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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 4
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Rambaldi, Karl von: Waffen mit astrologischen und kabbalistischen Zeichen
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0154

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130

WAFFEN MIT ASTROLOGISCHEN UND KABBALISTISCHEN ZEICHEN

BAND 9

Kunstgeschichte des späteren Mittelalters und der
Renaissance bekannt sind, von Professor Dr. Carl
Bezold und Geheimrat Professor Dr. Franz Boll ab*
gehalten wurden, über Sternglaube und Sterndeutung,
die Geschichte und Wesen der Astrologie, interessante
Vorträge gehalten. Auf Grund hiervon schildert das
Buch von Franz Boll unter Mitwirkung von Carl
Bezold „Sternglaube und Sterndeutung“ (Aus Natur
und Geisteswelt 638) die Geschichte und das Wesen
der Astrologie. Dieses Buch gibt die geschichtliche
Forschungvon dieser phantastischen und verwickelten
Wissenschaft. Man vergleiche jedoch dieses kleine
Bändchen mit dem gewaltigen Werke Keplers „Zu*
sammenklänge der Welten“ (Diederichs, Jena) oder
mit den modernen: Libra „Astrologie, ihre Technik
und Ethik“ (Veen, Amersfoort) und Libra „Kosmos
und Mikrokosmos“ (Veen, Amersfoort)!
Im Orient, namentlich in Persien, Indien und China,
steht die Astrologie noch heutzutage in hohem An*
sehen. Die Astrologie, als System im Mittelalter aus*
gebildet, wird in die natürliche und positive oder
Judizialastronomie eingeteilt. Erstere prophezeit die
natürlichen Wirkungen natürlicher Ursachen, z. B. den
Witterungswechsel, Wind, Sturm, Orkan, Donner,
Fluten, Erdbeben, ist also nichts als eine phantasti*
sehe Meterologie. Die positive Astrologie hat es
dagegen mit der Herrschaft der Sterne über unser
Schicksal zu tun. Das Verfahren bei ihrer Ausübung
besteht wesentlich in folgendem: Wenn der Astrolog
einem Menschen die Nativität stellen, das heißt seine
Charaktereigenschaften und Fähigkeiten ergründen
und eventuell auch sein Schicksal Vorhersagen will,
so sucht er zuerst für die Zeit seiner Geburt nach
dem Horoskop oder nach dem Punkte der Ekliptik,
der im Augenblick der Geburt dieses Menschen eben
aufging. Bei der Geburt eines Prinzen oder sonst
eines Kindes aus reichem und vornehmen Hause saß
daher der „Chaldäer“ nachts, wie uns erzählt wird,
auf hoher Warte, und ein anderer bei der in Wehen
liegenden Frau, um der Sternwarte sofort durch ein
Gongzeichen den Augenblick der Geburt zu melden.
War doch selbst bei der Geburt Ludwigs XIV. noch
der Sterndeuter Marin in gleicher Absicht im Zimmer
versteckt. Der aufsteigende Punkt oder Grad der
Ekliptik hieß der Aszendent; dasaufgehendeTierkreis*
Zeichen, in dem er sich befand, hatte ursprünglich den
Anspruch auf den Namen Horoskop. Einer Person
das Horoskop stellen, heißt den ganzen Stand der
Sterne für den entscheidenden Moment aufzeichnen.
Drei weitere wichtige Punkte sind durch den Aszen*
denten bestimmt: erstens der Grad der Ekliptik, der
im gleichen Augenblick in der Mitte des sichtbaren

Himmels erscheint (Medium Coelum); sodann der
Punkt im Westhorizont (Deszendent); und endlich
der Himmelsmitte gerade gegenüber der tiefste Punkt
der sichtbaren Himmelshälfte (Imum Coelum). Diese
vier Stellen sind die vier Ecken. Für den gewöhn*
liehen Sterndeuter pflegt der Aszendent die Haupt*
rolle zu spielen, für die feinere astrologische Theorie
dagegen ist die Himmelsmitte sogar noch wichtiger
als der horoskopierende Punkt, und auch die dritte
Ecke hat ihren Rang, während die vierte selbst von
Ptolomäus als zu nebensächlich (mit Unrecht) aus*
geschieden wird.
Vom Aufgangspunkte aus bestimmen sich nun die
zwölf Orte (Loci) am Himmel, die man minder korrekt
auch als Häuser bezeichnet. Das ist also, im Gegen*
satz zu der festen Einteilung des Tierkreises in die
zwölf Zeichen, eine bewegliche Teilung, deren Anfang
sich jeweils durch den eben aufgehenden Grad des
Tierkreises bestimmt. Von ihm aus werden die zwölf
Orte abgegrenzt, und in jedem dieser Orte findet
man die Antwort auf gewisse Fragen, die man im
Mittelalter in bequemer Weise in zwei Versen zu*
sammenfaßt:
Vita, lucrum, fratres genitor nati, valetudo
Uxor, mors, pietas, regnum, benefactaque, carcer.
Im I. Orte (Horoskop genannt) wird über den ganzen
Verlauf des Lebens, die Sphäre, in der es sich bewegt,
entschieden, in II über Besitz und Gewinn, in III,
IV.Vholt man Auskunft über Brüder, Eltern, Kinder,
in VI über Gesundheit und Krankheit, in VII über
die Ehe, in VIII erkundet man Todesart und Erb*
schäften, in IX Religion und zugleich Reisen, in X
nicht nur Wohnort und Staat, sondern auch Ehren
und Künste, Charakter und Lebensführung, in XI
Wohltaten und Freunde und in XII Feinde und
Gefangenschaft.
Die nachstehende Abbildung, die nach der Gewöhn5
heit der Renaissanceastrologen zur Bequemlichkeit
die Kreisfigur durch eine quadratische ersetzt, ver*
anschaulicht dieses System. (Moderne Horoskope
sehen selbstverständlich ganz anders aus. Siehe die
obengenannten Werke, besonders Libra.) Wenn man
es beispielshalber auf einen Krieg anwandte, so mußte
der König wissen, in welchem dieser zwölf Orte sich
Mars befand; war er im I., so ging es um das Leben,
im II. um Schätze, im III. um Erbberechtigung oder
um weibliche Gottheiten, im VI. um Land und Gräber
der Ahnen, im V. um ein Weib oder eine Stadt, im
IX. um vernachlässigte Götter und Gesetze usw. Es
kommt dann vor allem darauf an, welche Planeten
in jenen Orten oder Häusern stehen. Auch die zwölf
Orte sind an Macht verschieden: die wichtigsten sind
 
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