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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 2): Eingeweide (Einschliesslich periphere Leitungsbahnen, I. Teil) — Berlin, Heidelberg, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.15150#0661

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652

Herz und Herzbeutel.

Die Taschenklappen sind wie die Segelklappen im Leben immer flottierend im
Blut, welches das Herz und die Gefäße füllt, zu denken. Da ihnen die Sinus Valsalvae
entsprechen, so kann sich die Klappe nicht wirklich der Wand anschmiegen. Bei
der Kammersystole werden die Taschenklappen nur ganz vorübergehend beiseite
gedrückt, solange das Blut ausströmt. Sie schließen sich beim Nachlassen des
Kammerdruckes fast momentan.

Die Zahl und Stellung der Taschenklappen wird während der Entwicklung
durch die Art der Scheidung des Trunkus des Herzschlauches durch das Septum
aorticopulmonale entschieden (S. 633). Die Septierung engt das sanduhrförmige
Lumen (Abb. 3loa) immer mehr von beiden Seiten ein, bis sie vollzogen ist;
die beiden Tochteröffnungen sind dreieckige Spalten mit einander zugewendeten
Spitzen. Die Taschen stehen infolgedessen so, daß in der zuvorderst liegenden
Lungenarterie eine vordere unpaare und zwei hintere paarige Taschen, umgekehrt
in der zuhinterst liegenden Aorta zwei vordere paarige und eine hintere unpaare
Tasche festzustellen sind (Abb. 315b, c). Die Bezeichnungen werden danach gerichtet,
so daß wir bei der A. pulmonalis eine Valvula semilunaris anterior und zwei

Valvulae semilunares posteriores (dextra
et sinistra) unterscheiden, bei der Aorta zwei
Valvulae semilunares anteriores (dextra
et sinistra) und eine Valvula semilunaris
posterior. Allerdings steht das Herz so im Brust-
korb, daß die Orientierung der Taschenklappen
im Verhältnis zum Gresamtkörper eine andere ist
(Abb. 328). Im Bulbus aortae hat man danach
auch die Valvula semilunaris anterior dextra als
Valvula anterior, die beiden anderen als Valvulae
kUp|ln,ES posteriores bezeichnet; obgleich sie tatsächlich so

in o. Hertwigs Handbuch der vergl. im Korper stehen, so ist doch meines Erachtens
Entwicklungslehre, Bd. 3, Teil 2, s. 54). die ältere Bezeichnungsweise vorzuziehen, weil sie

in Übereinstimmung steht mit der Bezeichnung
der Kranzarterien, daher weniger kompliziert und im Anschluß an die Entwicklung
der Taschenklappen (Abb. 315) einprägsamer ist und nicht so leicht zu Irrtümern
Anlaß gibt.

Die Semilunarklappen haben ebensowenig G-efäße wie die Atrioventrikular-
klappen. Die feinere Struktur ist bei beiden Klappenarten im wesentlichen die
gleiche.

3. Die Binnenräume.

Wir betrachten die vier Binnenräume des Herzens in der Reihenfolge, in
welcher der Blutstrom sie durchläuft und beginnen beim Eintritt des aus dem
Körperkreislauf zurückströmenden Blutes, welches durch die obere und untere
Hohlvene in die rechte Vorkammer eintritt.
R^°h_te Die Wand der rechten Vorkammer ist entwicklungsgeschichtlich aus zwei
kammer verschiedenen Bausteinen zusammengesetzt, der rechten Sinushälfte und dem
eigentlichen rechten Atrium (Abb. 308, dunkelviolett und grau). Jeder von ihnen
hat seine Besonderheit und beide sind außerdem durch eine scharfe Grenze
äußerlich und innerlich voneinander getrennt, so daß sie im fertigen Herzen
gut unterscheidbar sind. Der Sinusanteil ist glattwandig, was besonders am
Ausguß des Herzens hervortritt (Abb. 311a). Der alte Atriumanteil ist mit
Muskelbalken besetzt, welche in die Lichtung des Vorhofes vorspringen und
besonders dicht im rechten Herzohr stehen, Musculi pectinati (Abb. 316, 317).
Die schmalen niedrigen Muskelleisten verlaufen beim aufrechtstehenden Herzen
im wesentlichen senkrecht und sind einander parallel gerichtet, daher der
Vergleich mit den Zähnen eines Kammes (Pekten). Wo sie an der seitlichen
hinteren Vorhofswand aufhören, springt eine Falte in das Innere vor, Crista
terminalis (Abb. 311a); ihr entspricht auf der Außenwand des Vorhofes eine
seichte Rinne, Sulcus terminalis (Abb. 308). Hier ist die Grenze zwischen
altem Vorhof und Sinus. Ist sie im Einzelfall nicht ausgeprägt, so ist doch
der Unterschied der glatten und der mit Muskelbalken besetzten Wandpartie
sehr charakteristisch.
 
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