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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 2): Eingeweide (Einschliesslich periphere Leitungsbahnen, I. Teil) — Berlin, Heidelberg, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.15150#0346

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B. Harn- und Greschlechtsapparat.

Daß der Harn- und Geschlechtsapparat wie alle Eingeweide aus dem
Mesoderm stammt, aber aus einem besonderen Teil desselben 'und dadurch
von vornherein entwicklungstopographisch eine besondere Stellung einnimmt,
wurde schon früher erwähnt (S. 4). Die Harn- und Geschlechtsprodukte
werden zwar an getrennten Stellen des Mesoderms erzeugt, sie werden
aber ursprünglich von den gleichen Kanälen aus dem Inneren des Körpers
herausgeführt. Harn und Samen nehmen z. B. beim Lachs denselben Weg; zur
Zeit der Geschlechtsreife ist die Niere dieses Fisches prall mit Samenfäden
gefüllt, so daß die Harnsekretion erheblich gehindert ist. Bei periodischer
Reifung der Geschlechtsprodukte kann eine Art zeitlicher Abwechslung zwischen
Harn- und Samenbeförderung stattfinden; der Stickst off haushält des Körpers
muß weitgradig abgestellt sein, solange die Harnabsonderung gehemmt ist,
weil die bei der Verbrennung des Eiweißes abfallenden Schlacken sehr giftig
für den Körper sind und deshalb durch den Harn herausbefördert werden müssen.

Bei den höheren Tieren und beim Menschen ist eine Arbeitsteilung ein-
getreten. Ein Teil der ursprünglichen Niere geht ganz in den Dienst des
Geschlechtsapparates über und wird fortab zu den Geschlechtsorganen
gerechnet; nur ein Teil übernimmt die Harnabsonderung und bildet die
eigentlichen Harnorgane. Beide sind also schließlich getrennt und können
dauernd funktionieren, weil nicht die Produkte des einen dem anderen den
Weg versperren. Nur die äußeren Genitalien sind für beide gemeinsam. Sie
werden nicht bei den Harnorganen, sondern bei den Geschlechtsorganen be-
handelt.

Die Entstehung aus inneren gemeinsam benutzten Ausführgängen und ihre
Umformung zu den endgültigen Zuständen vollzieht sich noch jetzt im mensch-
lichen Embryo in den Hauptzügen und hinterläßt in vielen Einzelheiten ihre
Spuren bei den fertigen Organen; Varietäten und Mißbildungen sind allein
von hier aus zu verstehen. Wir haben deshalb auf diese Vorstufen des End-
zustandes einzugehen. Allerdings müssen wir wegen der Einzelheiten der sehr
mannigfaltigen Bauprozesse auf die Lehrbücher der Entwicklungsgeschichte
verweisen. Wir heben nur Dinge hervor, ohne welche die menschlichen Zu-
stände unverständlich bleiben.

Außer den Harn- und Geschlechtsorganen und ihren Anhängen haben wir
noch ein drittes System zu behandeln, welches nur zum Teil mit ihnen die gleiche
Anlage hat: die Nebenniere. Sie stammt zum anderen Teil aus dem sym-
pathischen Nervensystem, welches hier mit nierenartigen Abkömmlingen in
Symbiose tritt. Die Nebenniere kann also nach Belieben hier oder beim Nerven-
system behandelt werden. Gewöhnlich wird sie zu den Harnorganen wegen
der örtlichen Nähe zu den Nieren gestellt. Ich schließe mich dem an. Dem
sympathischen Anteil der Nebenniere verwandte Organe, die chromaffinen
Körperchen, behandle ich im Anschluß an die Nebenniere.

Braus, Lehrbuch der Anatomie. II. 22
 
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