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Heidelberger Beobachter: Kampfblatt der Nationalsozialisten für Odenwald und Bauland (1 (September-Dezember)) — 1931

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Seite 2

Dienstag, den 27. Oktober 1931.

1. Iahrg. / Nr. 151

beiter marschiert heute nicht mehr unter den
roten Fahnen der Internationale, sondern dem
Banner des Hakenkreuzes für Freiheit und Brot!
In den marxistisch regierten Ländern ist dies
verboten. In Braunschweig aber hak die Po-
lizei die Aufgabe, die roten Wegelagerer zu
überwachen, Provokateure und Terroristen fest-
ßunehmen, deshalb schreien die Banden Zeter
und Mordio und erklären:
„Das braunschweigische Reichsbanner hat an-
gesichts der ungeheuerlichen Vorgänge einen
Aufruf zur Sammlung aller Republikaner er-
lassen. Die Stärkung" der Reichsbannerfronk ist
bringend geboten. Jede Regierung und jede
Amksstelle, die gegen das Wegelagerer- und
Banditentum der Nationalsozialisten energisch
vorgehk, darf der -vollsten Unterstützung des
Reichsbanners sicher sein. (Reichsbannerpolizei
oder den Bock zum Gärtner machen!!) Wir er-
klären aber mit Bestimmtheit und Nachdruck,
daß wir es keinesfalls dulden werden, wenn
politische Verbrecher auch weiterhin mit dem
Schicksal unseres Volkes Schindluder treiben
und mit den verwerflichsten Mitteln di« Repu-
blik bekämpfen."
Das ist nichts anderes als eine unerhörte
Beschimpfung der verfassungsmäßig festgeskellken
braunschweigischen Regierung, um mit dem Ae-
publikschuhgsseh zu sprechen. Es ist schon so,
baß heute die NSDAP die Weimarer Verfas-
sung gegen ihre Pächter schützen muß, die nach
dem Artikel 48 gegen das angeblich souveräne
Volk schreien.
Eine Notverordnung gegen Braunschweig.
Nicht mehr und weniger fordert man von dem
Reichsinnenminisker General a. D. Groener. Wir
haben es wirklich herrlich weit gebracht und je-
der hergelaufene Schlawiner darf von der Re-
gierung Maßnahmen gegen das Volk fordern.
So sehen die fahungsgemäßen Stützen der Re-
publik aus, deren Bandenführer die Parole gab:
„Wir werden die Naztbanden mit Mann und
Maus vernichten!" Diese und ähnliche „geflü-
gelte Worte" Ovambos würden ein gesammeltes
Lexikon füllen, dessen eingehendes Studium wir
dem Staatsanwalt nur empfehlen können. Be-
reits im März dieses Jahres ist bei der Dresd-
ner Staatsanwaltschaft unter Einreichung ge-
nauer Beweise Strafanzeige gegen den Aeichs-
bannergeneral Hörsing eingegangen, der auf einer
Versammlung erklärte:
Die Geduld des Reichsbanners sei am Ende,
das Reichsbanner werde, wenn es das Interesse
der Republik gebiete, die Rechte bis zum letzten
Mann vernichten!
Die Anzeige, deren Begründung juristisch ein-
wandfrei festgelegt ist, stützt sich auf 8 30V, Zif-
fer 11 und Z 130 des Strafgesetzbuches (Auf-
reizung zum Klassenhaß). Als Beweis für die
schweren Folgen der Aufreizung sind der An-
zeige unparteiische Zeitungsberichte über nicht
Niger als sechs verschiedene Gewalttaten inner-
halb 24 Stunden überreicht, die von Anhängern
Hörsings gegen Andersdenkende melden, als
Folge der marxistischen Hetze.
Von dem Schicksal dieser Anzeige ist bisher
noch nichts bekannt. Inzwischen aber häufen sich
die Terrorakte, Wann endlich wird der Staats-
anwalt zugreifen, um rücksichtslos mit diesem
Spuk aufzuräumen? " H. R.

