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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 2
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Fachnotizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0091

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HEFT 2

FACHNOTIZEN

73

die Anforderungen der Lebenden zurückzustellen. Man wird
daher begonnen haben, zuerst ältere unbrauchbare Waffen
ins Grab mitzugeben. Solche waren sicher vorhanden, denn
die Neuherstellung bezw. Einführung neuer Waffen hat jeden»
falls nicht mit dem Verbrauch und dem Bevölkerungszuwachs
gleichen Stand gehalten, so daß man ältere Schwerter immer
noch verwendet hat. Es mögen das Stücke gewesen sein aus


Inschrift auf einer Spatha
(Nördlingen, Stadtmuseum)

der Zeit noch vor der Wanderung, aus dem alten Siedlungs»
gebiet; aber auch Beutestücke, die man den erschlagenen
Resten der römischen Besatzungen abnahm. Nun ist die
vorliegende Spatha ja nicht der gladius des Legionssoldaten;
im römischen Heere standen aber zahlreiche germanische Hilfs»
Völker, die mit ihrer stammesüblichen Waffe ausgerüstet waren.
Damit kämen wir auf eine zeitlich frühe (an die Latenetype
anschließende) Form der Spatha, die noch in die Epoche der
römischen Herrschaft fällt, und damit wäre auch die Möglich»
keit gegeben, daß auf einem germanischen Schwert ohne
weiteres lateinische Buchstaben erscheinen. Die Betrachtung
der (80 cm langen) Klinge spricht nicht dagegen, da sie für
eine genauere Datierung überhaupt keinen Anhalt gibt; die

Angel ist nicht so scharf rechtwinklig abgesetzt, wie man das
häufig bei Schwertern der Völkerwanderungszeit findet; aber
auch bei diesen ist der geschwungene Übergang von Klinge
zur Angel durchaus nicht selten. Es zeigt sich infolge der
Rostzerstörung keine Spur von einer Blutrinne, aber auch
nicht von einem Grat. Somit besteht kein Hindernis für die
Annahme, daß die Spatha zur römischen Zeit in einer germa»
nischen Provinz, etwa in Norikum, dessen Schwerterzeugung
ja gerühmt wurde, entstanden ist. Damit ist freilich für die
Auflösung der Inschrift noch nichts gewonnen. Es war übri»
gens das erste Mal, daß auf etwa 70 Spathen und 140 Saxen
aus bajuvarischen, alemannischen und fränkischen Gräbern,
die bisher in der genannten Anstalt entrostet wurden, ein
Zeichen beobachtet worden ist. Schmid
Zur Entwicklungsgeschichte der Armbrust. Bald nach Ver»
öffentlichung meines Aufsatzes mit obigem Titel in Z. H.W. K. 8,
311 ff fand ich, daß einer der dort dargelegten Punkte der
Richtigstellung bedürfe. Ich wollte nun abwarten, ob vielleicht
zu anderen in diesem Artikel entwickelten Ansichten Stellung
genommen würde, da dies aber bisher nicht geschehen ist, so
möchte ich selber die Berichtigung vornehmen. Sie bezieht
sich auf die Anmerkung 3, S. 315 ausgeführten Anschauungen.
Ich habe dort gesagt, daß ich auf die Heronsche Angabe,
daß der Bauchspanner auch als Geschütz ausgeführt wurde,
absichtlich nicht eingehe, weil ich sie für unzutreffend halte.
Diese Ansicht wäre nur insofern zu revidieren, als zugegeben
werden muß, daß diejenigen Konstruktionsteile, die das Wesent»
liehe des Bauchspanners bilden, auch an den Geschützen vor»
kommen und deswegen doch wohl von einer Ausbildung des
Bauchspanners als Geschütz gesprochen werden kann. Aufrecht
erhalten muß ich dabei aber, was ich von der Unsinnigkeit
der Anwendung von Gleitstück, Zahnstange und Sperrklinke
bei Geschützen gesagt habe. Sie sind vollständig überflüssig,
erschweren durch starke Vergrößerung der Reibung nur das
Arbeiten des Mechanismus und können deswegen wohl nicht
anders erklärt werden, als daß sie bei der Entwicklung
der Geschütze aus dem Bauchspanner mit übernommen
wurden und dann als „Überlebsel“ beibehalten blieben.
Die Entwicklung der Geschützkonstruktion aus dem Bauch»
Spanner ist nun allerdings eine Tatsache, die hiernach nicht
abgeleugnet werden kann. Bezüglich meiner aufgestellten Ver»
mutung, daß sich diese beiden Waffenarten aus einer gemein»
samen Standarmbrust entwickelt haben, ändert dies jedoch nicht
viel, denn sowohl Bauchspanner als auch die komplizierten
Torsionsgeschütze wird man nicht als primitive Konstruktionen,
sondern als Endpunkte einer längeren Entwicklungsreihe auf»
fassen müssen. Wie die einfache griechische oder ostasiatische
Armbrust, die dem Büchsenspanner unbedingt vorausgegangen
sein muß, und wie die Vorläufer der hochentwickelten Torsions»
geschütze, die früher wahrscheinlich vorhanden waren,
ausgesehen haben, wissen wir nicht. Deswegen wäre es sehr
zu wünschen, wenn uns von Forschern, die sich mit der Kultur»
geschichte der vorderasiatischen Völker beschäftigen, Angaben
über Geschützkonstruktionen und Armbrüste, sowie auch über
Armbrustfallen gemacht werden könnten, die bei diesen Völkern
Verwendung fanden.
Bei den chinesischen Armbrustgeschützen fehlt der oben
besprochene, komplizierte Mechanismus durchweg (vergleiche
Z. H.W. K. 7, 174—176). Leider wissen wir nicht, wann die chi»
nesischen Armbrustgeschütze aufgekommen sind.
Hugo Th. Horwitz
 
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