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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 4
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Rambaldi, Karl von: Waffen mit astrologischen und kabbalistischen Zeichen
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0153

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HEFT 4

WAFFEN MIT ASTROLOGISCHEN UND KABBALISTISCHEN ZEICHEN

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auf einzelne Organismen hat besonders Manilius in
seinem astronomischen Lehrgedicht ausführlich ent*
wickelt. Eifrig wurde die Astrologie von den Arabern
und jüdischen Kabbalisten gepflegt, zu einer Art
System ausgebildet und in die christliche Welt ver*
pflanzt. Abu Maschar (Albumasar) aus Bath in
Chorasan (9. Jahrh.), einer der größten Astronomen,
hinterließ ein astrologisches Werk: „De magnis
conjunctionibus, annorum revolutionibus ac earum
perfectionibus“, das viele Jahrhunderte auch in
Europa in hohem Ansehen stand. Abonzan Haly
erlangte im 13. Jahrhundert durch sein Werk „De
judiciis astrorum“ klassisches Ansehen. Ihre Glanz*
perioden sind das 14. und 15. Jahrhundert. Oft
regierten die Hofastrologen ganze Reiche. Der Ein*
fluß der Gestirne war auf das genaueste definiert;
die spätem Astrologen kopierten, kommentierten und
erläuterten nur die Werke ihrer Vorgänger. Obwohl
schon zu Ende des 15. Jahrhunderts Savanarola und
Pico della Mirandola, sowie später Voß, Bardelon
und der Astronom Sturm die Astrologie bekämpften,
so errang diese doch noch im 16. und 17. Jahrhun*
dert, so in Frankreich unter Katharina von Medici
und unter Heinrich III. und IV. einzelne Triumphe.
Zur Zeit Katharinas von Medici unternahmen die
französischen Hofdamen nichts, ohne zuvor ihre
Astrologen zu Rate zu ziehen, die sie ihre „Ritter“
oder „Barone“ nannten; selbst die Königin befaßte
sich mit Astrologie und Magie. Am berühmtesten
war damals Michael Nostradamus (Notredame), der,
meist in völliger Abgeschiedenheit zu Salon in Frank*
reich lebend, von da seine gereimten Prophezeiungen
zu hunderten in die Welt schickte, bis ihn Karl IX.
zu seinem Leibarzt erhob. Von Rom aus wurden die
Prophezeiungen des Nostradamus verboten, weil er
auch den Untergang des Papsttums verkündigt hatte.
Während mehrere Päpste die Astrologie mit dem
Banne belegten, ward sie öfters von den höchsten
kirchlichen Würdenträgern gepflegt. So wurde 1623
der Kardinal Barberini Papst (in der Reihe der Päpste
regierte er als Urban VIII. von 1623—1640), indem
er die astrologische Berechnung verkündigte, daß der
neue Papst nicht sechs Wochen leben werde. Noch
in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts glaubte der
Kardinal Richelieu und noch viele andere an die
Wahrsagungen des Jean Baptist Marin, und Lud*
wig XIV. ließ sich die Nativität stellen. Ganz unge*
mein war der Schrecken, den eine Sonnenfinsternis
am 12. August 1654 und die Erscheinung eines
Kometen im Jahre 1630 in ganz Europa erregten.
Das letztere bewog Bayle, seine „Gedanken über die
Kometen“ zu schreiben und dem Aberglauben mächtig

zu Leibe zu gehen. Auch die protestantischen Theo*
logen waren keineswegs frei von astrologischem
Wahn. Melanchthon hielt viel von der Astrologie
und trieb sie selbst, wenn auch mit wenig Glück.
Am meisten aber galt die Astrologie in England unter
den Stuarts. Dryden (gest. 1701) ließ noch für seine
Kinder die Nativität stellen. Paracelsus und Cardanus
(Enconomium astrologiae) brachten die Astrologie
mit der Medizin und Chemie in Verbindung, Para*
celsus nahm imWeltall verschiedene von den Planeten
abhängige Oszillationen an, denen im Mikrokosmus
des Menschen sieben verschiedene Arten des Pulses
entsprechen sollten. Selbst Tycho de Brahe und Kep*
ler (1571 — 1630) entsagten der Astrologie nicht ganz,
und letzterer erwarb sich dadurch Wallensteins Gunst,
daß er ihm 1629 in Sagan sein hohes Glück ver-
kündigt haben soll. Obwohl Kepler die Schwächen
der Astrologie einsah, wollte er doch einen gewissen
Zusammenhang zwischen den Konstellationen der
Planeten und den Eigenschaften der unter solchen
geborenen Menschen nicht geradezu in Abrede stellen.
Kepler verfertigte astrologische Kalender und sagte
den Tod des Kaisers Matthias in einer rätselhaften
Reihe von sechs „M“ voraus. Auch Gustav Adolf II.
Wasa hatte seinen Astrologen.
Dem Kalifen und Heerführer folgte der Astrolog
ins Feld und beriet ihn bei jeder großen Staatsaktion;
noch der 1909 entthronte Sultan Abdul Hamid konnte
ihn nicht missen.
Das kopernikanische System aber, durch welches
die Erde zum Punkt im Weltenraum herabsank, gab
der Astrologie den Todesstoß. Zwar warfen sich noch
manche zu ihrer Verteidigung auf, so namentlich
Bapt. Morin (1583—1656), dessen Astrologia gallica
das Resultat einer dreißigjährigen Arbeit war. Es ist
unrichtig, wenn in Meyers Konversationslexikon steht:
„Mit ihm aber ward die Astrologie im Abendland zu
Grabe getragen.“
Einer ihrer letzten Anhänger war L. Pfaff, dessen
Astrologie (Bamberg 1816) und „Der Stern der
Weisen“ (daselbst 1821) als seltsame Anachronismen
zu nennen sind. Für die Astrologie besaß ein sehr
starkes Interesse Goethe, welcher am 28. August 1749
mittags mit dem Glockenschlage zwölf in Frank*
furt a. M. zur Welt kam. „Die Konstellation war
glücklich,“ sagte Goethe selbst in dem Horoskop,
das er sich von dieser Stunde der Geburt am An*
fange „Aus meinem Leben, I. Teil, Wahrheit und
Dichtung“ stellte. Im August 1913 wurden bei Ge*
legenheit der akademischen Ferienkurse, die in Ham*
bürg mit Professor Dr. A. Warburg, dessen weitaus*
greifende Forschungen auf dem Gebiet der Kultur* und
 
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