Allgemeine Übersicht.
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Tieren und bei ihren Embryonen geschwunden ist und hieraus ein Verlust durch
Nichtgebrauch folgen würde. Auch das Skelett-, Gefäß- und Nervensystem (Kiemen-
bogen, Kiemengefäße und Kiemennerven) schließen in ihrem embryonalen Auf-
bau immer noch an die Gliederung an, welche durch die Schlundtaschen bestimmt
ist, so daß wir hier dem Material nach unentbehrliche Lagerstätten vermuten müssen,
deren Verwendbarkeit für den Organismus durch die Form und Lage der Taschen
mitbestimmt ist.
Aus der zweiten Tasche geht eine blindendigende Bucht hervor, Sinus Zweite
Schlund
tonsillaris (Abb. 65 links); das umgebende Mesoderm dringt gegen den tasche
Boden der Bucht knopfförmig vor und stülpt die epitheliale Wandung so weit
um, daß die Bucht bis zum Rande ausgefüllt wird. So entsteht jederseits die
Gaumenmandel, Tonsilla palatina (Abb. 66, 67). Im Anschluß daran
werden die Verbindungsstrecken zwischen der rechts- und linksseitigen zweiten
Schlundtasche zu ähnlichen Organen wie die Gaumenmandel umgewandelt.
Man nennt das in der dorsalen Wand des Kopfdarmes entstehende unpaare
Organ Tonsilla pharyngea, das in der ventralen Wand befindliche Ton-
silla lingualis. Zusammen mit den beiden Gaumenmandeln bilden die
genannten Organe einen Ring, welcher seiner Anlage nach das Lumen des Kopf-
darmes umgibt. Die Bestandteile des Ringes sind sämtlich lymphoepitheliale
•Mischorgane, welche wir zusammenfassend lymphoepithelialen Schlund -
ring nennen.
Die dritte Tasche geht als solche ganz verloren. Aber vorher sprosst je
ein dorsales und ventrales Divertikel von ihr aus. Das ventrale liegt anfänglich tasche
quer zur Darmachse (Abb. 65 links, orarge), biegt aber beim Längenwachstum
des Embryo in die Richtung seiner Längsachse um und unterliegt ähnlich wie
Zwerchfell und Herz einem Deszensus in die Brusthöhle hinein (Abb. 66).
Beim Kind finden wir hinter dem Brustbein im vorderen Mediastinum den
Bries, Thymus (Abb. 70), welcher je aus dem geschilderten Derivat der
rechten und linken dritten Schluncltasche abstammt. Auch er ist ein lympho-
epitheliales Mischorgan.
Das dorsale Divertikel der dritten Tasche bleibt als kleines; rein epitheliales
Knötchen erhalten; es heißt Epithelkörperchen, Glandula para-
thyreoidea (Abb. 65 links, blau). Den lateinischen Fachnamen verdient es,
weil es mit der Schilddrüse abwärts rückt und beim Erwachsenen gewöhnlich
neben ihrem unteren Rand gefunden wird (Abb. 66).
Man sagt der Thymus oder die Thymus. Ersteres ist korrekter, falls das Wort
vom griechischen 6 &vuoo stammt; letzteres ist in Deutschland gebräuchlicher
und deshalb nicht zu beanstanden, da man in Gedanken die Thymus,,drüse"
ergänzt.
Die vierte Tasche erzeugt ebenfalls einen dorsalen und ventralen Sproß, gX??^*,
Epithelkörperchen und Thymus (Abb. 65 links); doch geht außer der Tasche tasche
selbst gewöhnlich auch ihre Thymusanlage beim Menschen früh zugrunde.
Bleibt sie erhalten, so kann sie beim Erwachsenen als „inneres Thymusläppchen"
innerhalb des Gewebes der Schilddrüse eingebettet liegen. Bei manchen Tieren
(z. B. Kalb) ist dies die Regel. Dagegen ist das Epithelkörperchen der
vierten Tasche beim Erwachsenen regelmäßig nicht weit vom oberen Rand
der Schilddrüse zu finden. Die verschieden schnelle Verschiebung der Epithel-
körperchen der dritten und vierten Tasche beim Längenwachstum des Halses
hat zur Folge, daß beim Erwachsenen gewöhnlich die Reihenfolge gerade um-
gekehrt ist wie beim Embryo (4 liegt kranial von 3, anstatt kaudal von
ihm; Abb. 66 rechts). Die Körperchen können sich spalten, namentlich das
untere, so daß jederseits mehr als 2 Epithelkörperchen gefunden werden (bis
zu 8 oder gar 12). Sie liegen gewöhnlich neben und hinter der Schilddrüse
(Abb. 77), manchmal sogar in ihr Gewebe eingebettet. Alle Glandulae para-
Braus, Lehrbuch der Anatomie. II, 8
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Tieren und bei ihren Embryonen geschwunden ist und hieraus ein Verlust durch
Nichtgebrauch folgen würde. Auch das Skelett-, Gefäß- und Nervensystem (Kiemen-
bogen, Kiemengefäße und Kiemennerven) schließen in ihrem embryonalen Auf-
bau immer noch an die Gliederung an, welche durch die Schlundtaschen bestimmt
ist, so daß wir hier dem Material nach unentbehrliche Lagerstätten vermuten müssen,
deren Verwendbarkeit für den Organismus durch die Form und Lage der Taschen
mitbestimmt ist.
