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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 2): Eingeweide (Einschliesslich periphere Leitungsbahnen, I. Teil) — Berlin, Heidelberg, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.15150#0562

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Weiße Blutkörperchen.

553

Im Blut des Fötus ist der Hämoglobingehalt der roten Blutkörperchen höher
als nach der Geburt. Anfangs haben sämtliche Blutkörperchen in den Bildungs-
stätten und im strömenden Blut des Fötus Kerne; bereits in den letzten Embryonal-
wochen sind die Erythroblasten bis auf wenige Exemplare verschwunden, die sich,
gelegentlich über die G-eburt hinaus retten. Im Knochenmark des Erwachsenen
sind die Erythro blasten ebenfalls massenhaft vertreten (Abb. 269), aber das normale
strömende Blut ist frei davon. Darin unterscheiden sich das fötale und postfötale
Blut — abgesehen von den letzten Wochen der Schwangerschaft — auf das Schärfste.
Am deutlichsten ist der Unterschied in der Plazenta der schwangeren Frau. Hier
ist während der Frühzeit der Schwangerschaft das mütterliche Blut an seinen
Erythrozyten vom kindlichen Blut mit dessen Erythro blasten leicht zu trennen
(S. 516).

2. Leukozyten.

So gleichmäßig die Form und der Bau der roten Blutkörperchen ist, so ^^e*'
vielgestaltig sind die farblosen oder „weißen". Sie sind sämtlich wirkliche
Zellen mit Kernen. Ihre Formen unterscheiden sich durch verschiedene Größe
des Zelleibes, verschiedene Gestalt und Zahl der Kerne und durch verschiedenen
Gehalt des Zelleibes an körnigen, bald groben, bald feinen Einschlüssen,
Granula. Ehe wir auf die Eigenschaften der einzelnen Formen näher eingehen,
soll eine Tabelle eine Übersicht über die Formmannigfaltigkeiten der ver-
schiedenen Elemente geben. Ob diese Eigenschaften konstant sind wie etwa
die Rasseneigentümlichkeiten im Körperbau der Menschen und Tiere im ganzen
oder ob Übergänge vorkommen, ist der Gegenstand heftiger Fehden unter
den Blutforschern. Sehr wahrscheinlich gibt es im Blut zwei fest begrenzte
Rassen, die Lymphozyten und Granulozyten. Die ersteren kommen in
der Lymphe und im Blut vor, die letzteren sind blutspezifisch (sog. Dualismus
der weißen Blutkörperchen). Am umstrittensten ist die Frage, ob die Her-
kunft der Rassen an bestimmte Bildungsstätten gebunden ist oder ob bald
die eine, bald die andere Stelle des Organismus Sitz der Entstehung ist. Damit
sind verschiedene Bezeichnungsweisen eng verknüpft. Die Granulozyten werden
vielfach Myelozyten genannt, um auszudrücken, daß sie knochenmark-
spezifisch sind. Ich ziehe trotz der hohen Wahrscheinlichkeit, welche ich dieser
Ansicht zubillige (S. 568), den rein beschreibenden Namen vor, der darauf Bezug
nimmt, daß der Zelleib dieser Leukozyten (mit Immersionen) deutlich sichtbare
Granula enthält, die bei den Lymphozyten fehlen oder doch sehr wenig auf-
fällig sind. Man nennt die Granulozyten häufig Leukozyten schlechthin oder
Blutleukozyten, weil sie zum Unterschied von den Lymphozyten nur im
Blut vorkommen; doch ist das Wort Granulozyten weniger mißverständlich.

Die Größe wird am einfachsten an der Größe der Erythrozyten im gleichen
Präparat gemessen, da diese relativ konstant ist. Die kleinsten Formen der
Leukozyten sind halb, die größten doppelt so groß. Die Gesamtzahl ist
viel geringer als bei den Erythrozyten. Im mm3 kommen ca. 7000 weiße
Blutkörperchen vor, also auf ca. 700 rote ein weißes. Bei Kindern vor dem
10. Lebensjahr sind die weißen Blutkörperchen zahlreicher, namentlich die
Lymphozyten. Auch beim Erwachsenen ist das Verhältnis der weißen zu
den roten Blutkörperchen nicht fest determiniert. Einiges ist darüber bereits
bei den Erythrozyten berichtet, deren Zahl durch Einflüsse der Kapillaren
und während der Schwangerschaft schwanken kann. Die Zahl der Leuko-
zyten selbst ist nicht nur relativ, sondern auch absolut veränderlich; sie ist
namentlich während der ersten Schwangerschaft, nach körperlichen Anstren-
gungen, unter thermischen und vasomotorischen Einflüssen, vielleicht sogar
nach größeren Mahlzeiten vermehrt. Eine genaue Grenze zwischen normalen
und abnormen Zahlen ist schwer zu finden, weil vorübergehende Vermehrungen
normal sein können. 5000—8000 Granulozyten plus 2000—2500 Lymphozyten
 
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