Ist Milkt Mist M der
ilalieillsA SM.
Paris, 26. Oktober. Die Berliner Reise des
italienischen Außenministers wird in der Pariser
Presse trotz der im Vordergrund des Interesses
stehenden Washingtoner Besprechungen ein-
gehend verfolgt. Man beschränkt sich aber im

kimMMiM M SMszkilW

Die Tante aus der Schröderstraße ist alt und
trottelhaft, das wissen wir. Täglich stürmt so
viel auf das späte Mädchen herein, daß es wohl
verständlich ist, wenn es den Kopf verliert.
Daß allerdings der Schreck so vernichtend
wirkt, daß sie nicht einmal mehr richtig rechnen
kann, die olle ehrliche „Volkszeitung", das hat
uns tief gerührt, zumal „zufällig" die national-
sozialistischen Stimmenzahlen der Anhalter
Wahl ein Opfer mangelhafter Rechenkünste oder
eines politischen „Druckfehlers" geworden sind.
Die „Volkszeitung" schreibt:
„Die Nationalsozialisten brachten eS auf
76 340 Stimmen gegen 43 634 am 14. Sep-
tember 1030. Das ist eine Sleierung
der Stimmziffern um 45 Prozent.
„Aber wie kann man nur , sagte der
„Wurm", der sich auch nebenbei in der Kunst
Adam Riese's übt:
45 Prozent von 43 634 Stimmen wäre eine
Zunahme um 19 634 Stimmen, also zusammen
63 268 Stimmen.
Tatsächlich aber Hal die NSDAP, wie die
„Volkszeitung" selbst anglbk, 76 430 Stimmen
erhalten.
Das aber sind nicht 45 Prozent, sondern 75
Prozent Zunahme seit dem 14. September 1930.
Wir hoffen nicht, daß dieser „kleine" Irr-
tum Absicht war, olle Tanke, sondern nehmen
an, daß ein „Druckfehler" . . . usw.
Warum erzählt ferner die „Volkszeitung"


ihren Lesern nicht, daß von den 17 505 Stimmen,
die die SPD verloren hak, höchstens 5 646
zur KPD kamen, während die überwiegende
Anzahl, 11 859 zu Adolf Hitler gingen?
Wir verstehen, daß das peinlich ist. Man
schreibt dann lieber nur:
„Die Sozialdemokratie hak Stimmen an
die Kommunisten verloren. — KPD nimmt
nicht die SPD-Verluste auf."
Warum so negative Feststellungen? Bitte
nur recht positiv schildern. Die Ae'berschrifken
müßten dann heißen:
„Starke Verluste der SPD an die National-
sozialistische Deutsche Arbeiterpartei!" And wenn

allgemeinen noch auf die Wiedergabe der ein-
zelnen Besuche, ohne schon jetzt näher dazu
zu nehmen. Nur -die radikatsozialiskische „Repu-
blique" -sagt zum Besuch Grandis, wenn Italien
Deutschland auch nicht in wirtschaftlicher oder
finanzieller Beziehung -helfen könne, so fei dies
doch in diplomatischer und unter Umständen so-
gar in militärischer Hinsicht möglich. Wenn
Hitler jemals die Führung der Deutschen über-
nähme, würde die Vereinigung der Generalstäbe
Hitlers und der Faschisten nur noch eine Frage
von Tagen sein und der Friede würde in Ge-
fahr schweben.
Die große außenpolitische Rede Mussolinis in
Neapel wird von allen Blättern ohne Stellung-
nahme wiedergegeben, wobei man jedoch in den
Ueberschriften die Rede als einen Angriff auf
die bestehenden Verträge bezeichnet.

