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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.31172#0733

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MODERNE KUNST.





Theaters die „Jungfrau von Orleans“ mit unerhörter
Pracht der Ausstattung auf die Bühne brachte. Seine Ver-
dienste um die Hebung des Berliner Theaters verschafften
ihm 1811 den Rang eines Generaldirektors der Königlichen
Schauspiele. Doch was wollen alle diese Erfolge bedeuten
neben der schier unglaublichen Wirksamkeit, die er als Dra-
matiker entfaltete! Nicht Schiller und Goethe, Iffland und
Kotzebue beherrschten das tägliche Repertoire. Mit Begei-
sterung und Rührung saß das deutsche Publikum vor seinen
mit großem Bühnengeschick gemachten, nicht tiefen, aber
anständigen bürgerlichen Schau- und Lustspielen, in denen
man seine eigne kleine Welt verschönt wiedersah, in denen
immer wieder das edle Liebespaar schwer zu kämpfen
hatte, um sich am Schluß, wenn Sich das Laster erbrach
und die Tugend sich zu Tische setzte, ganz gewiß zu
kriegen. Was ist nach 100 Jahren von alledem noch
übrig ? Drei, vier Stücke, die noch jetzt gelegentlich mit
Wirkung gegeben werden; eine schwache Erinnerung an
den Schauspieler und Theaterdirektor; ein mitleidiges Fort-
leben in unseren Literaturgeschichten, wo er als Repräsen-
tant der poetischen Mittelmäßigkeit, gegen welche sich der
Lebenskampf unserer Klassiker richtete, eine nicht sehr
beneidenswerte Unsterblichkeit genießt. Sic transit gloria
mundi! M. G.

Die Nachfolgerschaft Giampietros am Berliner
Metropol-Theater ist geraume Zeit unerledigt geblieben.
Man hat es verschiedentlich mit Aushilfen versucht, die
indessen ausnahmslos so sehr
den Stempel des Interimisti-
schen trugen, daß sie kein
tieferes Interesse wecken konn-
ten. Erst in den letzten
Wochen ist die Frage in einer
Weise gelöst, daß man hoffen
darf, das Provisorium werde
in ein Definitivum verwandelt
werden. Karl Geßner heißt
der Künstler, von dem man
erwarten darf, daß er sich
auf dem schwierigen Posten
als Giampietros Nachfolger
bewähren und behaupten wird.
Vor sechs Jahren, bald nach-
dem Thielscher das Thalia-
Theater verlassen hatte, debü-
tierte Geßner auf dieser Bühne
in Berlin, und zwar als Partner
Girardis in der Posse „Er und
seine Schwester“. Schon da-
mals fiel an ihm eine gewisse
scharf - satirische Simplizissi-
musnote auf, und vielleicht
war es diese zu Thielschers
behäbiger Komik in schärfstem Gegensatz stehende Art, die damals dem
Künstler gerade an dieser Stätte für ein volles Sichdurchsetzen hinderlich war.
Um so eher darf man erwarten, daß sie ihm in seinem neuen Wirkungskreise,
wo eine gewisse karikaturistische Schlagkraft Haupterfordernis ist, trefflich
zustatten kommen wird. Zu Beginn der vorigen Spielzeit ist Karl Geßner,
nachdem er inzwischen sich eine bedeutende Position am Hamburger Karl-
Schultze-Theater erworben hatte, wieder nach Berlin zurückgekehrt und hat
hier nach kurzem Wirken am Kleinen und an Montis Operetten-Theater im
Theater am Noliendorfplatz mit der Darstellung der Titelrolle in der Operette
„Der Juxbaron“ sich in wenigen Wochen eine solche Popularität erobert, daß
er allen Eingeweihten bald als der gegebene Nachfolger für Giampietro
erscheinen mußte. Karl Geßner stammt aus Wien, übersiedelte aber schon in
frühester Jugend mit seinen Eltern nach Dresden. Er sollte erst Offizier werden,
wurde dann aber Kaufmann, konnte indessen schließlich den Drang zur Bühne
nicht mehr zügeln und bereitete sich für seinen eigentlichen Beruf in der Rede-
schule von Senff-Georgi, bei Prof. Siegwart Friedmann und dem Komiker Karl
Friese vor. Sein erstes Engagement fand er in Dresden bei Direktor Witt und
dann beteiligte er sich unter Direktor Haller an einer Tournee durch Deutsch-
land, über deren Erlebnisse er in einem demnächst erscheinenden Buche zu
berichten gedenkt. k.

