauer Prof. Peter Breuer.
Phot. Presse-Centrale W. Braemer, Berlin.

L. Manzel: Monumentalfigur auf den neuen Strandanlagen in Sylt.

L. Manzell: Monumentalfigur auf den neuen Strandanlagen in Sylt.
 
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