schon „gefressen" wird: „Hitler frißt nicht
nur Hugenberg und Mngeldey, sondern auch die
Sozialdemokratie!"
Es wäre gut, die „Volkszeitung" gewöhnte
sich schon jetzt daran, -die lautere Wahrheit zu
sagen, nichts zu verschweigen und nichts hinzu-
zufügen, denn sie wird ihren Lesern bald noch
ganz andere Nervenchocks bereiten müssen, so sie
dann noch Leser in nennenswerter Zahl hat!
Ob die „Volkszeitung" wohl berichtigen wird?
LMmM in Emmdmdeittt.
Berlin, 24. Okk. Am Samstag vormittag
wurden im Haus des Deutschen Städtetages
die am Freitag begonnenen Verhandlungen
über die Löhne der Gemeindearbeiter fort-
gesetzt. Von Arbeitgeberseite wird eine
Lohnsenkung von 9 Prozent gefordert, die
mit der wachsenden Finanznok der Gemein-
den begründet wird. Die beteiligten Ge-
werkschaften lehnen die Forderung der Ar-
beitgeber mit Rücksicht auf die wiederholt
erfolgte Lohnsenkung der Gemeindearbeiter
ab. Ob eine Verständigung der beiden Par-
teien erzielt wird, ist zweifelhaft. An dem
Lohnstreik find über 300 000 Gemeindear-
beiter und in kommunalen Verkehrsbetrie-
ben Beschäftigte beteiligt.
SlMdk MiskllWsmM'lkll.
Rußland sperrt die Valutzahlungen für
Spezialisten.
Moskau (üb. Kowno), 26. Okt. Infolge
einer Vereinbarung zwischen den sowjetrus-
sischen zuständigen Stellen werden den aus-
ländischen» Spezialisten die Gehälter nicht
mehr in ausländischer Währung ausbezahlt,
andern in Tscherwonzen. Ausnahmen sol-
en vom Präsidium des obersten Volkswirt-
chaftsrates zugelassen werden.
kmdk SM in Berlin.
Die Besprechungen zwischen Brüning und Grandi
Eine amtliche Mitteilung.
Berlin, 26. Oktober. Amtlich wird mit-
gekeilt: Anläßlich der Anwesenheit des italieni-
schen Außenministers Gr-andi in Berlin haben
zwischen ihm und dem Reichskanzler eingehende
politische Besprechungen stakkgefunden. Änknüp-
fen-d an -den freimütigen Gedankenaustausch, den
der Reichskanzler bei seinem Besuch in Rom mit
dem Chef der intalienischen Regierung vorneh-
men konnte, wurden in diesen Besprechungen
alle -die großen politischen und wirtschaftlichen
Probleme internationaler Art einer Erörterung
unterzogen, deren Lösung von Tag zu Tag dring-
licher wird. Bei der Aussprache, die mit voll-
ster Offenheit und mit freundschaftlichster Ge-
sinnung geführt wurde, ergab sich geitgehendste
Aebereinstimmung in -der Beurkeiltun-g der Lage
und der Notwendigkeiten, die sich aus ihr erge-
ben. Insbesondere kam auf beiden Seiten die
Aeberzeugung zum Ausdruck, daß die wirksame
Bekämpfung einer Krise, wie sie heute die Welt
erschüttert, ohne eine planvolle Zusammenarbeit
der beteiligten Nationen nicht mehr möglich ist

und daß diese Zusammenarbeit, wenn fie zum Er-
folge führen soll, auf gegenseitigem Vertrauen
und gegenseitiger Achtung -begründet sein muß-
Das Reichsbanner überfällt National-
sozialisten und Stahlhelmer.
Bremerförde, 25. Okt. Am Samstag und
Sonntag fand hier ein Reichsbannertreffen
stakt, an dem schätzungsweise 3 500 Personen
teilnahmen. Es kam zu verschiedenen Zu-
sammenstößen mit Stahlhelmleuten und Na-
tionalsozialisten, bei denen eine Anzahl von
Personen verletzt wurde. Zn der Geschäfts-
stelle der Nationalsozialisten wurde eine
Fensterscheibe eingeschlagen. Da die Orts-
polizisten und die anwesenden Landjäger den
Ausschreitungen gegenüber machtlos waren,
wurde ein Ueberfallkommando aus Weser-
münde herbeigerufen, das die Ruhe wieder
herstellke.
Eine amüsante Anekdote
von Geßler.
Berlin. Gelegentlich eines Vortrages
über die Reichsreform erzählte Reichswehr-
minister a. D. Geßler eine amüsante Anek-
dote, die sich im Heilbronner Ratskeller er-
eignete. Geßler hatte vor einigen Jahren
eine Zusammenkunft mit dem würtkembergi-
schen Staatspräsidenten Hieber und dem ba-
dischen Staatspräsidenten Hummel im Rats-
keller, wobei man auch über den Zusammen-
schluß von Ländern sprach. Hierbei erklärte
der badische Staatspräsident: „Hier können
wir ruhig über den Zusammenschluß von
Württemberg und Baden sprechen, da wir
uns ja im Stammlokal des Götz von Ber-
lichingen befinden!".