Aus der zweiten Tasche geht eine blindendigende Bucht hervor, Sinus Zweite
Schlund
tonsillaris (Abb. 65 links); das umgebende Mesoderm dringt gegen den tasche
Boden der Bucht knopfförmig vor und stülpt die epitheliale Wandung so weit
um, daß die Bucht bis zum Rande ausgefüllt wird. So entsteht jederseits die
Gaumenmandel, Tonsilla palatina (Abb. 66, 67). Im Anschluß daran
werden die Verbindungsstrecken zwischen der rechts- und linksseitigen zweiten
Schlundtasche zu ähnlichen Organen wie die Gaumenmandel umgewandelt.
Man nennt das in der dorsalen Wand des Kopfdarmes entstehende unpaare
Organ Tonsilla pharyngea, das in der ventralen Wand befindliche Ton-
silla lingualis. Zusammen mit den beiden Gaumenmandeln bilden die
genannten Organe einen Ring, welcher seiner Anlage nach das Lumen des Kopf-
darmes umgibt. Die Bestandteile des Ringes sind sämtlich lymphoepitheliale
•Mischorgane, welche wir zusammenfassend lymphoepithelialen Schlund -
ring nennen.
Die dritte Tasche geht als solche ganz verloren. Aber vorher sprosst je
ein dorsales und ventrales Divertikel von ihr aus. Das ventrale liegt anfänglich tasche
quer zur Darmachse (Abb. 65 links, orarge), biegt aber beim Längenwachstum
des Embryo in die Richtung seiner Längsachse um und unterliegt ähnlich wie
Zwerchfell und Herz einem Deszensus in die Brusthöhle hinein (Abb. 66).
Beim Kind finden wir hinter dem Brustbein im vorderen Mediastinum den
Bries, Thymus (Abb. 70), welcher je aus dem geschilderten Derivat der
rechten und linken dritten Schluncltasche abstammt. Auch er ist ein lympho-
epitheliales Mischorgan.
Das dorsale Divertikel der dritten Tasche bleibt als kleines; rein epitheliales
Knötchen erhalten; es heißt Epithelkörperchen, Glandula para-
thyreoidea (Abb. 65 links, blau). Den lateinischen Fachnamen verdient es,
weil es mit der Schilddrüse abwärts rückt und beim Erwachsenen gewöhnlich
neben ihrem unteren Rand gefunden wird (Abb. 66).
Man sagt der Thymus oder die Thymus. Ersteres ist korrekter, falls das Wort
vom griechischen 6 &vuoo stammt; letzteres ist in Deutschland gebräuchlicher
und deshalb nicht zu beanstanden, da man in Gedanken die Thymus,,drüse"
ergänzt.
Die vierte Tasche erzeugt ebenfalls einen dorsalen und ventralen Sproß, gX??^*,
Epithelkörperchen und Thymus (Abb. 65 links); doch geht außer der Tasche tasche
selbst gewöhnlich auch ihre Thymusanlage beim Menschen früh zugrunde.
Bleibt sie erhalten, so kann sie beim Erwachsenen als „inneres Thymusläppchen"
innerhalb des Gewebes der Schilddrüse eingebettet liegen. Bei manchen Tieren
(z. B. Kalb) ist dies die Regel. Dagegen ist das Epithelkörperchen der
vierten Tasche beim Erwachsenen regelmäßig nicht weit vom oberen Rand
der Schilddrüse zu finden. Die verschieden schnelle Verschiebung der Epithel-
körperchen der dritten und vierten Tasche beim Längenwachstum des Halses
hat zur Folge, daß beim Erwachsenen gewöhnlich die Reihenfolge gerade um-
gekehrt ist wie beim Embryo (4 liegt kranial von 3, anstatt kaudal von
ihm; Abb. 66 rechts). Die Körperchen können sich spalten, namentlich das
untere, so daß jederseits mehr als 2 Epithelkörperchen gefunden werden (bis
zu 8 oder gar 12). Sie liegen gewöhnlich neben und hinter der Schilddrüse
(Abb. 77), manchmal sogar in ihr Gewebe eingebettet. Alle Glandulae para-
Braus, Lehrbuch der Anatomie. II, 8