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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 2): Eingeweide (Einschliesslich periphere Leitungsbahnen, I. Teil) — Berlin, Heidelberg, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.15150#0013

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Allgemeines über Eingeweide.

eingebaut werden. Während Gefäße und Nerven im physiologischen Sinn zum

Stoffwechsel geradeso nötig sind wie die Eingeweide, gehören sie morphologisch

nicht zu ihnen; sie werden im folgenden Hauptabschnitt dieses Buches besonders

behandelt werden (Periphere Leitungsbahnen).

Beim Kopf sind ventrale Abschnitte des Mesoderms in den Bewegungsapparat
eingetreten (Abkömmlinge der „Seitenplatten", Bd. I, S. 666). Dort ist an der
Hand der Abb. 320 erläutert worden, auf welchem Wege dies möglich war. Auch
für die Eingeweide wird sich ergeben, daß ihre Begrenzung gegen den Bewegungs-
apparat am Kopf keine so scharfe ist wie am Bumpf. Doch sind das nachträgliche
Grenzüberschreitungen, welche die ursprüngliche Trennung zwar verwischen, aber
nicht widerlegen.

Eingeweide Die alten Anatomen verstanden unter Eingeweiden alles, was man aus den
terenund geöffneten Höhlen des Leichnams leicht herausnehmen kann, ohne die Lösung mit
engeren Messer oder Schere Schnitt für Schnitt vornehmen zu müssen wie bei den Muskeln,
Sinn Knochen, G-efäßen oder Nerven. Deshalb wurden auch das Bückenmark und Gehirn
zu den Eingeweiden gerechnet. Da diese Organe aus einer ganz andern Anlage
hervorgehen, haben sie genetisch mit dem, was wir Eingeweide nennen, nichts zu
tun (Abb. 1, Rückenmark). Wir werden sie zusammen mit den Sinnesorganen
und dem Integument, welche genetisch ähnlich zu bewerten sind, als die großen
Zentralen für die nervösen Leitungsbahnen des Körpers in einem besonderen Ab-
schnitt behandeln (Bd. III).

Das Herz, die Zentrale für das Blutgefäßsystem, könnte nach dem Bauplan
des Körpers mit zu den Eingeweiden unserer Definition gerechnet werden und wird
im gewöhnlichen Sprachgebrauch und auch von den alten Anatomen allgemein
dazu gestellt. Ebenso die Milz. Beide Organe sind jedoch als spezielle Höchst-
leistungen von Teilen des Gefäßsystems entstanden, gehören also an sich zu den
peripheren Leitungsbahnen. Da sie durch ihre Größe und Bedeutung hervortreten
und für die Gestaltung von Teilen der Leibeshöhle wichtig sind, haben sie in der
Tat zu den eigentlichen Eingeweiden Beziehung, werden bei den praktischen Übungen
an der Leiche mit diesen zusammen behandelt und finden in diesem Bande ihre
Beschreibung. Die Beziehung zu den Eingeweiden entsteht auch hier nachträglich
und tut unserem Einteilungsprinzip keinen Abbruch. Letzterem zufolge behandeln
wir zunächst die eigentlichen Eingeweide im engeren Sinn.

2. Verschiedene Arten von Eingeweiden.

Begren- j$e[ ^er Loslösung der ,,Seitenplatten"' des Mesoderms von den dorsalen
Ver- Ursegmenten bleiben die untersten Enden der Ursegmente an den Seitenplatten
undUAtem- als kleine Ausbuchtungen hängen. Da diese Stücke gegen das übrige Ursegment
aPgen*deii verjüngt, abge'kröpft sind, ehe die endgültige Abtrennung des letzteren einsetzt,
Harn- und nennt man sie Ursegmentstiele (Abb. 1). Sie endigen nach der Abtrennung
schiechts- blind, kommunizieren aber ventral zunächst frei mit der allgemeinen Leibes-
apparat höhle. Aus den Ursegmentstielen und aus ihnen nahe verwandten Teilen des
Mesoderms gehen die Nieren im weitesten Sinn, d. h. verschiedene, aufeinander-
folgende Generationen dieser Organe hervor. Enge Beziehungen der älteren
Niereiigeiierationen zu den Keimdrüsen bilden sich heraus, indem die Keim-
produkte, welche ursprünglich frei in die Leibeshöhle gelangen, durch jene
Ursegmentstiele aufgenommen und durch besondere Ausmünduiigen der anfäng-
lich blindendigenden Kanälchen nach außen geleitet werden. So entstehen durch
eine Kombination von Nierenabkömmlingen, welche nicht mehr den Harn
sondern die Geschlechtsprodukte ableiten, und von Keimdrüsen (Hode oder
Eierstock) die inneren Geschlechtsorgane. Zu ihnen kommen die äußeren
hinzu. Beides zusammen bezeichnen wir als Geschlechtsapparat. Die
Nieren ergänzen sich durch hinzukommende Abfuhrwege des Harns, welche
zum Teil Verbindungen der mesodermalen Abkömmlinge mit entodermalen
Bezügen aus dem hintersten Abschnitt des Darmes darstellen, zum Harn-
apparat (uropoetischer Apparat). Harn- und Geschlechtsapparat haben
nicht nur die genannten frühen Verbindungen, sondern auch ganze Strecken
der jünger entstandenen Ausführwege gemeinsam. Wir trennen sie als einen
 
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