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OTMAR BARON POTIER, WAFFENGESCHICHTLICHES AUS DEM WIENER JAGDTEPPICH
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Alle Jäger führen ausnahmslos Pfeil (Asti) und
Bogen (Jaj), die hoch in Ehren gehaltenen National*
waffen des Persers von alters her, für welche Wert*
Schätzung M. Jähns in seinem oben angeführtenWerke
(S. 303) aus der Literatur — Herodot, ,-
Aischylos, Xenophon, Prokop von
Cäsarea — eine Reihe von sprechen*
den Beweisen anführt. Die Bogen, wie
sie uns der Teppich zeichnet, sind die
typisch persisch*turkmenischen: ver*
hältnismäßig kurz, nach auswärts ge*
krümmt, das heißt im sehnenlosen (ab*
gesträngten) Zustand gegen das Ziel
zu offen und stark konkav, zusammen*
gesetzt aus einem Holzkern, welchen
um diesen herumgeleimte Sehnenfasern
und Hornplatten decken. Die Pfeile
sind mit bärtigen, also mit Widerhaken
versehenen Eisen bewehrt und in zwei
Zeilen mit schwarzen Federn befiedert.
Die Spannweise scheint die sogenannte
Mittelmeerspannung zu sein. Das heißt:
die linke Hand — der aus einem zeich*
nerischen Grund regelmäßig wieder*
kehrende zeichnerische Irrtum auf dem
Teppich, daß die rechte Hand dies
täte, darf uns nicht irre machen — hält
bei wagrecht ausgestrecktem Arm den
Bogen in dessen Mitte; Zeige*, Mittel*
und Goldfinger der rechten Hand ziehen
die Sehne bis zur Augenhöhe auf, wobei
das befiederte Schaftende des Pfeiles
zwischen Zeige* und Mittelfinger ruht.
Von den Fußknechten schießen zwei
die Pfeile knieend ab. Den zur Auf*
nähme des Bogens bestimmten Köcher
trägt der Schütze, um den Leib ge*
schnallt, an der rechten, den Pfeilköcher
an der linken Seite. Die Riemen dieser
Köcher sind reich mit vermutlich
metallenen Rosetten besetzt.
Die Haltung der in einem ausge*
zeichneten Futterzustand befindlichen,
ja förmlich gemästeten, dabei jedoch
auffallend dünnbeinigen Jagdpferde,
eine Körperbeschaffenheit, welche wir
an den auf persischen Miniaturen des
Schähnämeh dargestellten Pferden überhaupt beob*
achten, wodurch vermutlich die Leichtfüßigkeit,
Schnelligkeit des Pferdes symbolisiert werden soll,
ist im Gegensatz zu derjenigen der Vertreter der ver*
schiedenen Wildarten bei aller scheinbaren Leb*
haftigkeit durchaus schablonenhaft, von dem künst*
lerischen Herkommen förmlich in Fesseln geschlagen.
Als Zäumung dient die Trense. Das Gebiß ist
ein sehr leichtes. Vereinzelt ist dem Kopfgestell eine
Abb. 5. Persische Miniatur. 1528
Halsquaste, ein Dscheleng, als Zier angehängt,
und der Reiter dieses Rosses dadurch wohl als ein
höherer Würdenträger kenntlich gemacht. Tritt ein
Vorder* und Hinterzeug auf, so sehen wir, daß
in der Wirklichkeit die Beriemung von reichen
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OTMAR BARON POTIER, WAFFENGESCHICHTLICHES AUS DEM WIENER JAGDTEPPICH
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Alle Jäger führen ausnahmslos Pfeil (Asti) und
Bogen (Jaj), die hoch in Ehren gehaltenen National*
waffen des Persers von alters her, für welche Wert*
Schätzung M. Jähns in seinem oben angeführtenWerke
(S. 303) aus der Literatur — Herodot, ,-
Aischylos, Xenophon, Prokop von
Cäsarea — eine Reihe von sprechen*
den Beweisen anführt. Die Bogen, wie
sie uns der Teppich zeichnet, sind die
typisch persisch*turkmenischen: ver*
hältnismäßig kurz, nach auswärts ge*
krümmt, das heißt im sehnenlosen (ab*
gesträngten) Zustand gegen das Ziel
zu offen und stark konkav, zusammen*
gesetzt aus einem Holzkern, welchen
um diesen herumgeleimte Sehnenfasern
und Hornplatten decken. Die Pfeile
sind mit bärtigen, also mit Widerhaken
versehenen Eisen bewehrt und in zwei
Zeilen mit schwarzen Federn befiedert.
Die Spannweise scheint die sogenannte
Mittelmeerspannung zu sein. Das heißt:
die linke Hand — der aus einem zeich*
nerischen Grund regelmäßig wieder*
kehrende zeichnerische Irrtum auf dem
Teppich, daß die rechte Hand dies
täte, darf uns nicht irre machen — hält
bei wagrecht ausgestrecktem Arm den
Bogen in dessen Mitte; Zeige*, Mittel*
und Goldfinger der rechten Hand ziehen
die Sehne bis zur Augenhöhe auf, wobei
das befiederte Schaftende des Pfeiles
zwischen Zeige* und Mittelfinger ruht.
Von den Fußknechten schießen zwei
die Pfeile knieend ab. Den zur Auf*
nähme des Bogens bestimmten Köcher
trägt der Schütze, um den Leib ge*
schnallt, an der rechten, den Pfeilköcher
an der linken Seite. Die Riemen dieser
Köcher sind reich mit vermutlich
metallenen Rosetten besetzt.
Die Haltung der in einem ausge*
zeichneten Futterzustand befindlichen,
ja förmlich gemästeten, dabei jedoch
auffallend dünnbeinigen Jagdpferde,
eine Körperbeschaffenheit, welche wir
an den auf persischen Miniaturen des
Schähnämeh dargestellten Pferden überhaupt beob*
achten, wodurch vermutlich die Leichtfüßigkeit,
Schnelligkeit des Pferdes symbolisiert werden soll,
ist im Gegensatz zu derjenigen der Vertreter der ver*
schiedenen Wildarten bei aller scheinbaren Leb*
haftigkeit durchaus schablonenhaft, von dem künst*
lerischen Herkommen förmlich in Fesseln geschlagen.
Als Zäumung dient die Trense. Das Gebiß ist
ein sehr leichtes. Vereinzelt ist dem Kopfgestell eine
Abb. 5. Persische Miniatur. 1528
Halsquaste, ein Dscheleng, als Zier angehängt,
und der Reiter dieses Rosses dadurch wohl als ein
höherer Würdenträger kenntlich gemacht. Tritt ein
Vorder* und Hinterzeug auf, so sehen wir, daß
in der Wirklichkeit die Beriemung von reichen
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