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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 4
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Rambaldi, Karl von: Waffen mit astrologischen und kabbalistischen Zeichen
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0159

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HEFT 4

WAFFEN MIT ASTROLOGISCHEN UND KABBALISTISCHEN ZEICHEN

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(Glück bringendes) membrum muliebre gedacht, dann wieder Sichelmond und Venus«
stern in Konjunktion. Besitzer, Besteller oder Schmied der Klinge besaßen ein Rezept
für eine talismanische Schwertgravierung und haben sie auf der Klinge angebracht.
Die Formen weisen auf das 16./17. Jahrhundert. Der abendländische Ursprung ist
unzweifelhaft.“ Aus diesem Gutachten, für das ich Herrn Dr. Eisler meinen besten
Dank abstatte, geht deutlich hervor, daß wir es in diesem Falle mit keinem Horoskop,
sondern mit einem Talisman zu tun haben.
Dr. Otmar Baron Potier des Echelles hatte die Güte, mir eine von ihm gemachte
Pause von der Inschrift auf einem der zehn Zauberschwerter, wie er sich ausdrückt,
zu übersenden, welche mit Gustav Adolf in Verbindung gebracht werden (Abb. 3 A
und B). Die Waffe selbst ist ein Säbel von ungarischer Form und befindet sich in
der Waffenhalle des Schlosses Pelesch in Sinaia des Königs Karl von Rumänien, der
Herrn Scheurer in Wien beauftragte, gute alte Waffen für dieselbe zu kaufen. Der
bewehrte aus einer Wolke hervorragende Arm deutet an, daß die Gravierung ins
17. Jahrhundert zu legen ist. Wenn man von einem Horoskop sprechen darf, so ent«
hält dieser Säbel auf den ersten Blick scheinbar ein Horoskop.
Wenn ein Heerführer oder Diplomat des 17. Jahrhunderts das Wesen eines Freundes
oder Gegners ergründen wollte, so verschaffte er sich sein Horoskop. „Hab ich des
Menschen Kern erst untersucht, so weiß ich auch sein Wollen und sein Handeln“,
sagt Wallenstein, und diesen Kern ersah man aus den Horoskopen, die handschriftlich
und gedruckt in großen Sammlungen umliefen: so wie die Sterne den Menschen
geformt hatten, so mußte er sein. Sie haben es sich redlich sauer sein lassen, die
Cardanus, Gaurikus, Junctinus, die solche Horoskope in Massen für sich und ihre
Zeitgenossen ausrechneten und in Büchern der öffentlichen Kritik darboten: man
braucht nur ein Exemplar aus einer alten Bibliothek in die Hand zu nehmen, um
an den zahlreichen handschriftlichen Randnoten zu erkennen, wie scharf diese Berech«
nungen von den Lesern des 16. und 17. Jahrhunderts nachgeprüft wurden.10) Zum
Verständnis der Figuren, welche im Horoskop vorkommen, muß ich die Erklärung
voraussetzen, daß wir es mit sieben Planeten, von denen drei unter«, drei oberhalb
der Sonne kreisen, und zwölf Sternbildern des Tierkreises zu tun haben. Zu unterst
kreist der Mond (3), darüber die zwei Gefährten der Sonne, der unansehnliche
Merkur ( ^ ), der immer schwächlich ist und sich erst durch die Gesellschaft bestimmt,
in die er gerät, und das sonnenähnliche fast weiße Gestirn der Venus ( $ ), das Gestirn
der Freude. In die vierte Sphäre, also in die Mitte, ist die Sonne (0) selbst gesetzt.
Der Sonne folgen die drei oberen Planeten: der drohende feurige Mars (cf), welcher
auf Zorn und Feindschaft, Mord und Totschlag, Raub und Hochgericht, Gewalt und
Ehebruch, auf künftige Schwerarbeiten mit Eisen und Feuer, als Gott des Krieges auf
Feldherren, Soldaten und auf ein Ende durch Schlaganfall deutet. Der Saturn (Jt),
der nach dem Kronos benannt ist und mit greisenhafter Langsamkeit seine Wege
durch ferne Himmelsregionen dahinschleicht, bringt Menschen von der Art hervor,
wie der Gott Kronos selber. Sie werden finster, einsiedlerisch und hinterlistig sein;
Fesseln, Ausstoßung, Gefangenschaft stehen ihnen bevor, auch Beraubung, Armut,
Bettel. Da der Gott seine Kinder selbst verschlungen hat, so deutet der Planet Saturn
auf Kinderlosigkeit oder Verwaisung. Als alter Erdgott bringt Kronos = Saturn durch
seinen Stern Bauern und Landarbeiter hervor, und sein stumpfes Licht gesellt ihm
unter den Metallen das Blei zu. Während Saturn und besonders Mars unheilvoll,
stellae maleficae sind, hat Jupiter gleich der Venus ein weißes und glänzendes Licht.
Er ist ein heiterer Mann mit einer Königsstirn, dem die jovialen Naturen zugeschrieben
werden. Beide sind stellae beneficae.
Mit den Planeten teilen die Kometen die freie Bewegung am Himmel. Aber sie
sind freilich außerordentliche Erscheinungen und darum von jeher bestaunt wnd

A B


Franz Boll, Sternglaube und Sterndeutung S. 47.

Abb. 3
 
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