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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 2): Eingeweide (Einschliesslich periphere Leitungsbahnen, I. Teil) — Berlin, Heidelberg, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.15150#0298

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Der Dickdarm im einzelnen.

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Hauptausdehnung übernahm. Ist das letztere beim Erwachsenen extrem
kontrahiert, so kann der Längenunterschied verwischt sein; scheinbar ist dann
der kindliche Zustand (wie in Abb. 152a) beim Erwachsenen noch erhalten.
Bei den Vögeln und Säugern ist regelmäßig ein wohlentwickelter Blinddarm
vorhanden, nur bei einigen, darunter den höheren Affen und dem Menschen,
ist er zum bloßen Anhängsel geworden, das aber als lymphoepitheliales Organ
funktioniert.

Die eigentliche Aufgabe als Darm, die verloren gegangen ist, ist am weitesten
fortentwickelt bei körnerfressenden Vögeln und Säugern. Beim Pferde z. B. ist
er über 60 cm lang und faßt an Inhalt mehr als das Doppelte vom Magen. Bei
Vögeln ist er sogar paarig. Der langsamen Auf Schließung und Verdauung der zellu-
losereichen pflanzlichen Nahrung kommt dies zugute. Bei uns leistet die Auswahl
geeigneter Nahrung und die Küche, was bei jenen dem Darm obliegt.

Der Wurmfortsatz liegt am Mc Bubney sehen bzw. Lanz sehen Punkt (Bd. I,
S. 174); er liegt meistens hinter dem Kolon versteckt. Die Ileozaekalregion ist '
meistens so an der hinteren Bauch wand fixiert, daß die Wurzel des Wurmfortsatzes
mitgefaßt ist. Ist der ganze Wurmfortsatz beim Embryo zur Zeit, wo das Kolon
mit der hinteren Bauchwand nach aufwärts emporgeschlagen, so wird er gleichsam
retroperitonaeal gefangen (in tra murale Lage). Ist er gegen die Milz zugerichtet,
so muß man das Ileum zurückschlagen, um ihn zu finden. Immer zeigt die vordere
freie Tänie den Weg zu ihm. Hängt er in das kleine Becken hinab, so ist sein
Gekröse am ausgebildetsten. Es heißt Mesenteriolum. Die Größe schwankt auch
mit der Größe des Wurmfortsatzes selbst, die zwischen 2—19 cm betragen kann
(am häufigsten beträgt die Länge 10 cm, die Dicke 6 mm; in extrem seltenen Fällen
fehlt er ganz oder wird bis 25 cm lang). Das Lumen kann gelegentlich ganz fehlen
(3—4% der Fälle). Häufiger ist es streckenweise zurückgebildet, besonders bei alten
Leuten, selten bei Kindern, möglicherweise eine Folge abgelaufener Entzündungen.
Auch eine Klappe der Schleimhaut an der Mündung in den Blinddarm kommt vor.
Die Muskellängsschicht zerfällt nicht in Tänien, sondern ist gleichmäßig ausgebildet.
Das ganze Organ ist von einer Serosa überzogen.

Bei Entzündungen des Wurmfortsatzes (Appendizitis) oder Blinddarmes (Ty-
phlitis) wird der Schmerz häufig an der unrichtigen Stelle lokalisiert: viele Menschen
neigen dazu, Blinddarmschmerzen in die Magengegend zu verlegen. Der Arzt darf
sich dadurch nicht irreleiten lassen, sondern muß alle objektiven Symptome aufs sorg-
fältigste zu Kate ziehen (z. B. Bauchsperre, Bd. I, S. 162). Tatsächlich kommen hoch-
gradige Verlagerungen vor, besonders bei abnorm beweglichem Kolon und Zaekum.

Die Blutzufuhr der Ileozaekalgegend ist wegen der häufigen Entzündungen Gefäße der
besonders studiert worden. Man unterscheidet eine A. ileocaecalis anterior und Deozaekal-
posterior und eine A. processus vermiformis (s. appendicularis). Die beiden ersteren ßesend
breiten sich mit zahlreichen Ästen vorn und hinten auf dem Ende des Ileum und
ganzen Blinddarmes aus; die letztere verläuft im Mesenteriolum des Wurmfortsatzes
und kann auf ihrem Wege hinter dem Ileum her durch stagnierenden Inhalt zu-
gequetscht werden. Ob damit die Neigung des Organs zu nekrotisierenden Ent-
zündungen in Beziehung steht, ist fraglich.

Der Lymphstrom aus den üblichen Netzen der Darmwand der Ileozaekal-
gegend wird Lymphknoten dicht neben dem Blinddarm zugeleitet; diese stehen mit
den oberhalb gelegenen Lymphknoten in der Gegend der A. coeliaca und der Lenden-
gegend in Verbindung, aber auch nach unten mit Lymphknoten der Fossa iliaca und
bei der Frau mit Lymphgefäßen des rechten Eierstockes.

Das Kolon folgt der äußeren Bauchwand in seinem auf- und absteigenden Das Kolon:
Schenkel, Colon ascendens und Colon descendens; der beide verbindende LmLagleins'
Schenkel, Colon transversum, ist girlandenartig an beiden Flexuren auf-
gehängt. Der Name Querkolon (C. transversum) trifft den Kern der Sache
nicht. Gerade die Lage dieses Teiles wechselt sehr, ist aber typisch abhängig
von der Füllung und Dehnung des Darmes an dieser Stelle einerseits und seiner
Leerung und Verkürzung andrerseits. Im ersteren Fall sinkt die Girlande stärker
abwärts, im letzteren Fall ist sie straffer gespannt (Abb. 147 b). Geradlinig quer
ist die Lage und Richtung des ,,Quer"kolon in Wirklichkeit nicht.

Am Ende des Colon descendens legt sich das Kolon in eine Schleife von
sehr verschiedener Länge und Form, Colon sigmoideum (man nennt es
auch wegen einer häufig vorkommenden Form S romanum).

Braus, Lehrbuch der Anatomie. II.

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