Iffland als König Lear

subtile Zartheit in der Bearbeitung der Steine, das oft fast
mikroskopische Detail der Darstellung und die ungemeine
Tiefe, zu der selbst die winzigsten Einzelheiten eiugegra'ben
sind, legen uns den Schluß nahe, die Alten müßten bereits
Werkzeuge von der Vollendung unserer Steinschneide-
Instrumente, also das Rad, die Diamantspitze, ja, wahr-
scheinlich auch Vergrößerungsgläser besessen haben. Die
höchste Blütezeit der Steinschneidekunst fiel in die Tage
Alexanders des Großen, der sein Porträt nur von Pyrgoteles
in Stein geschnitten wissen wollte; ihr Verfall bahnte sich
mit dem römischen Kaiserreiche an. Merkwürdigerweise
waren es auch in jener späten Zeit noch vornehmlich
griechische Künstler, die sich der „Sphragistik“ widmeten,
wie u. a. aus den Inschriften hervorgeht. Die Römer trugen
und sammelten mit Leidenschaft Gemmen und Kameen.
Es gab damals bereits auch sowohl öffentliche „Daktylio-
theken“, wie Privatsammlungen, in denen u. a. die auf
Kriegszügen erbeuteten Steine zur Besichtigung ausgestellt
waren. Pompejus stellte so die von Mithridates erbeutete
Gemmensammlung im Kapitol, Cäsar gleich deren sechs
im Tempel der Venus auf. Gemmen schnitt man vorzugs-
weise aus Rubin, Saphir, Smaragd, Topas, Hyazinth,
syrischem und indischem Granat und Praser, Kameen
häufiger aus Achat, Onyx, Sardonyx und andern Stein-
arten, die mehrere verschiedenfarbene Lagen zeigen und
sich so besonders für bunte Darstellungen ganzer Figuren,
der Gewandstücke usf. eignen. Bei uns wurden diese
Werke einer höchst entwickelten Kleinkunst namentlich
im 18. Jahrhundert mit Leidenschaft gesammelt. Auch Goethe brachte Gemmen
und Kameen eine wahre Leidenschaft entgegen und hat gerade über diese
Miniaturkunstwerke manch geistvolles Wort geschrieben. Bekannt sind nament-

lich seine Studien über
die berühmte Hem-
sterhuis - Gallitzinsche
Gemmeu-

lvarl Geßner, der Nachfolger Giampietros.
Phot. Willinger, Berlin.

lung, die er längere Zeit in Weimar
verwaltete, und die dann durch Kauf
an das niederländische Königshaus
überging. Er wußte auch sehr wohl,
samm- HSHIk- daß „die Zweifelsucht kein reicheres
Feld, sich zu ergehe’], lindel als gerade
bei geschnittenen Steinen: bald heißt
es eine alte, bald eine moderne Kopie,
eine Wiederholung, eine Nachahmung;
bald erregt der Stein Verdacht, bald
eine Inschrift, die von besonderem
Werte sein sollte. Und so ist es ge-
fährlicher, sich auf Gemmen einzu-
lassen als auf antike Münzen“. Goethe
Korallen- ““'W' hatte sich auch von seiner italieni-
kamee. sehen Reise einige hundert Abdrücke antiker Gemmen
aus Rom mitgebracht und pflegte diese Sammlung des
öftern F'reunden vorzuzeigen und zu erklären. Immer wieder ent-
zückte ihn die naive Anmut der dargestellten Gegenstände und
mit Bezug darauf führte er einmal etwa aus: Wir Neueren fühlen wohl die
große Schönheit solcher rein natürlichen Motive, haben auch die Kenntnis,
wie so etwas zu machen wäre; allein wir machen es nicht, der Verstand
herrscht vor, und es fehlt immer diese entzückende Anmut. Dr. A. Hn.

Kamee mit grie-
chischem Kopf.
Phot. Alice
Matzdorff, Berlin.

Korallen-
kamee.

Gemmen und Kameen. Unter den Erzeugnissen antiker Kleinkunst,
die auf uns gekommen sind, stehen zweifellos an erster Stelle jene Arbeiten der
griechischen Steinschneider, die wir, wenn sie ein vertieftes Bild zeigen, Gemmen
nennen, tragen sie dagegen eine erhabene Skulptur, als Kameen bezeichnen. Die

Berta von Suttner in ihrem Heim.

Phot. Sanden Berlin.
 
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