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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 2): Eingeweide (Einschliesslich periphere Leitungsbahnen, I. Teil) — Berlin, Heidelberg, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.15150#0567

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558

Blut und Lymphe.

-leichen, aber auch zum Wiederaufbau des gerade Zerstörten. Nicht alle
amöboiden Zellen sind Freßzellen.

Die Phagozytose besteht darin, daß die amöboiden Fortsätze einer Zelle eine
fremde Zelle (Körperzelle, Bacterium) umfließen und in das Zellinnere aufnehmen.
Dort wird Verdauliches aufgenommen und verarbeitet, Unverdauliches wird ausge-
stoßen. Je nachdem die Leukozyten große oder kleine Partikel aufzunehmen ver-
mögen, nennt man sie makro- oder mikrophag. Bei den vitalen Färbungen
speichern die Lymphozyten den künstlich zugefügten Farbstoff nicht; es ist also
sehr fraglich, ob gerade sie besondere Fähigkeiten zur Phagozytose haben (den
Namen „Makrophagen", der vielfach für sie gebraucht wird, tragen sie wahr-
scheinlich zu Unrecht ). Manche Gewebszellen haben amöboide Beweglichkeit und
zugleich phagozytäre Fähigkeit (S. 594).

Nicht immer sind Bakterien, welche in Leukozyten eingeschlossen sind, auch
von diesen abgetötet worden. Man weiß z. B. von Cholerakulturen, daß nur ab-
getötete Vibrionen von weißen Blutkörperchen gefressen werden; lebende werden
nicht aufgenommen.

3. Blutplättchen.

Die Blutplättchen sind keine Zellen, wie der vielgebrauchte, aber irre-
führende Fachname Thrombozyten" andeutet. Sie besitzen zwar einen
chromatischen Innenkörper (Abb. 267). Von manchen wird er als Rest eines
Kernfragmentes gedeutet, von anderen wird er mit mehr Recht für zusammen-
geballte basophile Granula des Zelleibes der Mutterzellen gehalten. Als diese
werden heute allgemein die Riesenzellen des Knochenmarkes angesehen, welche
Fortsätze aussenden und Stücke dieser Fortsätze abstoßen, eben die Blut-
plättchen (S. 568). Danach sind sie nicht Zellen, welche ihren Kern verloren
haben wie die Erythrozyten, sondern sie sind von vornherein Zellfragmente.
Eine Vermehrung durch Zellteilung ist nicht möglich.

Die Zahl ist sehr schwankend, im mm3 findet man ca. 150000—200000.
Man kommt zu mnemotechnisch leicht einprägbaren Zahlen, wenn man von den
Leukozyten als Einheit ausgeht. Dann kommen auf einen Leukozyt ungefähr
666 Erythrozyten und 66 Plättchen. In Ausstrichpräparaten sehen sie rundlich
aus, haben verwaschene Konturen, häufig längliche Fortsätze und tropfen-
förmige Anhänge. Sie sind verschieden groß (1—3 /.<), aber immer kleiner als
die roten und weißen Blutkörperchen im gleichen Präparat. Man kann die
Blutplättchen ähnlich einer Bakterienkolonie auf einem entsprechend präpa-
rierten Nährboden aus Agaragar im Wärmeschrank am Leben erhalten (man
kann sie aber nicht züchten wie Bakterien, da die Vermehrungsfähigkeit fehlt!).
Man sieht in der Kultur, wie sie feine Fortsätze aussenden; auch Bewegungen
an einen anderen Ort — wenn auch von geringem Ausmaß — sind beobachtet
worden. Ob allerdings diese Lebenserscheinungen denen innerhalb der Blut-
bahn entsprechen, ist. fraglich. Im frisch entnommenen Blutstropfen steigen
die Blutplättchen infolge ihrer Leichtigkeit in die Höhe und kleben an der Unter-
seite des Deckgläschens, wo sie mit starken Vergrößerungen als hellglänzende
Pünktchen wahrnehmbar sind. Von der Fläche gesehen erscheinen sie rund-
lich, von der Kante gesehen wetzsteinförmig; Ausläufer sind im gewöhnlichen
Blutstropfen nicht sichtbar. Die Blutplättchen bleiben bei Einwirkung von
Essigsäure ungelöst.

Da die weißen und roten Blutkörperchen im stehenden Blut zu Boden sinken,
die Blutplättchen dagegen aufsteigen, kann man sie leicht von den letzteren trennen,
wenn man das Blut lange genug flüssig erhält. Bei einem Blutstropfen genügt
dazu, ihn anstatt auf Glas auf eine Unterlage von Paraffin zu bringen, bei größeren
Blutmengen wendet man paraffinierte Bohren oder Kölbchen an (auch sehr sauberes,
stark gekühltes Glas ist geeignet, S. 547). Man kann dann die Blutplättchen von
der Oberfläche mit einem Deckgläschen abstreichen oder bei größeren Mengen
abpipettieren. Infolge des verschiedenen spezifischen Gewichtes der Korpuskula
des Blutes gehört besondere Vorsicht dazu, um im Abstrichpräparat das richtige
 
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