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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 1
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Post, Paul: Gibt es Beschaumarken auf Klingen?
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0043

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HEFT 1

PAUL POST, GIBT ES B E S C H A U M A R K E N AUF KLINGEN?

27

In dem bereits zitierten Abschn. III über „Klingen*
beschau und *marken“ heißt es an anderer Stelle:
„Es liegt in der Natur des Erzeugnisses, daß die Be-
schaumarke nicht wie bei Werken der Goldschmiede,
Zinngießer usw. erst angebracht wurde, nachdem das
Stück in der Beschau gut befunden war. Die Klinge
wurde vielmehr* schon mit Marke versehn zur
Beschau gebracht! Daraus erklärt sich die Vor-
schrift, daß schlechte Stücke vernichtet werden mußten ;
man hätte ja sonst bloß die Marke nicht anbringen
brauchen, dann wäre die Klinge nicht verkaufsfertig
gewesen. Deswegen wurde auch den einzelnen Klinger
das Recht auf die Marke verliehen, damit er sie vorher
schon anschlagen konnte. Das besagt die Ordnung
von 1568 ganz deutlich: »daß unsere Klinger den-
selben Schaidtmösseren das march den Wolf auf
all ihre Klingen schlachen«.“ Hier wird also aus*
drücklich festgestellt, worüber ja auch die Urkunde
keinen Zweifel läßt, daß die Wolfsmarke an die
Meister verliehen und vor der Beschau einge*
schlagen wurde. An späterer Stelle wird außerdem
von Schmid durch sehr genaue und treffende Be*
Schreibung der Technik beim Markenschlagen und
Tauschieren bewiesen (S. 333), warum es gar nicht
anders sein kann, als daß die Marke schon beim
Schmieden und vor der Beschau auf der Klinge an*
gebracht werden mußte. Auch was die Bestimmung
der Wolfsmarke betrifft, so kann man nach den beige*
brachten Urkunden Schmids Ausführungen nur bei*
pflichten, wenn er sagt: ,,Das Recht der Wolfsmarke
war der Genossenschaft der Messerer insgesamt ver-
liehen; sie verlieh es weiter an jeden Klingenschmied
zu Passau, der ihr Klingen lieferte".
Und besonders bedeutsam scheint mir die unmittel*
bar sich anschließende Mitteilung für unsere Frage:
„Diese Auffassung, daß mit der Erwerbung des
Meisterrechts der Gebrauch der Wolfmarke noch
nicht erlaubt sei, sondern eigens bewilligt werden
müsse, hat sich bis ins 17. Jahrhundert erhalten;
1614 erklärt der Schwertschmied Thom. Stantler den
Vorgang bei der Aufnahme als Meister folgend:
»1. Erwerbung des Bürgerrechts, 2. Ablegung des
Meisterstückes, 5. Verleihung des Meisterrechts oder
Übergabe einer schon bestehenden Gerechtsame,
4. Aufnahme in die Zunft, 5. Verleihung des
Wolfs, d. h. des Rechts, den Wolf einzu -
schlagen«." Die Verleihung des Wolfs stand also bei
der Aufnahme in die Zunft an fünfter und letzter Stelle
und zwar noch hinter derVerleihung des Meisterrechts.
Im Gegensatz zu Schmid halte ich es daher durchaus
für möglich, daß auch der Meister, der die Wolfs*
marke noch nicht besaß oder sie verwirkt hatte, das

Recht erwarb bezw. behielt, seine Klingen auch ohne
die Marke der Beschau vorzulegen. Aber sei dem wie
ihm wolle, soviel ist jedenfalls gewiß, daß zahlreiche
Klingen, obwohl sie den Passauer Wolf trugen, von
der Beschau verworfen wurden. In welcher Weise
aber diese Beschau gehandhabt wurde, darüber läßt
jene bereits zitierte Urkund von 1368 unter Nr. 5 auch
keinen Zweifel, „welche klingen . . . nit recht pereit
weren . . . die sullen sy uns auswerfen und die sullen
vertilgt werden." Angesichts des ganz klaren Sachver*
halts bei der Verleihung und Anbringung der Marke
vor der Beschau und der Handhabung der Beschau
selbst, dürfte kaum ein Zweifel mehr möglich sein,
daß der PassauerWolf weder praktisch noch
rechtlich den Charakter einer Beschaumarke
beanspruchen kann und daß er mit der eigent*
liehen Beschau nicht das geringste zu tun hat.
Vielmehr handelt es sich, wie Schmid ganz treffend an
anderer Stelle sagt, lediglich um „ein Herkunfts*
und (Qualitätszeichen“, für das der Waffenkunde
bisher der Begriff fehlt, und die man vielleicht als
lokale Zunftmarke bezeichnen könnte.
Daß wir hier nicht Silbenstecherei treiben, mag
man an einigen nicht unwichtigen Folgerungen er*
messen, die sich aus unseren Ermittlungen ergeben.
Was zunächst die Passauer Waffenschmiede betrifft,
so scheint Schmids irrige Einschätzung des Passauer
Wolfs ihn auch in einer anderen Frage, die sehr
eingehend behandelt wird, auf eine falsche Fährte
geleitet zu haben. Gemeint ist die Rolle, die die
Messerer in den Anfängen der Passauer Schwert*
fabrikation gespielt haben, die ja den eigentlichen
Ruhm der Passauer Klingenindustrie ausmacht und
die in später Zeit nach Schmids Feststellungen in
der Hand der sogen. Klinger lag. Hatte Schmid in
einem früheren Aufsatz die Ansicht vertreten, daß
Messerer und Klinger ursprünglich identisch seien,2)
so glaubt er diesen Standpunkt in seiner neuen Ab*
handlung auf Grund des erweiterten Quellenmaterials
völlig preisgeben zu müssen. Nicht nur nimmt er von
vornherein eine strenge Scheidung zwischen beiden
an, ja er spricht den Messeren jeden Anteil an der
Passauer Schwerterindustrie und ihrem Ruhm ab.
Ihre Mitwirkung wird, abgesehen vom Schmieden
kurzer Wehren, beim Schwerte im wesentlichen auf
die Griffe und den Vertrieb der fertigen Schwerter
beschränkt. Diese Scheidung dürfte nun in der Tat
für einen fortgeschritteneren Zeitpunkt, etwa seit dem
15. Jahrhundert zutreffen, aber für den Zeitabschnitt,
der den eigentlichen Ruf der Passauer Klingen

2) W. M. Schmid, Passauer Waffenwesen. Z. H.W. K. 7, 312ff.
 
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