Die katastrophalen Verhältnisse in der
oberbadischen Viehwirtschaft.
Singen a. H. Die Preisverhälknisse in
der oberbadischen Viehwirtschaft gestalten
sich immer trostloser. Z. B. bekommt der
Bauer für eine Kuhhaut den Wert eines
Paars starker Stiefel und während er für
Schuhsohlen 5 AM. bezahlen muß, erhält
er für ein ganzes Kalbfell nur 4.50 RM-
Ebenso katastrophal sind die Preise für
Schlachtvieh. Auf den letzten Viehmärkten
im Hegau wurden für den Zentner Lebend-
gewicht 30—32 AM. bezahlt. Diese rück-
läufige Preisentwicklung bedeutet für die
oberbadische Viehwirtschaft den Ruin. Wer
z. B. vor Jahresfrist ein Kalb zur Aufzucht
gekauft hat und dies das ganze Jahr über
gut fütterte, erzielt heute noch nicht einmal
den Preis, den er für ein ungemästetes
Kalb vor einem Jahr bezahlt hat. Die
Landwirte versuchen sich auch schon selbst zu
helfen, indem sie das Vieh selbst schlachten
und auspfunden. Doch sind leider auch hier
die Absatzmöglichkeiten außerordentlich ge-
ring. Diese Entwicklung hat die Lage der
an sich schon schwer bedrängten Landwirt-
schaft noch weiter verschärft.

Copyright by Hanseatische Verlagsanstalk.
Hamburg 36.


28. Fortsetzung.
Der Abend kam, ein leuchtender, fri-
scher Sommerabend. Vom Walde her
duftete das junge Grün der Birken, Ler-
chen stiegen zum Himmel hinauf und san-
gen ihre Lieder.
An den Bücherfeldern aber standen
verstörte Menschen. Wer versichert
hatte, und das hatten die meisten getan,
überrechnete, wie groß sein Schaden trotz-
dem noch sein werde. Wer die Ausgabe
gescheut oder sie nicht hatte wagen kön-
nen, wußte, daß er aus lange hinaus ge-
schlagen war.
Zu den am schwersten betroffenen ge-
hörten Pauline Berteles und Fritz En-
der, von denen die eine nicht versichert
hakte, weil ihr der Betrag zu hoch war,
der andere weil er klüger war als andere
Leute. Mit verbissenem Gesicht stand
der Enderbauer vor seinen verhagelten
Aeckern und grollte: „Wer Nit hochkom-
men soll, der kommt einmal nik hoch."
Kantor Ritter und Lehrer Siebert ka-
men daher. Zwischen ihnen ging die
Aohlöfnenn. Ritter sprach dem Ender
sein Bedauern aus. Er kam übel an.

„Nix glaube ich mehr," keifte der Ender.
„Hab dem Herrgott nix getan, habe ihn
in Ruhe gelassen. Warum muß er mir
das antun!" Der verbitterte Mann lief
davon, kam an das Feld der Berteles,
und die Alte lief ihm entgegen, Mitge-
fühl suchend. „Ender, was soll nun bloß
werden?"
„Mas werden soll?" Der Bauer sah
sie giftig an. „Nun wird das halt länger
dauern mit den fünftausend Talern."
Das hatte die Hohlöfnerin gehört und,
was sie sonst kaum getan, das tat sie nun.
Sie nahm Pauline Berteles in die Arme:
„Nit jammern. Solange wir satt wer-
den, sollt ihr auch nit Hunger leiden. Und
das sag ich," zum Ender gewandt, „die
Heimtücker sollen ihre Freude nit haben.
Komm, Mariele, morgen sieht das nit
mehr so schlimm aus."
Den dreien gesellte sich Lehrer Sie-
bert zu. Er ging mit dem Mariele hin-
ter den beiden Müttern drein. „Fräu-
lein," sagte er leise, „ich würde so gern
helfen. Meine Eltern sind tot, ich —
verfüge allein über das, was sie mir hin-
terliehen und . . ."
Freudig überrascht schlug das Mäd-
chen die Äugen zu ihm auf. Der junge
Mann war blaß vor Erregung und sah
sie mit einem so demütigen, bittenden
Blicke an, daß das Mariele verlegen
ward, ohne indessen zu ahnen, daß hinter
den guten Augen stille, tiefe Wünsche
lebten. Sie reichte dem Lehrer die Hand:
„Ich danke Ihnen. Bielleicht können wir
allein damit fertig werden. Schulden
sind fix gemacht und schwer bezahlt."
Lehrer Siebert lächelte. „Die Schul-
den hätten Sie nicht gedrückt. — Guten

