Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 2): Eingeweide (Einschliesslich periphere Leitungsbahnen, I. Teil) — Berlin, Heidelberg, 1924

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15150#0587

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
578

Bildung und Zerstörung der Blutkörperchen.

Die Pathologen kennen eine nicht seltene Vergesellschaftung von Hyperplasie
der Thymus und der Lymphknoten (Status thymolymphaticus). Sie hat
große klinische Bedeutung; der plötzliche ,,Thymustod" bei Kindern wird auf
eine Störung der Thymusfunktion bezogen und kommt besonders bei der genannten
Kombination vor. Daraus zu schließen, daß die Lymphozyten sich in der Thymus
geradeso verhalten wie in den Lymphknoten, wäre verfrüht.

Besonders umstritten ist die Beteiligung des Bindegewebes am Lynxph-
bildungsVorgang. Man unterscheidet fixe Bindegewebszellen, Fibroblasten,
welche die Fasern gebildet haben und das Leben des fertigen Gewebes
regulieren oder Verluste regenerieren, und Wanderzellen. Von den letzteren
sind am bekanntesten die Clasmo- oder Clasmatozyten, d. h. weit ver-
zweigte Zellen, welche ähnlich den Riesenzellen im Knochenmark ihre Ausläufer
abzuschnüren vermögen und danach ihren Namen haben; ferner die Mast-
zellen, rundliche Zellen mit basophilen groben Granula, welche den Plasmazellen
der Lymphknoten ähnlich sehen, nur sind letztere bei den üblichen Färbungen
diffuser tingiert. Beide Arten von Zellen sollen aus dem Bindegewebe aus-
wandern und in die Lymphe gelangen können; sie werden mit Blutzellen für
identisch gehalten (Lymphozyten, Mastgranulozyten). Andere Blutforscher
leugnen das auf das Bestimmteste. Auch Endothelzellen der Milz und der
Lymphknoten, welche mobil werden und in das Blut gelangen, ebenso Kitpffer-
sche Sternzellen der Leber speichern Karmin und sollen daran im kreisenden
Blut wieder zu erkennen sein (S. 597). Der Name Histiozyten vereinigt alle
genannten in den Bindesubstanzen mobilisierten und in die Lymphe oder das
Blut einwandernden Zellen.

Die Fibroblasten haben längliche Kerne und zipflige Protoplasmaausläufer ihres
Zelleibes in der Längsrichtung des Kernes. Liegen sie an Gewebsspalten, so sind
sie platt, wie ausgewalzt, der Kern ist längsoval und scheibenartig dünn; feine
Ausläufer können nach verschiedener Richtung vom Rand der dünnen Protoplasma-
haut ausgehen. Die Frage ist, ob die Fibroblasten bei Erkrankungen ihre fixe Lage
verlassen und ebenfalls wandern können. Die kleinzellige Infiltration bei
Entzündungen des Bindegewebes wird der Hauptmasse nach von ausgetretenen
Lymphozyten (Plasmazellen) abgeleitet. Die Frage, ob ein Teil der Zellen aus mobil
gewordenen, amöboid beweglichen Fibroblasten herstammt, wird immer wieder
ventiliert, obwohl sie von vielen Forschern aufs Heftigste als unrichtig bekämpft
wurde. Kulturen in vitro scheinen zu bekräftigen, daß fixe Zellen unter besonderen
Bedingungen aktiv beweglich werden und auswandern können.

3. Die Blutlymphknoten. t

gehendes Eine Zwischenstellung zwischen den Lymphknoten und der Milz nehmen
und die Blutlymphknoten, Nodi haemolymphatici, ein. In gewissen Lymph-
1 Vor-eb knoten können normalerweise Blutungen in die Lymphsinus hinein erfolgen
kommen (Hämorrhagien). Infolgedessen sehen sie bei der Betrachtung mit bloßem Auge
nicht grauweiß, sondern intensiv rot aus. Auch ohne Hämorrhagie kann ein
Lymphknoten rötlich aussehen, wenn nämlich sein Gehalt an Blut innerhalb
der üblichen Blutbahn beträchtlich ist. Injiziert man in diesem Fall das frisch
dem Körper entnommene Organ von den Blutgefäßen aus mit einer blauen
Farbe, so schlägt bei dem bis dahin rötlichen Knoten die Färbung in das Bläu-
liche um; der Knoten dagegen, welcher Blut in seinem Lymphsinus birgt,
behält seine rote Farbe. Im übrigen ist er ein echter Lymphknoten und unter-
scheidet sich von einem solchen in gar nichts, wenn das Blut aus den Lymphsinus
wieder verschwunden ist. Bei Wiederkäuern gibt es außerdem rotgefärbte
Knoten, welche ebenfalls als Blut,, lymph''knoten bezeichnet werden, obgleich
sie keine echten Lymphknoten sind. Denn sie haben keine Lymphgefäße. Da
sie aber einen marginalen und viele, zentrale Sinus besitzen, die entwicklungs-
geschichtlich nur von Lymphgefäßen aus gebildet sein können, so kann man
 
Annotationen