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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 2): Eingeweide (Einschliesslich periphere Leitungsbahnen, I. Teil) — Berlin, Heidelberg, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.15150#0589

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Bildung und Zerstörung der Blutkörperchen.

beim Schaf, bei welchem die eingehendsten Untersuchungen angestellt wurden,
ist ähnlich denen der vorübergehenden Blutlymphknoten beim Menschen. Man
erkennt sie beim frisch geschlachteten Tier leicht an ihrer Farbe und sieht sie einzeln
und gruppenweise durch die Peritonaealauskleidung vor und zu Seiten der Wirbel-
säule durchschimmern (längs der ganzen Aorta).

4. Milz.

Hepato- Die Milz, Lien, gehört zu den Organen, deren einfache Gestalt wie die

lenale und ' ' & ° ' .

leuko- schlichte Fassade eines Hauses einen höchst komplizierten Innenbau verbirgt,
poetische j)enken wir an die Leber, bei welcher die Blutgefäße ganz wesentlich die
Ziehungen Komplikation bedingen, so wird uns der feinere Bau der Milz nicht so sehr
in Erstaunen setzen. Das eigentliche Gewebe der Milz, Parenchym, ist noch
mehr eingeengt als das der Leber, die Blutgefäße sind noch mehr in den Vorder-
grund getreten. Ich sagte, daß die Milz gegenüber den Lymphknoten das
Monopol der Blutzerstörung an sich gerissen hat. Das ist richtig innerhalb des
Bereiches der lymphatischen Organe. Aber innerhalb des Körpers als Ganzes
besteht eine innige Zusammenarbeit zwischen Milz und Leber beim Abbau
der roten Blutkörperchen und ihres Blutfarbstoffes. Man hat dies neuerdings
besonders untersucht, seitdem man darauf aufmerksam geworden war, daß bei
Erkrankungen der Leber häufig die Milz geschwollen und miterkrankt ist
(hepatolienale Krankheiten). Die Milz ist also nur der eine notwendige
Faktor, die Leber der andere, welche gemeinsam den intermediären Hämo-
globinstoffwechsel regeln. Man stellt sich den Prozeß als wesentlich
aktiven Vorgang vor, indem nicht etwa nur zugrundegegangene oder ge-
schädigte Elemente aus der Blutbahn in der Milz abgefangen werden, wie sie
pathogene Organismen speichert (z. B. Malariaplasmodien), sondern indem
aktiv bestimmt wird, welche Blutkörperchen am Leben bleiben sollen und welche
nicht. Da bei dem Zerfall der Erythrozyten das im Hämoglobin enthaltene
Eisen frei wird, so handelt es sich um eine sehr wichtige Frage des Stoffhaus-
haltes des Körpers. Eisen wird zwar durch die Nahrung aufgenommen (alimen-
täres, exogenes Eisen), scheint aber gewöhnlich nur vorübergehend im
Körper zu bleiben; das dauernd einverleibte Eisen wird hauptsächlich dem
Blut entnommen (Bluteisen, endogenes Eisen).

Die Schlacken des Eisenstoffwechsels fließen als Gallenfarbstoffe in den
Darm ab. Die Galle wird in der Leber abgeschieden; daraus ist in der Norm
die innige Verkettung der Leber mit der Milz beim Blutabbau zu ersehen.
Wie die Milz dabei verfährt, wird sich aus ihrem Intimbau ergeben, soweit
wir heute einen Einblick in die schwer deutbaren Vorgänge haben.

Aber die Milz ist nicht Zerstörungsherd allein, wie die dauernden Blut-
lymphknoten der Wiederkäuer, bei denen die lymphatischen Bildungsherde
rudimentär geworden sind. Sie ist nebenbei ein sehr wichtiges leukopoetiscb.es
Organ. Wie die beiden biologischen Aufgaben für die Zusammensetzung des
Blutes im Bau des Organes zum Ausdruck kommen, soll uns beschäftigen;
wir werden sehen, daß auch physikalische Beziehungen zum Blutkreislauf mit
im Spiele sind. Die äußere Form verrät von alledem so gut wie nichts. Wir
stellen eine kurze Beschreibung der äußeren Beziehungen voraus, ehe wir uns
der Schilderung des wichtigeren inneren Baues zuwenden.

Durch dauernd eisenfreie Kost kann im Tierversuch der Hämoglobingehalt
des Blutes so stark herabgesetzt werden, daß eisenarme Generationen von Tieren
gezüchtet werden konnten (bei weißen Mäusen). Verfüttert man dann Eisen, so
entstehen sofort vollwertige rote Blutkörperchen, während sie bis dahin sehr hämo-
globinarm waren. Das alimentäre Eisen wird also beim kranken Organismus gut
assimiliert. Dem gesunden Körper genügt dagegen im wesentlichen das bei der
Blutzerstörung freiwerdende Metall.
 
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