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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 2): Eingeweide (Einschliesslich periphere Leitungsbahnen, I. Teil) — Berlin, Heidelberg, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.15150#0474

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Allgemeines.

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liehe in lebhaftes Gewimmel versetzt. Das letztere ist der übliche Vorgang,
da die Samenfäden im Hoden Nebenhoden und im Samenleiter bis zu den
Mündungen der Spritzkanäle hin sich nur wenig bewegen. Erst im frischen
Ejakulat sieht man das wirre Durcheinander, welches für das normale Sperma
charakteristisch ist. Inwieweit die Sekrete der übrigen Drüsen ähnliche
chemische Wirkungen ausüben, ist weniger sicher. Doch ist wohl anzunehmen,
daß jedes die Rolle eines ganz bestimmten Enzymes in dem Gemisch über-
nimmt, um den Samenfäden, denen es als Vehikel dient, auch wirklich die
höchste Leistungsfähigkeit zu verleihen und 'etwaige Schädlichkeiten im Ge-
schlecht sapparat der Frau bei der Kohabitation zu paralysieren.

Auch eine physikalische Rolle der Drüsensekrete ist anzunehmen. Die
Menge von 200—300 Millionen Sperrnatozoen, welche durchschnittlich auf
einmal ejakuliert wird, bedarf eines gewissen Raumes, damit sich der einzelne
Eaden bewegen kann. Bei der sog. künstlichen Befruchtung müssen die
dem Hoden entnommenen Spermien in physiologischer Kochsalzlösung auf-
geschwemmt werden. Das indifferente Vehikel verschafft den Einzelelementen
gleichsam Raum für den Anlauf. Diese Rolle übernehmen die Sekrete der Drüsen
bei der natürlichen Befruchtung. Auch wird durch sie die Oberfläche der
Eichel schlüpferig, ähnlich wie bei der Frau das Vestibulum vaginae durch
das Sekret der Bartholin sehen Drüsen während des Koitus angefeuchtet
"wird. Man schreibt diese Wirkung beim Manne den entsprechenden Drüsen
(Cowpersehen Drüsen) zu.

Der Same im Nebenhoden ist weißlich pappig, das Sekret der Ampullen
und Samenblasen geleeartig, der Prostatasaft leicht flüssig, das Sekret der
CowPERschen Drüsen zähschleimig, also Verschiedenheiten der Konsistenz, die
erst durch eine Mischung der Komponenten den richtigen Aggregatzustand
des Samen ergeben. Dabei lösen sich nicht alle untereinander, z. B. das
Sekret der Samenblasen nicht im Prostatasaft, wohl aber im Nebenhoden-
sekret. Das Prostatasekret bleibt flüssig, auch wenn es konzentriert ist; die
Körnchen, die es enthält, dicken zwar zu geschichteten Konkrementen ein,
aber nicht der Saft als solcher. Das erkaltende Ejakulat nach dem Erguß aus
dem Gliede wird in den ersten Minuten gallertig, nimmt aber dann an Vis-
kosität ab. Wie es sich in utero verhält, wissen wir nicht. Es reagiert schwach
alkalisch.

Die Menge eines Ejakulates beträgt etwa 3,5 cm3, wechselt aber individuell
und bei demselben Individuum je nach dem Alter, der Häufigkeit der Samen-
ergüsse im gleichen Zeitraum und nach der Intensität des Orgasmus.

3. Damm und Beckenboden des Mannes.

D amm oder Mittelfleisch, Perineum, heißt die Weichteilbrücke, welche
bei beiden Geschlechtern in der Mitte zwischen dem After und den Genitalien
liegt; sie ist sekundär eingeschoben worden, als die Kloake in den Sinus uro-
genitalis und Mastdarm aufgeteilt wurde (Abb. 220). Bei der Frau ist der Damm
verhältnismäßig primitiv und kurz. Beim Mann ist er durch die Vereinigung
der Labia majora zum Hodensack verlängert; die Entstehung aus zwei ver-
schmolzenen Hälften ist beim Erwachsenen noch durch die Raphe angedeutet,
welche vom Hodensack auf die Haut des Dammes fortgesetzt ist. Man rechnet
ihn beim Mann vom After bis zum Beginn des Hodensackes. Doch reichen die
zum Damm gehörigen Muskeln über diese Grenze nach vorn und hinten hinaus
(hinten bis zur Wirbelsäule, vorn bis zur Symphyse und bis auf das Glied).
Auch sind die Dammuskeln zum Teil zum Abschluß der unteren Beckenöffnung
verwendet. Der weiche Beckenboden, Diaphragma pelvis (Abb. 237),

Braus, Lehrbuch der Anatomie. ii. 30
 
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