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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 2): Eingeweide (Einschliesslich periphere Leitungsbahnen, I. Teil) — Berlin, Heidelberg, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.15150#0140

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Nasenhöhle. 131

4. Die Nasenhöhle, Cavum nasi.

Die definitive Nasenhöhle ist ihrer Entstehung nach kompliziert zusammen- Aufbau
gesetzt. Da die Bausteine so ineinander gefügt sind, daß bei Erwachsenen scMedlnei
von den ursprünglichen Grenzen nichts mehr zu sehen ist, gehen wir hier nur mit Ko^i,en
einigen Worten auf die Entstehungsgeschichte ein. Sie hat Bedeutung für
Mißbildungen des Gaumens.

Wir haben früher gesehen, daß der Anfangsteil des Kopfdarmes durch den
Gaumen sekundär in zwei übereinanderliegende Stockwerke zerlegt wird (S. 8).
Das untere ist die definitive Mundhöhle, das obere
wird zur Nasenhöhle geschlagen. Doch ist nicht
die ganze Nasenhöhle von hier aus gebildet, sondern
sie geht gerade den umgekehrten Entwicklungsweg
wie die Mundhöhle. Sie entsteht zunächst aus den
primären Nasenschläuchen; zu diesen tritt später
der Abkömmling der Mundhöhle hinzu. Die primäre
Anlage erhält so neuen Zuwachs, anstatt wie die
Mundhöhle vom alten Bestand abzugeben. Das

, .. •, -i TT, i , • i ry Abb. 78. Primäre Mundhöhle

hangt mit der hunktion der Zunge zusammen. mit den beiden Nasen-

Die Nasenschläuche werden als zwei ektodermale schlauchen, Schema.

Verdickungen des Vorderkopfes angelegt: Riech -

plakoden; sie sinken sehr früh grubenförmig ein (Bd. I, Abb. 8). Von hier
aus wachsen zwei blindendigende Schläuche in der Tiefe auf das Dach der
primären Mundhöhle zu und sind eine Weile von dieser durch je eine dünne
Verschlußmembran getrennt, Membrana bueconasalis. Die äußere Öffnung
eines jeden Schlauches liegt zwischen dem mittleren und seitlichen Nasenfortsatz
(Abb. 12b). Etwas später verschwindet die Membrana bucconasalis. Die beiden
Nasenschläuche stehen dann auf dem Dach der primären Mundhöhle wie die Luft-
schächte auf Deck eines Schiffes (Abb. 78). Das Riechepithel geht von der geschil-
derten Riechpiakode aus (Bd. III, Sinnesorgane). Nachdem der G-aumen entstanden

Ii

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Abb. 79. Bildung des Gaumens. Zahnanlagen, Meckelscher Knorpel und Nasenschläuche schwarz,
Gaumenleisten schraffiert, Zunge weiß, Skelettanlage des Gaumens punktiert. Gaumenarterie und die
Skelettanlage durchbohrende Gefäßnervenäste als Punkt und Strich e (neben * in Abb. a). a) Herabhängende
Gaumenleisten, Maulwurfembryo, b) heraufgeklappte Gaumenleisten, Maulwurfembryo, c) ein Gaumenfortsatz
hängend, der andere aufgeklappt, Mausembryo. (Nach Inouye, Anat. Hefte, Bd. 46, 1912, Abb. 38, 58.)

ist, weiten sich die Einmündungssteilen der beiden Nasenschläuche in das einstige
Dach der primären Mundhöhle zu sagittal gestellten Spalten aus. Innerhalb der
definitiven Nasenhöhle ist eine Grenze nicht zu sehen. Der betreffende Abschnitt
der primären Mundhöhle ist wahrscheinlich ektodermal (S. 8), das Material ent-
stammt also dem gleichen Keimblatt wie die Nasenschläuche.

Beim menschlichen Embryo von 18.5 mm Länge hängen die Gaumen-
leisten beiderseits der Zunge in die primäre Mundhöhle hinab (Abb. 79a). Die Zunge
Zunge stößt direkt gegen das Nasenseptum; nachdem die Nasenschläuche in
die primäre Mundhöhle durchgebrochen sind, werden sie von der Zunge ver-
schlossen, solange sie gegen deren Öffnung gepreßt wird. Bei Reptilien dichten
Zunge und Gaumenleisten den Kanal, welcher von der Zunge ausgefüllt wird,

Gaumen
und

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