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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 2): Eingeweide (Einschliesslich periphere Leitungsbahnen, I. Teil) — Berlin, Heidelberg, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.15150#0569

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Blut und Lymphe.

sehr mannigfaltig und besitzen sehr verschiedene Angriffspunkte im Organismus.
Man stellt sich vor, daß sie die Bildung von Gegengiften gegen die parenteral
eingeführten Substanzen seitens der Körperzellen in Gang setzen, ferner die
Zentren und peripheren Enden des Sympathikus und Parasympathikus zu
reizen und namentlich die Blutverteilung im ganzen sowie die Durchblutung
der einzelnen Organe zu beeinflussen vermögen.

Die Fibringerinnung, die im normalen Körper fehlt, wird durch den Zerfall
von Blutplättchen (aber auch von anderen Zellen!) in G-ang gebracht. Die Plättchen
ballen sich zu Häufchen zusammen, wozu sie durch ihre Klebrigkeit neigen, und
zerfallen, indem sich der Innenkörper in Körnchen auflöst und das übrige Plättchen
schaumig aufquillt; im Anschluß daran werden feinste strahlenartige Fädchen
von Fibrin sichtbar, in deren Mittelpunkt die Gruppe zerfallener Thrombozyten
liegt. Den freiwerdenden Plättchenstoff, eine fermentartige Substanz, nennt man
Thrombokinase. Er ist von dem Fibrinogen, welches im Blut- und Lymph-
plasma gelöst ist (S. 548), verschieden. Erst das Zusammentreten von Fibrinogen
(auch Thrombogen genannt) und Thrombokinase erzeugt das wirksame Thrombin.
Die Gerinnung kann im Blut stürmisch auftreten, weil das Fibrinogen überall vor-
handen ist und die labilen Blutplättchen schnell die Kinase freigeben können.

4. Blutstäubchen.3

Außer den bisher beschriebenen lebenden Korpuskula gibt es auch Bei-
mischungen des Blutes beim gesunden Menschen, welche als tote Zelltrümmer
von außen in dasselbe hineingelangen und eine Zeitlang mitgeschleppt werden,
oder sonstige Splitter organischer oder anorganischer Natur als zufällige Zutaten.
Eine biologische Bedeutung kommt ihnen nach unseren jetzigen Kenntnissen
nicht zu. Von im Plasma gelösten Substanzen und von pathologischen geformten
oder gelösten Beimengsein sehen wir hier ab. Am häufigsten sind im normalen
Blut an der Stelle der Einmündung des Hauptlymphganges feinste Fett-
tropfchen, welche aus dem im Darm aufgenommenen und von der Lymphe
transportierten Fett stammen. Sie lassen sich in Äther lösen und mit Fett-
farbstoffen (Sudan) färben. Wie ein schlammiger Nebenarm in den klaren
Hauptfluß einmündet, so trübt die Lymphe eine Strecke weit das Blut der
Vena anonyma sinistra. Aber an Stellen, welche entfernt von den Lymph-
zuflüssen liegen, ist das Blut arm an Fetttröpfchen. Außerdem findet man
Körnchen und Körnchenhaufen feinster Art, die in sehr wechselnder Verteilung
vorkommen und schwer auf ihre spezielle Herkunft zu analysieren sind.

Manche Autoren bezeichnen nur die letzteren als Blutstäubchen, Hämokonien.
Ich wende den Namen auf alle nicht lebenden Blutkorpuskula an. Wenn sich
unter ihnen Trümmer von Leukozyten oder Blutplättchen befinden sollten, so
unterscheiden sie sich von den intakten Elementen dieser Art dadurch, daß sie
Abfälle des Lebendigen sind. Diese Annahme ist eine vorläufige; weitere Forschungen
werden vielleicht auch unter den Blutstäubchen lebenswichtige Elemente aufzu-
decken vermögen. Bei abnormem Reichtum des Blutes an Fettkügelchen spricht
man von Lipämie.

IL Die fertige Lymphe.

Von den Blutkörperchen finden wir verschiedene in der Lymphe wieder.
Blutspezifisch sind jedoch alle Erythrozyten, die neutrophilen Granulozyten
und die Blutplättchen. Sie fehlen in der Lymphe stets. Übrig bleibt für die
Lymphe nur der eine Hauptstamm der Leukozyten, die Lymphozyten, welche
ca. 1/3 aller weißen Blutkörperchen im Blut ausmachen und ihren Namen daher
tragen, daß sie aus der Lymphe stammen, also nicht blutspezifisch sind. Da
der Lymphstrom in die Blutbahn ausmündet, so werden sie naturgemäß in
beiden Flüssigkeiten gefunden, in der Lymphe und im Blut. Eine Beschrei-
 
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