Abend. Ich will noch einmal durch die
Bodenwiesen gehen. Es ist so schön jetzt
nach dem Regen."
Inzwischen hatte die Berkelessin in
aller Harmlosigkeit der Hohlöfnerin von
Rudolfs Unfall erzählt. Äls die drei
Frauen am Berteles Garten auseinan-
dergingen, hielt Minna Korn Marieles
Hand lange fest: „Nit den Kopf hängen
lassen, Mädel. Es ist noch lange nit al-
ler Tage Abend."
Wie Lehrer Siebert, so hatte auch
Rudolf Korn noch einmal den Weg nach
den Wiesen eingeschlagen. Er wollte
sehen, ob der Bach viel verschlämmt habe.
Und siehe da, die große Grenz-Erle war
weg. Der Blitz hatte sie getroffen und
ihre Trümmer weit über die Wiese hin-
geschleudert. Sinnend stand Rudolf an
dem Stumpfe. Wo war nun der Streit?
Der Blitz, den die Bertelessin ihrem
Hause vermeint, hatte sich die Erle aus-
gesucht. Kopfschüttelnd blickte der Bur-
sche über die Wiesen, auf denen die Blu-
men langsam die Häupter hoben, ging
zurück, traf Lehrer Sieber! und schlen-
derte mit ihm auf dem Bodenwege heim-
wärts.
Die Eltern waren bereits zur Ruhe
gegangen. Er klopfte an die Kammertür
und berichtete, daß der Blitz die Erle zer-
rissen und die Fetzen zum Teil auf ihre,
zum Teil auf des Enders Wiese gewor-
fen habe.
Das kam der Hohlöfnerin wie geru-
fen. Sie hatte ihrem Krauskopf eben
berichtet, daß das Mariele den Rudolf
gerettet. „Siehst du," fuhr sie triumphie-
rend fort, „es ist nix von ungefähr. Wa-
rum muß dich die Biene in die Lippe

stechen, daß du jetzt nit reden kannst?
Hättest du gestern Abend das Maul ge-
halten. Womit einer sündigt, damit wird
er gestraft." Sie redete allerhand und
kam immer wieder zu dem Schluffe:
„Das sage ich dir: Ich lasse so wenig vom
Mariele wie der Rudolf."
Der Hohlöfner aber grollte: „Und ich
geb nit nach!" Er schlief wenig, ging mit
sich ins Gericht, schalt sich. Doch: „Nach-
geben tu ich nit und kann ich nit, und
wenn mir der Junge den Stuhl vor die
Tür setzt. Aber das wäre das erste Mal,
daß der Hohlöfner einer Sache nit ge-
wachsen wäre. Und das Mädel muß mir
auf den Hof!"
IV.
Die Tage haspelten ihre Stunden ab,
jeder seine vierundzwanzig, und deren
fünfzehn oder sechzehn hatte ihr gerüttelt
Maß Arbeit. Rudolf Korn ging stiller
durch das Haus als sonst, aber er ging
dem Baker nicht aus dem Wege, bot ihm
die Zeit, fragte dies und jenes. Die Ant-
worten waren kurz und brummend. Auch
die Bäuerin hakte ihre Not. Den ruhigen
Darlegungen wich der Mann jetzt um so
mehr aus, je mehr ihm sein Gewissen al-
lein die Schuld gab.
Der und jener der Nachbarn, mit de-
nen er am Sonnabend im Wirtshause ge-
sessen, traf ihn, brachte die Rede auf das
Hagelwetter, deutete an, daß der Ender
beinahe verdiene, was ihm widerfahren,
daß dafür aber die Bertelesfrauen um
so mehr zu bedauern seien. Er sei vorhin
dem Mariele begegnet. Die sehe ja ge-
radezu zum Erbarmen aus.
(Fortsetzung folgt.)
 
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